Was passiert mit Hellas?

Referendum oder Neuwahl: Die Griechen-Szenarien

02.11.2011


Nach Papandreuous Referendum sind mehrere Szenarien in Griechenland möglich. Ein Überblick.

Zur Vollversion des Artikels
© APA
Zur Vollversion des Artikels

Mit seiner Ankündigung, ein Referendum über das europäische Rettungspaket für Griechenland abhalten zu lassen, hat Ministerpräsident Giorgos Papandreou nicht nur das Ausland und seine politischen Gegner überrascht. Auch innerhalb seiner sozialistischen Pasok-Partei sorgte die Entscheidung für Kopfschütteln. Umso unklarer ist es, ob Papandreou die Freitag angesetzte Vertrauensabstimmung im Parlament übersteht und seinen Willen einer Volksabstimmung tatsächlich durchsetzen kann. Es folgen Szenarien, wie es in Griechenland weitergehen könnte:

GIBT ES TATSÄCHLICH EIN REFERENDUM?

Damit es zu einer Volksabstimmung kommen kann, muss die absolute Mehrheit der 300 Parlamentsabgeordneten dafür stimmen. Danach müsste der Staatspräsident das Referendum per Dekret beschließen - ein Schritt, der mehr oder weniger als Formsache gilt.

Papandreou hat sich aber zum Ziel gesetzt, vor einer Parlamentsabstimmung über das Referendum das Vertrauen der Abgeordneten zu erhalten. Dafür genügt die Zustimmung der absoluten Mehrheit der anwesenden Volksvertreter. Nach der für Freitag geplanten Vertrauensfrage würde es zu einem späteren Zeitpunkt ein separates Votum über ein Referendum geben.

Wird die Volksabstimmung in einem nächsten Schritt tatsächlich befürwortet und abgehalten, müssten 40 Prozent der Wahlberechtigten teilnehmen, um dem Ergebnis Gültigkeit zu verschaffen.

Der griechische Innenminister Haris Kastanidis zeigte sich zuversichtlich, dass ein Referendum noch im Dezember abgehalten werden könnte. Hinter dem Ausgang stehen aber viele Fragezeichen. In einer Umfrage lehnten jüngst fast 60 Prozent der Befragten den Deal des jüngsten EU-Gipfels für einen Schuldenschnitt und die damit verbundenen weiteren Einschnitten für die griechische Bevölkerung ab. Allerdings sprachen sich annähernd 75 Prozent der Befragten dafür aus, am Euro festzuhalten; weniger als ein Fünftel will lieber zur Drachme zurückkehren.

HAT PAPANDREOU GENUG RÜCKHALT, UM EINE VERTRAUENSABSTIMMUNG ZU ÜBERSTEHEN?

Die knappe Mehrheit von Papandreous Sozialisten im Parlament ist auf 152 der 300 Sitze zusammengeschmolzen. Einige Pasok-Abgeordnete haben bereits durchblicken lassen, dass sie auch einem Rücktritt des Regierungschefs und vorgezogenen Wahlen nicht abgeneigt sind. Auch wenn keine absolute Mehrheit aller Abgeordneten bei dem Votum nötig ist, steht die Zustimmung für Papandreou auf der Kippe.

WAS PASSIERT, WENN PAPANDREOU DIE VERTRAUENSABSTIMMUNG VERLIERT?

Sollten die Abgeordneten Papandreou ihr Vertrauen entziehen, hätte dies Neuwahlen zur Folge. Diese könnten bereits im Dezember stattfinden. Damit wäre die Krise aber nicht abgewendet: Umfragen deuten darauf hin, dass die oppositionelle Partei Nia Dimokratia (ND) stärkste Kraft werden würde. Die ND hatte in den vergangenen Monaten einen populistischen Kurs verfolgt und die eingeleiteten drakonischen Maßnahmen zur Abwendung der Staatspleite aufs Schärfste kritisiert.

Erst einmal an der Macht, müsste die ND von Antonis Samaras aber möglicherweise Zugeständnisse machen. Nach Wahlen in den ebenfalls von einem Bankrott bedrohten Euro-Staaten Irland und Portugal hatten die neuen Regierungen ihre kritische Haltung gegen Reformen aufgegeben und Sparprogramme verabschiedet, die sie in der Opposition noch bekämpft hatten.

Nach einer Neuwahl wären politischen Beobachtern zufolge alle Optionen offen: Große Koalition der ND mit der Pasok, eine Regierung der nationalen Einheit, eine Koalition der Neuen Demokratie mit kleineren Parteien.

Mangels Alternative wäre aber jede neue Regierung gezwungen, Sparprogramme verabschieden, wenn auch in abgeänderter Form. Um eine Insolvenz abzuwenden, müsste sie letztlich das tun, was die europäischen Partner verlangen.

Zur Vollversion des Artikels
Weitere Artikel