Kurs auf Talfahrt
Der Euro taumelt in neues Tief
09.01.2012
Europäische Krisen-Feuerwehr Merkel und Sarkozy treten wieder in Aktion.
Für Frankreichs und Deutschlands Staatschefs war es am Montag wie bei ihrem letzten Treffen: Griechenland vor der Pleite, der Euro auf Talfahrt, Europa im Sog der Schuldenkrise. Nach neuen Zweifeln an der Möglichkeit einer Rettung Griechenlands geriet der Euro zu Beginn der Woche extrem unter Druck. Zeitweise fiel er sogar unter die Marke von 1,27 Dollar, damit auf den tiefsten Stand seit September 2010. Gegen Abend stabilisierte sich der Kurs dann klar über 1,27 Dollar. Aber: Ins neue Jahr war der Euro noch bei über 1,30 Dollar gestartet.
Sarkozy: „Lage in der Euro-Zone ist sehr angespannt“
Dazu kam am Montag die nächste Hiobsbotschaft: Der finanziell angeschlagene EU-Mitgliedsstaat Ungarn „verrechnete“ sich beim Haushaltsdefizit 2011 – es fällt rund 10 % höher aus als zuletzt geplant.
Nun müssen Frankreich und Deutschland wieder Krisenfeuerwehr spielen. „Die Lage ist sehr angespannt“, sagte Sarkozy gestern in Berlin. Die Eurozone müsse rasch stabilisiert werden. „Es gibt keine Zukunft in Europa, wenn sich Deutschland und Frankreich nicht einig sind“, betonten Merkel und Sarkozy unisono. Was jetzt passieren soll, um den Euro aus dem Tief zu holen:
- Der Fiskal-Pakt, der Euroländer und EU-Staaten zu Schuldenbremsen verpflichtet, soll bis Ende Jänner verabschiedet werden und im März „unter Dach und Fach“ sein .
- Mit vereinten Kräften angehen wollen Frankreich und Deutschland jetzt auch die Finanztransaktionssteuer. Merkel kündigte an, dass angesichts von Widerständen die Abgabe nur in den 17 Euroländern kommen könnte. Bis März sollten die Finanzminister einen Vorschlag machen.
Am Dienstag trifft Merkel IWF-Chefin Christine Lagarde (wohl vor allem zum Thema Ungarn), Mittwoch kommt Italiens Regierungschef Monti nach Berlin.
Fliegen Griechen doch aus Euro?
Ob die Pleite-Griechen den Euro tatsächlich behalten können, wird immer fraglicher. Denn es zeichnet sich ab, dass alle bisherigen Sanierungspläne für das hoch verschuldete Land nicht ausreichen.
Der Chef der tschechischen Notenbank, Miroslav Singer, fordert jetzt, Athen solle die Eurozone verlassen, für den Fall, dass die Griechen keine weiteren EU-Finanzhilfen bekommen. „Wenn der Wille nicht da ist, Griechenland eine riesige Summe Geld aus europäischen Strukturfonds zu geben, sehe ich keine andere Lösung, als dass es aus der Eurozone austritt und die neue griechische Währung stark abgewertet wird“, so Singer in der tschechischen Zeitung Hospodarske Noviny.
Mehr Tempo bei Reform
Die deutsche Kanzlerin Merkel betonte zwar erneut, dass Griechenland beim Euro bleiben solle. Aber auch sie richtete warnende Worte an Athen. „Aus unserer Sicht muss das zweite Griechenland-Programm inklusive der Umschuldung jetzt schnell realisiert werden, denn ansonsten wird es nicht möglich sein, die nächste Tranche an Griechenland auszuzahlen“, so Merkel. Auch Deutschlands Finanzminister Schäuble macht Druck. Die Regierung in Athen arbeite zwar am Reformprogramm, sagte er im SWR. „Aber das könnte auch schneller gehen.“
Ungarn: Beim Defizit um 10 % ,verrechnet‘
Ungarn gerät immer näher an den Rand einer Pleite. Staatsanleihen aus Budapest haben nur mehr Ramsch-Niveau – und jetzt musste die Regierung unter Viktor Orbán auch noch einräumen, sich beim Haushaltsdefizit „verrechnet“ zu haben. Das Loch im Budget 2011 liegt bei 1,73 Billionen Forint (rund 5,5 Milliarden Euro).
Im Laufe der letzten Monate war der Fehlbetrag sukzessive höher geworden. Anfangs wurde er auf 687 Mrd. Forint geschätzt, bis Dezember erhöhte sich das Defizit auf 1,5 Billionen. Und schließlich wurden es jetzt noch einmal 10 % mehr – eben 1,73 Billionen Forint.
Ungarn braucht Milliarden
Die nächsten Wochen werden entscheidend für Budapest. Bekommen die Ungarn keine Milliardenhilfe vom IWF, droht die Pleite. Verhandlungen sollen Mittwoch aufgenommen werden – Bedingung ist ein Einlenken Orbáns hinsichtlich seiner extremen Politik.
Am Kapitalmarkt kann sich Ungarn derzeit nur noch zu Horror-Zinsen von fast 10 % frisches Geld besorgen.