Neue Linie

Merkel: Euro-Austritt der Griechen möglich

04.01.2015

Ein Austritt des Krisenlandes wäre für Berlin verkraftbar.

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Die deutsche Regierung ist laut "Spiegel" bereit, Griechenland entgegen der bisherigen Linie notfalls auch aus der Eurozone ausscheiden zu lassen. Ein Austritt des schuldengeplagten Staates sei aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble mittlerweile verkraftbar, hieß es in einer Vorabmeldung des Magazins unter Berufung auf Regierungskreise.

Nahezu unausweichlich
Sollte die reformkritische Syriza-Partei nach den Parlamentswahlen am 25. Jänner die Regierung übernehmen, den Sparkurs aufgeben und die Schulden des Landes nicht mehr bedienen, wäre ein solcher Schritt nach Auffassung der Regierung in Berlin sogar nahezu unausweichlich, hieß es weiter. Die linke Syriza dürfte Umfragen zufolge als stärkste Kraft aus der Abstimmung hervorgehen. Sie liegt demnach rund drei Prozentpunkte vor den regierenden Konservativen von Ministerpräsident Antonis Samaras bei insgesamt 30,4 Prozent.

Grund für den Kursschwenk der deutschen Regierung seien die Fortschritte in der Eurozone seit dem Höhepunkt der Schuldenkrise 2012, berichtete der "Spiegel" weiter. Die Ansteckungsgefahr für andere Länder sei mittlerweile begrenzt, Portugal und Irland saniert. Zudem stehe ein schlagkräftiger Rettungsmechanismus zur Verfügung. Eine offizielle Reaktion auf den Bericht war zunächst nicht zu erhalten.

Der deutsche Ökonom Peter Bofinger warnte indes in der "Welt am Sonntag" vor einem Ausscheiden Griechenlands, da dies mit sehr hohen Risiken für die Stabilität des Euroraums verbunden wäre. "Auch wenn die Situation Griechenlands nicht mit der anderer Mitgliedsstaaten vergleichbar ist, würde damit ein Geist aus der Flasche gelassen, der nur schwer beherrschbar wäre", sagte der Wirtschaftsweise.

Angst vvor Syriza
Syriza hat bereits angekündigt, im Falle eines Wahlsiegs die Vereinbarungen mit den internationalen Geldgebern ändern und den Sparkurs des Euro-Krisenlandes lockern zu wollen. Zudem hat die Partei einen weiteren Schuldenschnitt ins Gespräch gebracht. Parteichef Alexis Tsipras schlägt nach einer harte Linie in den vergangenen Monaten aber inzwischen einen gemäßigteren Ton an und hat unter anderem erklärt, Griechenland werde die Eurozone nicht verlassen.

Der deutsche SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann warnte Griechenland in einem Interview der "Welt am Sonntag" vor einer Abkehr vom Konsolidierungskurs. "Es gibt keine Leistung ohne Gegenleistung", sagte er. Jede Regierung in Athen müsse Sicherheit für Investoren gewähren und Korruption und Freunderlwirtschaft bekämpfen.

Seit 2010 über Wasser gehalten

Griechenland wird seit 2010 mit zwei Rettungsprogrammen in Höhe von 240 Mrd. Euro von EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) über Wasser gehalten.

Tsipras sagte am Samstag, er hoffe, dass EZB-Chef Mario Draghi mit geplanten Wertpapierkäufen Milliarden in Umlauf bringe, um die stotternde Wirtschaft in der Eurozone anzuschieben. Dabei könne Griechenland nicht ausgeschlossen werden. Die EZB müsse auch Staatsanleihen seines Landes kaufen, fügte er hinzu.

Die EZB bereitet seit längerem weitere unkonventionelle Maßnahmen vor, um gegen die Wirtschaftsflaute und die aus Sicht der Notenbank viel zu niedrige Inflation anzukämpfen. Dazu könnten auch Staatsanleihenkäufe gehören, wogegen es jedoch in Deutschland Widerstand gibt. Wenige Tage vor den Wahlen in Griechenland entscheidet die EZB das nächste Mal über ihren geldpolitischen Kurs.
 

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