Dimon bleibt auch nach Hauptversammlung CEO und Verwaltungsratschef.
Nach dem milliardenschweren Spekulationsdesaster bei JP Morgan ist Bankchef Jamie Dimon bei der Hauptversammlung mit einem blauen Auge davongekommen. Die Aktionäre stimmten am Dienstag dafür, dass Dimon weiterhin Vorstands- und Verwaltungsratschef in Personalunion bei dem größten US-Finanzinstitut bleiben darf. Der Anteil der Gegenstimmen war mit 40 Prozent allerdings nicht unerheblich. Im Vorfeld waren Rufe nach einer Trennung der beiden Spitzenämter immer lauter geworden. Für das Aktionärstreffen lag auch ein Antrag vor, diese Posten zu trennen. Vor allem der größte US-Pensionsfonds CalPERS machte sich dafür stark. Der Vorfall rief inzwischen auch die Aufsichtsbehörden auf den Plan.
CEO zeigt sich demütig
Der nach dem mindestens 2 Mrd. Dollar (1,56 Mrd. Euro) schweren Handelsverlust unter Druck geratene Dimon übte sich bei seinem Auftritt seines Geldhauses in Demut. "Wir müssen viele Lektionen daraus lernen und viele Veränderungen umsetzen", erklärte er vor hunderten Anteilseignern. Das Desaster habe die Bank selbst verschuldet, sagte er hastig und verschluckte dabei einige Wörter. Die Ausschüttungen an die Aktionäre sollten nicht deswegen eingeschränkt werden. "Ich hoffe sehr dass nicht", sagte Dimon auf die Frage eines Aktionärs, ob die Einbußen Auswirkungen auf die Dividende haben werden. Die Versammlung verlief insgesamt weniger turbulent als im Vorfeld erwartet. Die Aktie legte rund drei Prozent zu. In den vergangen Tagen hatte sie kräftig verloren und die Bank so fast 19 Mrd. Dollar an Börsenwert eingebüßt.
New Yorks Rechnungsprüfer John Liu, der die 400 Mio. Dollar schwere Beteiligung der Stadt an JP Morgan managt, forderte wie andere Aktionäre auch, dass die für den Verlust verantwortlichen Banker eine Entschädigung an das Kreditinstitut zahlen sollten. JP Morgan hatte den Verlust Ende vergangener Woche bekanntgegeben und damit die Aufsichtsbehörden auf den Plan gerufen. Am Montag nahm die Chefin des für das Geschäft zuständigen Investmentbankings, Ina Drew, ihren Hut.
Die Ereignisse werden wohl auch die laufende Gesetzgebung für eine strengere Regulierung beeinflussen. "Ich denke, dass dieses Versagen des Risikomanagements ein starker Fall für Finanzreformen ist", sagte US-Finanzminister Timothy Geithner. Ebenfalls noch am Dienstag sollten Vertreter der wichtigsten US-Regulierer zusammenkommen, um über finale Formulierungen bei der sogenannten Volcker-Regel zu beraten, wie es aus Behördenkreisen hieß. Bei dem schon vor längerem angesetzten Termin soll es auch um mögliche Konsequenzen aus dem Handelsskandal gehen.
Nach dem Desaster leitete die US-Notenbank Fed als oberste Aufseherin Untersuchungen ein. Sie will nach eigenen Angaben prüfen, ob die größte US-Bank noch vergleichbare Risiken an anderer Stelle eingegangen ist und ob es Folgen für das Risikomanagement der Bank geben muss. Auch die untergeordnete Regulierungsbehörde OCC ist nach Bekanntwerden des Handelsverlustes aktiv geworden. Zudem hat die Bundespolizei FBI Kreisen zufolge Untersuchungen aufgenommen. Medienberichten zufolge soll auch die US-Börsenaufsicht SEC ermitteln. Gleichwohl gehen die Regulierer davon aus, dass JP Morgan den bisher bekannten Verlust verkraften kann. Den Schaden halten auch Analysten für handhabbar. Wichtig sei, dass es sich "nur" um einen Handelsfehler handle und nicht um ein systemisches Problem, sagte Marty Mosby von Guggenheim Securities.
Ab dem 21. Juli dürfen US-Banken und Institute mit US-Töchtern nicht mehr mit eigenem Geld zocken. Die nach dem ehemaligen US-Notenbankchef Paul Volcker benannte Regel soll verhindern, dass die Geldhäuser wie vor der Finanzkrise 2008 massiv Risiken anhäufen und wieder mit Steuergeldern gerettet werden müssen. Präsident Barack Obama erklärte, der Skandal belege die Notwendigkeit der Wall-Street-Reformen. Eine Anwaltskanzlei erklärte, sie habe bei einem Gericht in Manhattan eine Klage gegen JP Morgan und mehrere Vertreter der Bank wegen des Handelsverlustes und den Auswirkungen auf den Aktienkurs eingereicht.