Die Staatsanwaltschaft sieht weiterhin Fluchtgefahr.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Kärntner Hypo Alpe Adria Bank, Wolfgang Kulterer, ist in der Nacht auf Sonntag in die Justizanstalt Klagenfurt eingeliefert worden. Eine Entscheidung, ob Kulterer in Untersuchungshaft genommen wird, ist noch nicht gefallen. "Darüber wird vermutlich erst am späten Abend entschieden werden", sagte Helmut Jamnig, Sprecher der Staatsanwaltschaft Klagenfurt. Über die Verhängung der U-Haft muss bis Montag um Mitternacht entschieden werden.
Die Anklagebehörde hat die U-Haft beantragt, laut Jamnig ist bei den Hausdurchsuchen am Freitag gezielt nach bestimmten Dokumenten gesucht worden, dabei sei man auch fündig geworden. Der Staatsanwalt widersprach damit den Aussagen von Kulterers Verteidiger Ferdinand Lanker, der gemeint hatte, es seien lediglich Kopien alter Akten zur Causa Swap-Verluste beschlagnahmt worden. Für Jamnig sind die sichergestellten Unterlagen von Relevanz für das Ermittlungsverfahren, die Staatsanwalt rechnet mit U-Haft für den Banker.
Freitag früh verhaftet
Kulterer ist am Freitag in der Früh von der Soko Hypo in der Tiefgarage des Klagenfurter Hauses festgenommen worden, in dem er seine Wohnung hat. Diese soll übrigens zum Verkauf stehen, Kulterer seinen Wohnsitz bereits abgemeldet haben. Das dürfte für die Anklagebehörde auch mit ein Grund für die Festnahme und die Beantragung der U-Haft gewesen sein. Sie sieht Flucht- und Verdunkelungs- sowie Tatbegehungsgefahr. Dem 56-Jährigen wird Untreue zum Nachteil der Hypo Alpe Adria Bank vorgeworfen, der Strafrahmen bei einer Verurteilung beträgt ein bis zehn Jahre Haft. Kulterer selbst hat sämtliche Vorwürfe stets zurückgewiesen und seinerseits den späteren Eigentümer der Hypo, die Bayerische Landesbank, für das Desaster verantwortlich gemacht. Zuletzt hatte er diese These im Mai bei seiner Einvernahme vor dem Hypo-U-Ausschuss des Kärntner Landtages vertreten.
Wie groß das Desaster bei der im Dezember 2009 notverstaatlichten Bank tatsächlich ist, zeigen die aktuellen Zahlen. Die Bilanz 2009 wies einen Verlust von mehr als 1,5 Mrd. Euro aus. Der im April geholte neue Vorstandschef Gottwald Kranebitter meinte in einem Interview mit der "Kronenzeitung" (Sonntag-Ausgabe), im heurigen Jahr würden weitere Rückstellungen in der Höhe von rund einer Mrd. Euro nötig. Wie hoch der Verlust ausfallen wird, sagte Kranebitter nicht, sicher ist aber, dass das sechstgrößte Geldinstitut Österreichs weiter tiefrote Zahlen schreiben wird.
Erfreulich
Im Finanzministerium zeigt man sich erfreut über die Festnahme Kulterers. Damit würden die Chancen steigen, Schadenersatz einfordern zu können, sagte ein Sprecher von Finanzminister Josef Pröll (V). Ähnlich reagierten Kranebitter und Hypo-Aufsichtsratschef Johannes Ditz. Kroatiens Ministerpräsidentin Jadranka Kosor begrüßte in einer Stellungnahme das "Öffnen der Eiterbeule" und hofft auf rasche Aufklärung.
Bei der Soko Hypo will man indes weitere Festnahmen nicht auschließen. Immerhin ermittle man gegen aktuell rund 40 Beschuldigte, sagte Soko-Chef Bernhard Gaber. Am Freitag hatte es Hausdurchsuchungen an zehn Standorten in Kärnten und Wien gegeben, eine ehemalige Mitarbeiterin Kulterers, die bei der Hypo zeichnungsberechtigt gewesen sein soll, wurde ebenfalls festgenommen, aber noch am Freitagabend wieder auf freien Fuß gesetzt.