Auf den internationalen Kapitalmärkten geht es im 1. Halbjahr 2010 wieder bergauf. "In den nächsten Monaten setzt sich die recht kräftige Konjunkturerholung fort. Im 2. Halbjahr flaut sie allerdings auf ein geringeres Wachstum ab", analysiert RZB-Experte Valentin Hofstätter. Die Leitzinsen in den USA und der Eurozone bleiben weiterhin niedrig, den Euro sieht der Analyst weiter unter Druck. Der Aufwärtstrend an den Aktienmärkten dürfte sich fortsetzen. Für das Gesamtjahr 2010 rechnet RZB-Analystin Veronika Lammer für die USA und die Eurozone mit einem Anstieg der Gewinne um etwa 20 %.
Weiterhin ein "brennendes Thema" in allen Industriestaaten werde die Staatsverschuldung bleiben. Griechenland wird "schlimmstenfalls" durch Kredite von EU-Staaten und dem IWF heuer alle Verbindlichkeiten refinanzieren können. Die Verschuldungsdynamik sei aber in den meisten Industriestaaten ebenfalls bedenklich und werde weitere Einschnitte bei den öffentlichen Haushalten nach sich ziehen, vermutet Hofstätter.
Vorlaufindikatoren sprechen für Marktausweitung bis Juli
In den vergangenen Monaten haben sich die Wirtschaftsdaten in
Kontinentaleuropa "deutlich" verbessert. Die Konjunkturerholung im Euroraum
fällt aber im Vergleich zu anderen großen Wirtschaftsräumen wie Asien,
Südamerika und den USA bisher verhalten aus, so Hofstätter.
Im
ersten Halbjahr 2010 sollte die Wirtschaftsdynamik in Europa laut dem
RZB-Experten nochmals etwas zulegen. Alle wichtigen
Konjunkturvorlaufindikatoren würden einen Aufwärtstrend ausweisen. Im
Verhältnis zur tiefen Rezession des Vorjahres bleibe das Wirtschaftswachstum
in Summe aber verhalten.
Starke Aktien-Gewichtung empfohlen
Aufgrund der positiven Entwicklung der Märkte empfiehlt RZB-Expertin
Veronika Lammer eine stärkere Gewichtung von Aktien. Das Kurspotenzial sieht
sie allerdings begrenzt, da sich die konjunkturelle Erholung der
entwickelten Volkswirtschaften verlangsamt.
Weiterhin im Trend sieht
Lammer Unternehmensanleihen - nicht nur für das 2. Quartal, sondern für das
Gesamtjahr. Staatsanleiherenditen dürften im 2. Quartal etwas ansteigen,
bleiben aber vorerst noch in der Bandbreite der letzten Quartale, so Lammer.
Die Leitzinsen in den USA und der Eurozone bleiben 2010 auf rekordtiefem
Niveau. Laut Hofstätter beginnen die Notenbanken allerdings bereits, die
überschüssige Liquidität im Bankensystem zu reduzieren. "Mittelfristig kommt
es deshalb in der Eurozone im zweiten Halbjahr zu höheren Geldmarktsätzen."
Den
Euro sieht er gegenüber dem US-Dollar mit einem Ziel von 1,3 vorerst weiter
unter Druck. Eine Erholung sollte sich im Sommer 2010 zeigen. Auch der
Schweizer Franken dürfte im 2. Quartal gegenüber dem Euro weiterhin sehr
fest bleiben. Eine signifikante Abschwächung sei erst mit EZB-Zinsanhebungen
zu erwarten.
Mit Ausnahme einiger weniger Emerging Markets wie Indien, Malaysia und Südafrika dürfte sich die Neuverschuldung für das laufende Jahr bei 4 % halten. "Das entspricht gerade einmal der Hälfte der Neuverschuldung der etablierten Volkswirtschaften der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer", erläuterte Lammer. Die Gesamtverschuldung werde bei den G-20 etablierten Märkten jenseits der 100-Prozent-Grenze liegen. Vergleichbare Kennziffern in den G-20 Emerging Markets werden sich auf unter 40 % einpendeln.
Die Gewinnentwicklung der Unternehmen verläuft ähnlich der
Konjunkturentwicklung in Zyklen, wobei die Ausschläge in den einzelnen Auf-
und Abschwungsphasen deutlich stärker ausgeprägt sind als die
BIP-Wachstumsraten. Über einen längeren Zeitraum lasse sich eine Trendlinie
herausfiltern, die in etwa dem nominellen BIP-Wachstum entspricht.
Für
die USA nennt Veronika Lammer ein langjähriges Trendwachstum von ca. 6,5 %
pro Jahr. Davon ausgehend wäre ein Anstieg der Unternehmensgewinne auf dem
amerikanischen Aktienindex MSCI USA in den nächsten fünf Jahren von aktuell
60 auf 138 Dollar realistisch.