WKO-Präsident Christoph Leitl und ÖGB-Präsident Erich Foglar haben für einen allfälligen Alleingang europäischer Staaten bei der Einführung einer Finanztransaktionssteuer plädiert, sollten internationale Partner nicht mitziehen. Folgar sagte nach einem Treffen der österreichischen Sozialpartner mit EU-Wirtschaftskommissar Joaquin Almunia, ein Vorpreschen Europas "wäre gut, wir sollten Selbstbewusstsein in Europa haben". Leitl erklärte: "Es wäre denkbar, dass die Eurozone bereit ist, eine solche Vertiefung zu wagen."
Der Präsident der Landwirtschaftskammer, Gerhard Wlodkowski, verlangte die Einführung einer Finanztransaktionssteuer oder einer Spekulationssteuer, um Spekulationen mit Agrar-Rohstoffen und Lebensmitteln einzuschränken. Gemeinsam mit Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel präsentierten Leitl, Foglar und Wlodkowski Almunia und dem Präsidenten des Wirtschafts- und Sozialausschusses, Mario Sepi, die Vorschläge der österreichischen Sozialpartner zur Reform der Finanzmärkte und zur Lissabon-Strategie der EU nach 2010.
Unter anderem fordern sie die rasche Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer und die Gründung einer europäischen Ratingagentur. Die Lissabon-Ziele, von denen die EU bis 2010 weit entfernt ist, sollten nach den Vorstellungen der Sozialpartner nunmehr bis 2015 fortgeschrieben werden, danach sollte sich die EU bis 2020 ambitioniertere und neue Ziele - etwa zusätzlich bei der Armutsbekämpfung - setzen. Das Ziel, dass die EU der wettbewerbsfähigste Raum weltweit wird, sei "überambitioniert", sagte Leitl. Dies habe auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärt, es gehe vielmehr um ein "Überleben" im internationalen Wettbewerb.
Leitl sprach sich zudem für die Schaffung eines europäischen Garantiefonds für besonders innovative Klein- und Mittelbetriebe aus. Dieser könnte aus den Kartellstrafen gespeist werden, die die EU jährlich einnimmt. Mit den rund drei Milliarden Euro wäre ein fast zehnfaches Garantievolumen zu erreichen, sagte Leitl.
"Die soziale Sicherheit darf aufgrund der Krise nicht unter die Räder kommen", forderte Foglar. "Drei Zahlen steigen derzeit leider: die Gewinne der Investmentbanken, die Bonuszahlungen und die Arbeitslosigkeit." Tumpel verlangte eine Änderung der EU-Politik. Die EU müsse ein neues Regelwerk für den Finanzsektor schaffen und alle Anstrengungen setzen, damit Wachstum und Beschäftigung wieder möglich würden. Wlodkowski erklärte, durch eine Energiewende wären in Österreich 70.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. Zudem könnte die Abhängigkeit von Energieimporten reduziert werden.