Tesco will Kunden mit Sparbriefen und Krediten ködern. Die größte britische Einzelhandelskette will dabei vom Imageverlust der etablierten Banken profitieren. Den Vorstoß ins Finanzgeschäft hat das Unternehmen bereits im mittelenglischen Coventry gemacht und dort sein erstes "Banking and Insurance Center" eröffnet.
Seit einigen Wochen bietet Tesco auch Autoversicherungen an. Die Expansionspläne in diesem Segment sind ambitioniert. Bis Ende des Jahres sollen 30 weitere Bankschalter, bis 2011 Girokonten und sogar Optionen auf Hypotheken möglich sein.
Bereits vor zwölf Jahren gründete die Supermarktkette ein Jonit Venture mit der Royal Bank of Scotland, um Versicherungen anzubieten. 2008 übernahm Tesco für 950 Mio. Pfund (1,1 Mrd. Euro) 50 Prozent an der ins Strudeln geratenen Bank. Der Tesco Dienstleistungssparten-Chef Andrew Higginson hofft, dass das Bankgeschäft so gut laufen wird wie die bereits erschlossenen Marktsegmente Bekleidung, Telekommunikation, Immobilien und Gartenmärkte.
Konkurrenz zu Banken steigt
Finanzkräftige Supermarktketten profitieren beim Einstieg in das Finanzgeschäft vom Wissen über die Bedürfnisse ihrer Klientel. Die Consulter von Bain & Company schätzen sogar, dass Tesco und andere Branchenkonzerne in Europa bis 2019 zwischen zehn bis 20 Prozent des Massenmarktes im Bankenwesen erobern könnten.
Jörg Lehnerdt, Projektleiter bei BBE Retail Experts, ist jedoch skeptisch, ob sich diese angloamerikanische Denkweise auch in Deutschland oder Österreich durchsetzen kann und verweist auf bereits früher gescheiterte Experimente. Ein Bericht der "Financial Times Deutschland" unterstreicht dies: So stehen deutsche Handelskonzerne dem Bankgeschäft bisher meist misstrauisch gegenüber. Schließlich treten Einzelhändler bei Bankgeschäften derzeit großteils nur als Vertriebspartner von Finanzdienstleistern auf. Ein Beispiel hierfür ist Metro, der mit der spanischen Santander Consumer Bank zusammenarbeitet. Alle Versuche, Bankgeschäfte selbst zu machen, scheiterten. "Die Deutschen sind konservativ und zurückhaltend und gehen lieber in eine Bank", so Lehnerdt.