BAWAG-Prozess II
Mitarbeiter: Elsners Führungsstil autoritär
22.05.2012
Zeugen konnten sich nach mehr als 10 Jahren nicht an alle Details erinnern.
Am siebenten Prozesstag des zweiten BAWAG-Prozesses hat Richter Christian Böhm mit der Befragung von Bank-Mitarbeitern als Zeugen begonnen, die die Verluste aus den sogenannten Karibik-II-Geschäften ab 1998 mitbekommen haben. Sie berichteten am Dienstag von einem autoritären Führungsstil des wieder angeklagten Ex-Bankchefs Helmut Elsner. Allerdings konnten sich die Zeugen an Details oft nicht mehr erinnern, da die Vorgänge schon über ein Jahrzehnt her sind und sie auch nur ausschnittsweise Einblicke in die Vorgänge hatten.
Der stellvertretende Leiter der Rechtsabteilung, Gerhard Fürlinger, sagte aus, dass die Rechtsabteilung der Bank mit den sogenannten Karibik-Geschäften des auf der Anklagebank sitzenden Spekulanten Wolfgang Flöttl zwischen 1995 und 2002 nicht beschäftigt war, er hätte sich aber eine Involvierung der Abteilung erwartet. Es wäre durchaus gewöhnlich gewesen, wenn etwa Elsner sich an die Leiterin der Rechtsabteilung gewandt hätte. Zwar hatte die Rechtsabteilung mit damals rund 50 Mitarbeitern, davon etwa 8 Juristen, keine Fachkompetenz für ausländisches Recht, aber man hätte Kontakt zu Anwälten gehabt.
Unüblicher Vorgang
Es wäre unüblich gewesen, dass Verträge durch Anwälte der gegnerischen Partei geprüft würden, schilderte Fürlinger weiter. Die BAWAG hätte in der Regel eigene Anwälte beauftragt. Mit der Bewertung der Bilder, die der Spekulant und Angeklagte Wolfgang Flöttl der Bank als Sicherheit für die Verluste aus den Karibik-Geschäften der Bank übertragen hatte, hatte Fürlinger nichts zu tun. Um die Jahrtausendwende wurde der damalige BAWAG-Anwalt Florian Gehmacher und dessen Kanzlei von der Bank sehr oft beauftragt, er vertrat die Bank etwa bei Großinsolvenzen wie Atomic.
Das sogenannte Kreditsicherheitenhandbuch war Fürlinger zufolge eine bankinterne Richtlinie für die Abdeckungen von Krediten durch Sicherheiten. Für Gemälde und ähnliche Kunstgegenstände betrugen sie bis 1998 zwischen 20 und 50 Prozent, danach wurden 30 Prozent festgelegt, sagte Fürlinger aus. Wer die Richtlinien erlassen hatte, konnte Fürlinger aber nicht beantworten.
Strengstes Stillschweigen
Eine ehemalige Mitarbeiterin in der Bilanzabteilung der Bank sagte aus, dass sie von den Verlusten aus den Flöttl-Geschäften 1998 erfahren habe. "Ich hätte nie im Leben damit gerechnet, dass es (das Geld Anm.) weg sein könnte", sagte die mittlerweile pensionierte Zeugin. Elsner habe strengstes Stillschweigen darüber verordnet. Dass das Flöttl erneut zur Verfügung gestellte Geld im Ausmaß von 250 Mio. Dollar ein Jahr später wieder weg war, war "verblüffend". "Ich hätte gedacht, dass ich mit fremden Geld, wenn ich es schon einmal verloren habe, besonders sorgfältig umgehe", sagte die Zeugin. Ihr Vertrauen in Flöttl war bereits nach den ersten Verlusten gestört. Der Wert des Flöttl-Vermögens wurde auf 800 Mio. bis 1 Mrd. Dollar geschätzt - diese Zahlen geisterten in der Bank herum, sagte sie aus.
Die damalige Leiterin der Beteiligungsabteilung der Bank sagte aus, dass sie im Jahr 2001 von den Flöttl-Verlusten erfahren habe. Damals seien ihr Chef, BAWAG-Vize Johann Zwettler, und Generaldirektor Elsner zu ihr gekommen: Elsner habe sie beauftragt, nach stillen Reserven zu suchen. Als Elsner weg war, habe Zwettler zu ihr gemeint, dass sie das lassen solle. Er könne auch nichts dafür, dass das Geld weg sei. Die Führungsstruktur in der Bank war streng hierarchisch, es gab ein "klares Unterordnungsverhältnis", beschrieb sie damalige Atmosphäre in der Bank.
Verluste ausgelagert
Die Liechtenstein-Stiftungen tauchten bei ihr erstmals 1998 auf, sagte sie heute aus. Die BAWAG hatte damals die Flöttl-Verluste über diese Stiftungen ausgelagert. Eigene Ideen brachte die Beteiligungsleiterin in die Aufarbeitung der Verluste nicht ein: "Die haben mich nicht gefragt, als sie es verbockt haben. Wieso sollte ich große Ideen haben, ihnen da wieder rauszuhelfen?" fragte sie.
Richter Christian Böhm bekam von den Zeugen immer wieder zu hören, dass sie sich an die Vorgänge, die über ein Jahrzehnt zurückliegen, nicht mehr im Details erinnern konnten. Dann wurde ihnen mit dem Vorlesen ihrer Aussagen aus dem ersten BAWAG-Prozess wieder auf die Sprünge geholfen.