Auffallende Krankmeldungen, nicht genug Ersatzcrews einsetzbar - Betriebsrat: "Es wird noch ärger werden", Protestmaßnahme entschieden dementiert - Tyrolean-Leute sprangen ein
Mitte der Woche war die AUA-Führung noch davon ausgegangen, dass massierte Abgänge von AUA-Piloten wegen des für 1. Juli angesetzten Flug-Betriebsübergangs auf die billigere Tyrolean problemlos verkraftet würden. An diesem Muttertags-Wochenende machte ein offenkundiger stiller Protest von AUA-Flugcrews dieser Ansage einen Strich durch die Rechnung. Gleich mehrere Piloten meldeten sich "unfit to fly". Seit Freitag sind 24 Flüge (Hin/Rückflug) ausgefallen, davon 8 am heutigen Sonntag, wie ein AUA-Sprecher der APA sagte. Tyrolean-Piloten haben Teile des AUA-Flugbetriebs aufgefangen.
Hunderte AUA-Passagiere mussten umgebucht oder auf spätere Flüge vertröstet werden, seitdem AUA-Crews damit begonnen haben, sich krank bzw. vorübergehend sonst wie fluguntauglich zu melden.
Aus dem Grund fielen bereits am Freitag einige Europaflüge aus. Am Samstag waren zwei AUA-Paradedestinationen auf der Mittel- und Langstrecke (Delhi, Dubai) und auch die eine oder andere europäische Routinestrecke betroffen.
Am Sonntag war es am Vormittag der Flug nach Thessaloniki, wo mangels Rückflugs dann Urlauber festsaßen. Auch ein Kopenhagen-Kurs fiel aus. Andere verärgerte Passagiere berichteten gegenüber der APA, unfreiwillig die Nacht über in Amsterdam verbracht zu haben, weil der Wien-Flug am Samstag ausfiel.
Für die entschuldigten Piloten und Kabinen-Mitarbeiterinnen konnte die AUA kurzfristig nicht immer Ersatz finden, deshalb wurden einige Strecken gestrichen. Für andere AUA-Flüge, deren Crews nicht einsetzbar waren, sprangen Tyrolean-Crews mit ihren Maschinen ein.
So konnten zwar trotz der Erkrankungen von Pilot & Co einige AUA-Strecken zwar bedient werden, dafür fielen aber wieder einzelne Europaflüge aus, die sonst von Tyrolean geflogen werden. Darunter einer von drei für Sonntag gesetzten Flügen nach Nizza (geplanter Abflug 17:20 Uhr) und einer von zwei Köln-Flügen (normalerweise Abflug 17.35 Uhr). Auf diesen Strecken waren vergleichsweise weniger Passagiere gebucht, die Flugzeuge samt Bordbelegschaft wurden auf stärker frequentierte AUA-Strecken umgeroutet.
"Wir setzen alle Flugzeuge - also Austrian Airlines und Tyrolean - so ein, dass am wenigsten Passagiere davon betroffen sind", so AUA-Sprecher Michael Braun am Sonntag. "Daher haben wir durchaus auch Tyrolean Strecken gestrichen, obwohl wir diese Strecken des Tyrolean-Flugbetriebs hätten fliegen können."
Es seien 11 Flüge von Tyrolean übernommen worden, die sonst von Austrian geflogen worden wären.
Die AUA-Einsatzleiter hatten gestern und heute alle Hände damit zu tun, Kollegen in der Freizeit durchzutelefonieren und zum Ersatzdienst zu ersuchen. Einige dürften nach den monatelangen Streitigkeiten und bevorstehenden Einbußen wenig Anreiz verspüren, Überstunden für andere zu machen.
AUA-Bord-Betriebsrat Karl Minhard verwahrte seine Mannschaft gegen "Unterstellungen", es könne sich bei den Krankmeldungen um eine Protestaktion handeln. Es dürfte sich aber niemand wundern, dass einige "unfit to fly" seien: "Seit Monaten wird auf unsere Leute hingehaut. Sie müssen sich überlegen 'geh ich oder bleib ich, da geht es um Existenzen", so Minhard am Sonntag. "Dass das auf Psyche und körperliche Gesundheit schlägt, ist klar. Jeder Pilot, der sagt ich kann so jetzt nicht, weil er sich geistig und körperlich nicht in vollständig guter Verfassung fühlt, handelt zum Glück verantwortungsbewusst", sagte Minhard.
Von den 43 Piloten, die wegen des Betriebsübergangs schon gekündigt hätten, fehlten schon etliche für den Flugbetrieb. "Es wird noch ärger werden", meinte Minhard heute zur APA, wenn sich nämlich noch viel mehr Piloten zum Ausscheiden entschließen und ihre Kündigungsfristen zu laufen beginnen. Es würde ihn nicht wundern, "wenn wir es nächstes Monat nicht mehr derrennen".
Den in seinen Details noch immer nicht bekannten Betriebsübergang mit seinen Begleitumständen nannte Minhard "Schwachsinn". Dass die AUA schon damit drohe, bei zu vielen Abgängen billigere Piloten neu einzustellen, ist für den Betriebsrat in so einer schwierigen Zeit blanker Zynismus.
Bis Montagmittag läuft noch eine notariell begleitete Abstimmung unter Bord-Mitarbeitern über ein Verhandlungspapier des Betriebsrats zum aktuellen Sparpaket. Der Vorstand hat dieses Papier nicht akzeptiert, die Abstimmung wurde trotzdem eingeleitet. Morgen Nachmittag will sich die Belegschaftsvertretung über ihre weitere Vorgangsweise festlegen.