Jetzt packte ein Kronzeuge vor der Bundeswettbewerbsbehörde aus.
Bei den Ermittlungen gegen ein Speditionskartell in Österreich gibt es derzeit sechs geständige Unternehmer, gegen Dutzende weitere wird noch ermittelt. Bei den geständigen Spediteuren handelt es sich um Klein- und Mittelunternehmen, so die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB).
Bei den anderen Firmen sollen dem Vernehmen nach auch die Branchengrößen dabei sein, bis hin zur ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria (RCA). Sie alle haben stets die Vorwürfe bestritten. Gegen sie wie auch gegen die geständigen Spediteure wird weiter ermittelt, betonte BWB-Sprecher Stefan Keznickl. Von den ÖBB hieß es am Donnerstag zur APA: "Wir sind zuversichtlich, dass das Verfahren zu unseren Gunsten ausgehen wird."
Durch die Geständnisse ist die BWB nun in einer "Superposition", so Keznickl. Wie hoch der entstandene Schaden sein könnte lasse sich derzeit nicht sagen, sei für den Vorwurf der Kartellbildung aber irrelevant. Es müsse auch nicht der Schaden nachgewiesen werden, es reiche bereits der Umstand, dass ein Kartell vorliege. Laut früheren Medienberichten könnte dies - sollte das Kartellgericht Schuldsprüche fällen - den ÖBB im Extremfall bis zu 500 Mio. Euro kosten. Berechnet wird der Geldbuße anhand des entstandenen Schadens für den Wirtschaftssektor, gedeckelt auf zehn Prozent des Konzernumsatzes. Wie hoch die möglichen Strafen dann ausfallen lässt sich daher schwer abschätzen.
Gegen den Kronzeugen, der zur Aufdeckung der Kartelle beigetragen hat, wurde keine Strafe beantragt. Dem Vernehmen nach soll es sich dabei um den Großspediteur Schenker handeln, eine Tochter der Deutschen Bahn. Dieser wollte sich am heutigen Donnerstag mit Verweis auf ein laufendes Verfahren dazu nicht äußern. Keznickl betonte, dass nur jene Unternehmen auf Strafnachlässe hoffen dürfen, die geständig waren.
Spediteure sind Logistikunternehmen, die die ihnen anvertraute Ware sowohl auf der Straße, der Schiene, zur See und in der Luft transportieren. Frächter hingegen betreiben Lkw uns sind selbst oft Auftragnehmer der Spediteure. Die möglicherweise geschädigten Versender sind in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben und haben sich Rechtsberatung geholt.
Die mutmaßlichen Absprachen sollen in der "Speditions-Sammelladungs-Konferenz" (SKK) organisiert gewesen. Das Gremium ist im Zentralverband für Spedition & Logistik angesiedelt. Im heimischen Schienen-Spediteursbereich habe die SKK seit 1999 kooperiert. "In fortlaufenden, organisierten Zusammenkünften wurden marktsensible Informationen ausgetauscht sowie Tarife und das Vorgehen bei der Verrechnung der LKW-Maut abgestimmt", teilte die BWB im März des Vorjahres mit. Die Bahn wiederum betonte, kein Mitglied der SKK gewesen zu sein.
Bei den Ermittlungen geht es auch um die sogenannte "Kummer-Liste". Diese wurde im Auftrag der Transportwirtschaft von Prof. Sebastian Kummer, Verkehrsexperte der WU-Wien, erstellt und stellte die Grundlage für die Weiterverrechnung der Lkw-Maut an die Auftraggeber dar. Diese war allgemein bekannt und wurde vom Zentralverband der Spediteure auch bei Pressekonferenzen präsentiert. Allerdings hatte die Liste auch innerhalb der Transporteure für Unmut gesorgt. Frächter warfen den Spediteuren vor, ihren Auftraggebern zwar die Maut weiter zu verrechnen, aber sie nicht an die Lkw-Betreiber weiter zu reichen.