Hohe Nervosität an den Börsen - Sparkurs in Europa an der Kippe.
Der Wahlausgang in Frankreich und Griechenland schürt die Angst vor einer Rückkehr der Eurokrise. Der neue französische Präsident François Hollande stellt den mühsam beschlossenen EU-Fiskalpakt und damit den klaren Sparkurs infrage. Das treibt einen Keil in die Achse Paris–Berlin. Und dass in Griechenland eine Regierung zustande kommt, die sich zu den harten Sparauflagen der EU bekennt, gilt als ausgeschlossen. Damit wackelt das gesamte Rettungs-Szenario für die Eurozone. Dementsprechend nervös reagierten am Montag die Finanzmärkte.
Das Rettungs-Programm für die Eurozone wackelt
Der Kurs des Euro gegenüber dem Dollar sackte in der Früh auf den tiefsten Stand seit drei Monaten – unter die Marke von 1,30 Dollar. Auch die asiatischen Börsen – die ersten, wo gestern gehandelt wurde – schlossen mit starken Verlusten. In Europa eröffneten die Märkte ebenfalls tiefrot (der Frankfurter Index Dax rasselte 2,3 % runter auf ein Dreieinhalb-Monats-Tief). Im Tagesverlauf erholten sich die Börsen und der Euro wieder. Aber eine Reihe von Fragen drängt sich auf:
- Zerbricht Eurozone jetzt? Das Risiko, dass Griechenland aus dem Euro austreten muss, steigt. Das wäre der Anfang vom Ende, sagen Experten. Die großen Schuldenstaaten Italien und Spanien könnten mitgerissen werden, der stets befürchtete Dominoeffekt wäre da.
- Scheitern EU-Sparziele? Frankreichs Hollande hat schon im Wahlkampf angekündigt, den EU-Fiskalpakt und damit die strikte Haushaltsdisziplin aufschnüren zu wollen. Er will einen Fokus auf Investitionen im Wachstum. Deutschlands Kanzlerin Merkel ließ bereits wissen, der Fiskalpakt stünde nicht zur Disposition. Zwietracht zwischen den EU-Schwergewichten Berlin und Paris droht.
- Oder wird die EU gestärkt? Möglich ist aber auch, dass sich Merkel und Hollande schnell zusammenraufen, das EU-Sparprogramm um ein Wachstumspaket erweitern. Das würde auch Griechenland helfen.
ÖSTERREICH fragte Prominente, was die Wahlen für Auswirkungen auf die EU haben werden
Niki Lauda, Airline-Gründer
„Es ist das Dämlichste überhaupt, dass man sich jetzt von den Wahlen überrascht zeigt. Das Volk bestimmt nun mal die Politik. In der EU arbeiten hoffentlich Experten, die die wirtschaftliche Lage stabilisieren können. Sie werden sich mit den neuen Regierungen abfinden müssen.“
Hannes Androsch, Ex-SPÖ-Minister
„Die Europäische Union hat in Griechenland viel zu lange zugeschaut, und jetzt will man sie dazu zwingen, eine Vollbremsung hinzulegen. Das kann nicht funktionieren. Ich sehe keine direkte Gefahr für den Euro-Raum, aber der Druck steigt durch die Wahlen sicher an.“
Erhard Busek, Ex-ÖVP-Vizekanzler
„Diese Kurssprünge sind eine hysterische Reaktion, die Politik sollte nicht so auf die Aktienkurse schauen. Die Frankreichwahl sorgt jetzt auf jeden Fall für eine deutlichere „linke“ Stimme in der europäischen Diskussion um den Fiskalpakt, das sehe ich als ausgleichend und gut an.“
Bernhard Felderer, IHS-Chef
„Die Märkte sind nach den Wahlen sehr nervös. Das hat aber nicht nur mit den unklaren Verhältnissen in Griechenland zu tun. Auch mit dem neuen Kurs, den Hollande fahren will. Griechenland wird dem Sparpaket der EU weiter folgen müssen, ohne deren Gelder geht es bankrott.“