Beim EU-Gipfel nächste Woche wird kein Durchbruch erwartet.
Die Entscheidung über ein zweites Hilfspaket für Griechenland wird nach Einschätzung von EU-Währungskommissar Olli Rehn erst im Juli fallen. Deutschland hingegen hat am Donnerstag mit einem Termin im frühen Herbst aufhorchen lassen: Der größte EU-Zahler will die Entscheidung über ein zweites Hilfspaket bis September verzögern. Unterdessen führte die Unsicherheit zu einem weiteren Kurssturz des Euro.
Streit um Beteiligung privater Gläubiger
Deutschland wolle angesichts des Streits über die private Gläubigerbeteiligung Zeit gewinnen und werde dabei von den Niederlanden und Finnland unterstützt, hieß es in EU-Diplomatenkreisen. "Das Argument ist: Wir möchten Zeit kaufen, weil wir nicht wissen, was wir tun sollen." Gegen den Vorschlag gebe es aber großen Widerstand.
Die drei Krisenländer Griechenland, Portugal und Irland, aber auch Spanien, Italien und Belgien sind dagegen, die Diskussion noch monatelang zu verschleppen. Die Unruhe an den Finanzmärkten werde zu groß und die Ansteckungsgefahr für die gesamte Euro-Zone wächst.
Kein Durchbruch bei EU-Gipfel erwartet
Beim EU-Gipfel am 23./24. Juni werde es voraussichtlich nur eine Erklärung geben, dass die Euro-Zone und die EU zur Unterstützung Griechenlands bereit sind und auch die privaten Investoren beteiligt werden sollen, heißt es in informierten Kreisen. Doch es werde dazu keine Zahlen oder Einzelheiten geben, sondern nur den Auftrag an die Finanzminister, bis zum Juli eine Lösung zu finden. Damit soll sichergestellt werden, dass der Internationale Währungsfonds (IWF) der Auszahlung der dringend benötigten nächsten Kredittranche über 12 Mrd. Euro im Juli zustimmen kann. Der IWF verlangt allerdings, dass die Finanzierung Griechenlands in den nächsten zwölf Monaten sichergestellt ist.
Griechenland hat bereits im vergangenen Mai ein 110 Mrd. Euro schweres Kreditpaket der EU und des IWF bekommen. Derzeit steht davon die fünfte Tranche zur Auszahlung im Juli an. Nach Medienberichten braucht das Land weitere bis zu 120 Mrd. Euro, um eine Staatspleite abzuwenden.
Niederlande für massive Aufstockung des Rettungsschirms
Der niederländische Zentralbankchef und EZB-Ratsmitglied Nout Wellink hält wegen der Griechenland-Krise eine Verdoppelung des europäischen Rettungsfonds auf 1,5 Billionen Euro für erforderlich, sagte er der niederländischen Zeitung "Het Financieele Dagblad". Ein weiteres Rettungsprogramm bringe viele Unsicherheiten mit sich. So könnten Irland und Portugal dem Beispiel Griechenlands folgen. Diese Ansteckungsrisiken müssten berücksichtigt werden, forderte Wellink. "Wenn Sie diese Risiken betrachten, müssen Sie ein Sicherheitsnetz aufbauen", argumentierte Wellink. "Es sollte sich auf 1.500 Milliarden Euro belaufen, und es sollte mehr Flexibilität geben, wie das Geld ausgegeben werden kann."
Finanzbranche bleibt nervös
Die Ratingagentur Fitch hat der Politik unterdessen die Tür zu einer Lösung der Griechenlandkrise einen Spalt weit geöffnet. Zwar würde die Agentur einen Tausch alter gegen neue griechische Anleihen ("Wiener Initiative") als letzte Vorstufe für einen Zahlungsausfall ansehen. Als sofortigen Zahlungsausfall Athens würde Fitch ein derartiges Vorgehen aber nicht werten. Dies würde es der Europäischen Zentralbank (EZB) erlauben, griechische Staatsanleihen weiter im Refinanzierungsgeschäft mit den Banken anzunehmen. Der Druck vor allem auf griechische Finanzinstitute würde damit deutlich sinken.
Die EZB, die ja nicht nur direkt griechische Staatsanleihen aufgekauft hat, sondern solche Papiere auch als Sicherheiten von griechischen und anderen europäischen Banken übernommen hat, ist die maßgeblichste Gläubigerin des griechischen Staates.
Credit Default Swaps (CDS) auf griechische Staatsanleihen verteuerten sich am Donnerstag um 124 auf 1.850 Basispunkte auf einen neuen Rekordwert. Das heißt, dass es 1,85 Mio. Euro kostet, Schulden des Mittelmeeranrainers in Höhe von 10 Mio. Euro abzusichern. Auch portugiesische, irische und spanische CDS zogen an.
Deutsche Versicherer haben bereits Verhandlungen mit ihrer Aufsicht und dem Berliner Finanzministerium aufgenommen, schreibt die "Financial Times Deutschland". Die Branche sieht Handlungsbedarf, weil S&P die Bonität Griechenlands am Montag auf "CCC" herabgestuft hat - nur noch vier Stufen vor dem Zahlungsausfall. Am 2. Juni hatte Moody's seine Bewertung auf "Caa1" gesenkt . "Damit bewerten zwei von drei Agenturen Griechenland unterhalb von B-/b3", argumentieren die Versicherer. Die Folge: Griechische Papiere dürfen nicht mehr im sogenannten gebundenen Vermögen geführt werden. "Es wäre eine Umbuchung in das restliche Vermögen oder gegebenenfalls eine Veräußerung nötig." Das gebundene Vermögen (Deckungsstock) deckt die Ansprüche von Versicherungsnehmern gegen Versicherer im Insolvenzfall ab.