Volcker-Regeln
Strenge US-Bankenregeln helfen Europa
23.01.2011
Beschränkungen von Eigenhandel könnte US-Institute schwächen.
Seit Jahren machen sich die US-Großbanken in Europa breit und jagen den dortigen Platzhirschen Marktanteile ab. US-Banker fürchten nun, dass sich das Bild drehen und die Europäer ihnen in der Heimat das Leben schwermachen könnten. Grund sind die neuen strengen Beschränkungen für US-Institute im Handel auf eigene Rechnung. Die nach dem früheren Notenbankchef Paul Volcker benannten Vorgaben bieten europäischen Geldhäusern die einmalige Chance, den Investmentbanken im Kern-Kapitalmarktgeschäft den Rang abzulaufen. Denn Banken sind außerhalb der USA bei ihren Handelsaktivitäten nicht an die Volcker-Regeln gebunden. Fraglich ist aber, inwiefern sie in ihrer Heimat nicht vergleichbare Restriktionen auferlegt bekommen.
Verlust von Marktanteilen befürchtet
In den Chefetagen von US-Großbanken geht die Angst vor dem Verlust von Marktanteilen im Handel bereits um, wie ein Top-Manager eines großen amerikanischen Geldhauses der Nachrichtenagentur Reuters im privaten Gespräch sagte. Davon profitieren könnten europäische Institute mit starkem Investmentbanking wie die Deutsche Bank, Barclays oder BNP Paribas. Diese Häuser haben zwar ebenfalls den Eigenhandel ohne Kundenbezug, den die Volcker-Regel komplett verbietet, deutlich zurückgefahren. Dafür können sie aber in anderen verwandten Handelsbereichen noch freimütiger als die US-Rivalen ihr eigenes Geld einsetzen. Die Rede ist vom sogenannten "market making" - hier verwenden Banken eigene Mittel zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren, um einen liquiden Markt für ihre Kunden sicherzustellen. Um dieses lukrative Segment dürfte ein heißer Kampf entbrennen, bei dem die Europäer ihre große Chance wittern. Denn die Aktivitäten der US-Institute werden hier künftig genau unter die Lupe genommen.
Bankenexperte: Einmalige Gelegenheit
"Wenn man das geschickt anstellt, ergibt sich eine Möglichkeit, die es nur einmal in einer Generation gibt", sagt Douglas Landy, Bankenexperte von der Anwaltskanzlei Allen & Overy. "Europäische Banken werden aggressiver in diese Geschäftsfelder vorstoßen und es wäre falsch zu behaupten, dass dies nicht bereits heute passiert." Schließlich geht es um viel: Im Handel erzielen Investmentbanken traditionell den größten Teil ihrer Milliardengewinne und der zu verteilende Kuchen ist seit der Finanzkrise kleiner geworden. Die Analysten von JP Morgan schätzen, dass großen US-Banken durch die Volcker-Regeln im Extremfall insgesamt 50 Milliarden Dollar an Erträgen in diesem Jahr flöten gehen könnten.
Vordringen der Europäer auf leisen Sohlen
Die europäischen Institute unterliegen in den USA zwar denselben Regeln wie die dortigen Banken, aber sie können US-Kunden problemlos aus Europa betreuen und bedienen. "Wenn man den Leuten genug zahlt, arbeiten sie auch über Nacht: Der Devisenhandel ist beispielsweise komplett global und man kann ihn von Asien oder Europa aus betreiben", sagt Kian Abouhossein, Bankenanalyst bei JP Morgan. Klar ist aber auch, dass die europäischen Häuser nach der Finanzkrise ebenfalls besonders kritisch von den Aufsehern beäugt werden. "Selbst wenn es in Europa nicht dieselben Verbote geben wird, stehen die europäischen Investmentbanken unter Druck, Risiken abzubauen", betont Simon Adamson, Bankenanalyst von CreditSights. Daher sind sich die Experten einig: Das Vordringen der Europäer in den USA wird eher auf leisen Sohlen und über einen längeren Zeitraum vonstattengehen - zudem dürfte der echte Eigenhandel so schnell nirgendwo mehr zum Leben erweckt werden.