Urteil könnte als Grundlage für viele Verfahren gegen Bank dienen.
In der Causa um die ehemalige Meinl European Land (MEL) ist ein richtungsweisendes Urteil des Obersten Gerichtshofs (OGH) ergangen. Die Höchstrichter befassten sich mit der Frage, ob die Meinl Bank mit ihrer MEL-Werbebroschüre bei einem Anleger einen Irrtum über das Risiko des Papiers verursacht haben - und gaben ihm Recht. Damit bestätigte der OGH die Entscheidungen der Unterinstanzen, teilte der Anwalt des Anlegers, Michael Poduschka, mit. Die Meinl Bank bezeichnete den Entscheid als "sehr widersprüchlich".
Auf Werbeprospekt verlassen
Der Kläger hat zwischen Jänner und Oktober 2006 über einen Finanzberater in drei Tranchen insgesamt 1.232 Stück MEL-Zertifikate um rund 20.000 Euro erworben. Dass er in seinem Anlegerprofil seine Risikobereitschaft als "hoch" bzw. "extrem hoch" einstufte und ein Formular unterschrieben hat, auf dem auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hingewiesen wurde, tat laut OGH nichts zur Sache, habe sich der Mann doch auf die Aussagen im Werbeprospekt verlassen.
Wesentlich ist aus Poduschkas Sicht, dass der OGH von einem Geschäfts- und nicht von einem Motivirrtum ausgegangen sei. "Der Anleger hat sich darüber getäuscht, was er kauft und nicht, warum er es kauft", so der Anwalt zur APA. Er wurde also über die Eigenschaft des Produkts - konkret: den Risikogehalt - in die Irre geführt. Warum die Meinl Bank den Irrtum veranlasst hat, spiele für den OGH keine Rolle.
Falscher Eindruck
"Die Verkaufsbroschüre rief bei ihm (dem Anleger, Anm.) den Eindruck hervor, dass im Gegensatz zu den sonstigen Gefahren des Aktienmarkts bei dieser beworbenen Anlage die Sicherheit eines Immobilieninvestments maßgebend wäre. Er irrte hiebei über eine wesentliche wertbildende Eigenschaft; er unterlag somit einem Geschäftsirrtum", konstatiert Senatspräsidentin Brigitte Schenk in dem Urteil.
Ein mögliches Mitverschulden des Anlegers ist laut Poduschka als irrelevant abgetan worden. "Im Gegensatz zum Schadenersatz gibt es beim Irrtum kein Mitverschulden", erläuterte der oberösterreichische Rechtsvertreter, der etwa 900 mutmaßliche MEL-Geschädigte vertritt.
Richtungsweisendes Urteil
Er bezeichnete das Urteil als "richtungsweisend für einen sehr großen Teil der Anlegerverfahren gegen die Meinl Bank". "Endlich" sei festgestellt worden, "dass die Meinl Bank einen Fehler gemacht hat".
Diese ist naturgemäß nicht glücklich über den Entscheid: "Im Prinzip bedeutet das, dass Unterschriften von mündigen Personen auf Dokumenten offenbar nicht gelten", so Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl in einer Aussendung. "Bedauerlicherweise" sei dies eine Entscheidung, die das Prinzip "Aktienkauf auf Probe", also Gewinnmitnahme bei steigenden und Klagen bei fallenden Kursen, fördere. Dass das Gericht dem Hinweis auf den Kapitalmarktprospekt überhaupt keine Bedeutung beimesse, sei "kein gutes Signal für den heimischen Kapitalmarkt", so das Geldhaus erneut.