Konzernchef prüft weitere Veräußerungen - Bayer gilt als möglicher Käufer.
Novartis-Konzernchef Joseph Jimenez macht mit dem Umbau des Schweizer Pharmariesen ernst: In einem ersten Schritt stößt der seit 2010 amtierende Manager für 1,7 Mrd. Dollar (1,3 Mrd. Euro) das Geschäft mit Bluttransfusions-Diagnostik ab. Der Amerikaner erwägt, weitere Konzernteile zu verkaufen - sein Ziel ist es, den Basler Arzneimittelhersteller auf Sparten zu konzentrieren, die eine kritische Größe haben und weltweit aufgestellt sind. Dazu zählen derzeit Pharma, Augenheilkunde und Generika, die rund zehn Milliarden Dollar oder mehr Umsatz pro Jahr erzielen. Als heißer Kandidat für zwei Bereiche gilt Bayer.
Auf dem Prüfstand von Jimenez stünden die kleineren Geschäftsbereiche Impfstoffe und Diagnostik, nicht verschreibungspflichtige Medikamente (OTC) und Tiergesundheit, erklärte Jimenez am Montag. "Unser Ziel ist es, zu ermitteln, was es braucht, um eine globale Größe zu erreichen", sagte er der Nachrichtenagentur Reuters. Wenn das nicht möglich ist, sei der Verkauf der Geschäftsbereiche eine Option.
Der ehemalige Europa-Chef des Ketchup-Produzenten Heinz hatte im Frühling eine Überprüfung des Geschäftsportfolios auf den Weg gebracht und im Sommer dem Verwaltungsrat vorgelegt. Die Geschäfte mit der Untersuchung von Blutspenden auf Krankheitserreger - die Transfusions-Diagnostik - verkauft er nun an die spanische Grifols für 1,68 Mrd. Dollar, rund das Dreifache des Jahresumsatzes. Das Geschäft sei für Novartis zu klein und bei Grifols, dem weltweit drittgrößten Blutprodukte-Hersteller, besser aufgehoben.
Als Interessent für einen Kauf der Tiermedizin und des Geschäfts mit rezeptfreien Präparaten und Gesundheitsmitteln gilt Bayer. Der Leverkusener Konzern hatte die beiden wiederholt als Bereiche genannt, in denen sich der Konzern auch durch Zukäufe verstärken könne. In beiden Sparten zählt Bayer bereits zu den Großen der Branche. Bayer wollte sich am Montag zu den Plänen von Novartis nicht äußern.
An der Börse kam die Nachricht gut an. Die Novartis-Aktien stiegen um 0,9 Prozent auf 71,55 Franken (58,16 Euro) und ließen damit die europäischen Gesundheitswerte hinter sich. Grifols rückten in Madrid 3,2 Prozent auf 31,95 Euro vor. Laut David Kägi, Analyst bei J. Safra Sarasin, ergibt der Verkauf Sinn: "Grifols ist der logischere Eigentümer und kann mit dem großen Blutprodukte-Geschäft Synergien heben." Diese erste Veräußerung befeuere zudem Anleger-Hoffnungen, dass Novartis weitere nicht zum Kerngeschäfte zählende Sparten wie Tiergesundheit, Impfstoffe und die Beteiligung am Konkurrenten Roche verkauft. Unter dem früheren Konzern-Präsidenten Daniel Vasella hat Novartis ein Paket von knapp einem Drittel der stimmberechtigten Roche-Inhaberaktien aufgekauft.
Kepler-Analyst Fabian Wenner schätzt, dass Novartis mit dem Verkauf des Roche-Anteils und Geschäftsteilen in ein bis zwei Jahre 30 Mrd. Dollar zur Verfügung stehen könnten, mit denen der Konzern die Dividende anheben oder eigene Aktien zurückkaufen könnte. Auch eine Großübernahme wäre denkbar, um Lücken zu stopfen, die das Ende der Patente auf die Milliarden-Medikamente Diovan gegen hohen Blutdruck und Glivec gegen Krebs hinterlässt.