Staatschefs in Sorge: Sarkozy drängte auf Gipfel. Faymann wird dabei sein.
Die 27 EU-Regierungschefs müssen (wieder einmal) Krisenfeuerwehr spielen. Auf Druck von Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy – in Absprache mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel – findet am Freitag ein EU-Sonder-Regierungschef-Gipfel in Brüssel statt. Eine Pleite Griechenlands und ein Überschwappen der Krise auf Spanien und Italien sollen offensichtlich verhindert werden.
Die zunehmende Nervosität an den Finanzmärkten und die Angriffe der Spekulanten bereiten vor allem Sarkozy Sorgen, so französische Diplomaten. Offiziell schweigen die EU-Kanzler noch über ihr Treffen. Ein Regierungsinsider bestätigt aber, dass es "darum geht, eine gefährliche Kettenreaktion zu vermeiden".
EZB-Chef Trichet soll seine Finanzer jedenfalls bereits angewiesen haben, einen "Plan B" für den Euro zu erarbeiten. SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann, der an dem Krisengipfel teilnehmen wird, dürfte sich in Brüssel für bessere und härtere Kontrollmechanismen einsetzen. Von Italien wird eisernes Sparen eingemahnt.
Zudem soll eine EU-Ratingagentur installiert werden, damit EU-Länder nicht von US-Ratingagenturen abgewertet werden können – und Spekulanten in weiterer Folge gegen ganze Staaten "spekulieren", heißt es seitens der SPÖ.
Am Freitag wird es freilich auch um Psychologie gehen: Die EU-Spitzen wollen und müssen die Märkte beruhigen …
Euro-Schirm: Haften wir bald für 22 Milliarden?
Offiziell wird der Plan noch dementiert. Dennoch scheint es aber Überlegungen zu geben, den Euro-Rettungsschirm auf 1,5 Billionen Euro zu verdoppeln. Was würde das für Österreich bedeuten?
22 Milliarden Euro: Derzeit haftet die Republik mit elf Milliarden Euro für den Rettungsschirm. Sollte er verdoppelt werden, betrüge unsere Haftung künftig 22 Milliarden Euro. Bei diesem Geld handelt es sich freilich "nur" um Garantien.
2,3 Mrd. an Griechenland: Österreich hat sich zu 2,3 Milliarden Euro Krediten für Griechenland bekannt. Insgesamt hatte die EU Griechenland 110 Milliarden Kredite garantiert. Der Kreditrahmen für Griechenland wird wohl weiter ausgeweitet. Österreich müsste dann wohl bis zu einer Milliarde Euro mehr an Griechenland überweisen. Allerdings wird das Geld mit Zinsen verliehen.
Hannes Androsch: "Dilettantisches Herumgetue"
ÖSTERREICH: Wie ernst schätzen Sie die Italien-Krise ein?
Hannes Androsch: Es hängt jetzt alles von der Reaktion der EU ab. Was wir brauchen, ist professionelles Krisenmanagement statt dilettantischen Herumgetues. Hätte Europa früher reagiert, gäbe es keine Italien-Krise. Im Übrigen hat sich Italien zu lange das "Vergnügen" namens Berlusconi geleistet.
ÖSTERREICH: Wie sieht ein erfolgreiches Exit-Szenario aus?
Androsch: Jedes Land muss seine eigenen Finanzen in Ordnung bringen. Darüber hinaus brauchen wir ein Mindestmaß an gemeinsamer europäischer Finanz- und Wirtschaftspolitik. Und die Banken müssen wieder dazu gebracht werden, sich auf ihre eigentliche Kernaufgabe – die Unterstützung der Realwirtschaft – zu konzentrieren.
Stephan Schulmeister: "Keine Gefahr für Anleger"
ÖSTERREICH: Gibt es aufgrund der Italien-Krise Anlass zur Sorge?
Stephan Schulmeister: Akut ist keine große Gefahr gegeben. Bedenklicher ist, wie beim Fall Griechenland, das Prozesshafte: Die Zinsen steigen in dermaßen lichte Höhen, dass die Verbindlichkeiten nicht mehr bezahlt werden können.
ÖSTERREICH: Wie könnte man das besser lösen?
Schulmeister: Etwa dadurch, dass der Rettungsschirm ausgebaut wird zu einem europäischen Währungsfonds. Wenn dieser dann gemeinsam Anleihen begibt, könnte das Zinsniveau bei rund drei Prozent liegen.
ÖSTERREICH: Müssen sich Anleger jetzt Sorgen machen?
Schulmeister: Für die normalen Anleger sehe ich derzeit gar keinen Handlungsbedarf.