Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres braucht die wegen teurer Abschreibungen für Kredite in Südosteuropa tief in den roten Zahlen steckende Kärntner Hypo Group Alpe Adria eine milliardenschwere Kapitalspritze. In einer Sondersitzung des Aufsichtsrats der Hypo - zu der die 67-Prozent-Mutter BayernLB (Bayerische Landesbank) in ihre eigene Münchner Zentrale geladen hat - wird ab Mittag beraten, wie die Löcher gestopft werden können.
Also wieviel Kapital im Dezember in die Kärntner Bank gepumpt werden muss und wer sich neben der BayernLB an der Kapitalerhöhung noch beteiligt. Beim Bund in Wien langten letzte Woche schon Hilferufe von Kärntner Landesverantwortlichen ein. Die Hypo ist derzeit die sechstgrößte Bank in Österreich. In der abgelaufenen Woche hat sie angekündigt, heuer wegen Abschreibungen auf riskante und notleidende Kredite deutlich mehr als 1 Mrd. Euro Verlust zu schreiben.
Damit rutscht auch die selber vom Freistaat Bayern mit Milliarden gestützte Konzernmutter BayernLB wieder in die Verluste. Vom Ausgang der Sitzung am Nachmittag in München wird es abhängen, ob in Österreich abermals Staatshilfe für die Kärntner Hypo gewährt werden muss.
Bisher zeichnete sich nur ab, dass die Bayern den Löwenanteil der Kapitalspritze einschießen werden müssen. In informierten Kreisen ist von mehr als 1 bis 1,5 Mrd. Euro Gesamtbedarf die Rede. Im schlimmsten Fall könnten bis zu 2 Mrd. Euro Kapital nötig werden, wenn alle Zahlen auf dem Tisch liegen. Noch sind die Wirtschaftsprüfer am Rechnen.
Das Land Kärnten hält nur mehr 12,4 Prozent an der Hypo und hat angekündigt, mangels Gelds nichts beitragen zu können für frisches Kapital. Die Bayern, aber auch die Republik Österreich, bei der in den vergangenen Tagen schon um neue Staatshilfe vorgefühlt wurde, wollen dies nicht ohne weiteres hinnehmen. Das Land wurde zuletzt an sein Vermögen im Zukunftsfonds und Beteiligungswerte (Kelag) erinnert.
Heftiges Tauziehen
Am Finanzplatz in Wien wird ein heftiges Tauziehen erwartet, zwischen Klagenfurt und München ebenso wie zwischen Klagenfurt und Wien. Die Bayern hatten Ende voriger Woche durchblicken lassen, dass sich die österreichischen Miteigentümer der angeschlagenen Hypo Group Alpe Adria wohl nicht so ohne weiteres aus der Pflicht stehlen können.
Das südliche Bundesland, das ja als ehemaliger Hypobank-Eigner für die Altverbindlichkeiten (aktuell 18 Mrd. Euro) haftet, steht massiv unter Druck. In Finanzkreisen wird darauf verwiesen, dass das Bundesland sehr wohl Familiensilber hätte (Zukunftsfonds, Kelag), das anzuzapfen oder zu verkaufen wäre, bevor wieder die Republik zum Handkuss käme.
Zugleich gibt es Stimmen, dass die Deutschen - die mit mehreren Milliarden bei der Hypo engagiert sind und ihre Österreich-Beteiligung nach den Riesen-Verlusten heuer ebenfalls teuer abzuwerten haben - bis auf weiteres die kriselnde Kärntner Tochter ganz an die Brust nehmen müssen. Andere glauben, dass die Republik in Österreich wohl keine andere Wahl haben werde, neuerlich zur Rettung auszufahren, um anstelle einer drohenden Zerschlagung eine schonende Restrukturierung der wegen ausfallsgefährdeter Papiere als Problembank geltenden Bank zu ermöglichen. Die Bankenbranche beäugt die Lage mit kritischer Aufmerksamkeit.
Juristische Nachwehen
Neben den aktuellen Krisenverhandlungen haben sich die Verantwortlichen auch mit juristischen Nachwehen des Verkaufs der Kärntner Bank vor zwei Jahren herumzuschlagen. Wie das Nachrichtenmagazin "profil" berichtet, fällt der Landesrechnungshof Kärnten ein scharfes Urteil gegen den Vorgang rund um den 2007 erfolgten Verkauf der Hypo-Mehrheit an die Bayrische Landesbank.
Das Magazin zitiert aus dem vertraulichen Bericht: "Die Verkaufsverhandlungen für den Eigentümer, die KHLd (Landesholding, Anm.) wurden vom LH (Landeshauptmann Jörg Haider, Anm.) und vom AR-Vorsitzenden (Josef Martinz, Anm.), die dafür keine gesetzliche Vertretungsmacht haben, geführt und bis zu einem (...) Vertragsentwurf entwickelt. Die zuständigen Organe (...) sind erst beigezogen worden, nachdem die Vertragsinhalte zum Großteil vorverhandelt waren." Mit anderen Worten: Der verstorbene Landeshauptmann habe, so "profil", die Verhandlungen mit der BayernLB gesetzeswidrig am Aufsichtsrat vorbei geführt.
Dem Argument der Landesregierung, die Verhandlungen wären aus Vertraulichkeitsgründen geheim geführt worden, kann der Landesrechnungshof nicht folgen: "Dem hält der LRH (Landesrechnungshof, Anm.) entgegen, dass die Organe die gesetzliche Verpflichtung zur Verschwiegenheit trifft und somit ihr weitgehender Ausschluss vom konkreten Transaktionsgeschäft mit der Wahrung von Geheimhaltungsinteressen nicht begründet werden kann." Der Bericht wird dem Magazin zufolge bis heute als vertraulich klassifiziert, weil sich BZÖ und ÖVP gegen eine Veröffentlichung und Debatte im Kärntner Landtag stemmten.