Top-Notenbanker warnt vor neuen gefährlichen Finanzblasen
20.11.2009
Die EZB warnt immer deutlicher vor dem Entstehen neuer gefährlicher Preisblasen an den Finanzmärkten. Die Investoren überschätzen die Wirtschaftsaussichten und schieben die Risiken beiseite, sagt EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi.
Niedrige Zinsen und zurückkehrender Risikoappetit bringen Investoren offenbar dazu, spekulative Positionen einzugehen, bemängelt der Italiener. Hintergrund der Äußerungen Bini Smaghis ist die jüngste Rally an den Rohstoffmärkten und Aktienbörsen.
Niedrige Zinsen bald vorbei
"Die Frage ist daher, wie lange man ein niedriges Zinsniveau beibehalten kann, ohne Verwerfungen in der effizienten Kapitalallokation des Finanzsektors zu verursachen und möglicherweise auch die Preisstabilität zu gefährden", sagte das Mitglied des sechsköpfigen Führungsteams der EZB. Der Leitzins in der Euro-Zone liegt seit Mai bei rekordniedrigen 1 %. Da die EZB dem Finanzsystem zudem quasi unbegrenzt Liquidität zur Verfügung stellt, liegt der effektive Marktzins sogar noch deutlich darunter.
Angetrieben durch das billige Geld spekulieren viele Investoren bereits seit
Monaten auf eine schnelle Erholung der Weltwirtschaft. Da wegen der
Rezession Unternehmen weniger Kredite nachfragen als sonst, ist viel zu viel
Geld vorhanden, das angelegt werden will. Folglich steigt der Preis für Gold
scheinbar ungebremst.
Auch der Ölpreis ist wieder bei einem Niveau von
80 Dollar je Barrel angekommen. An den Aktienbörsen liegen die Kurse vieler
Papiere inzwischen um 50 % über ihrem Niveau vom März. Im Gegensatz dazu
bessert sich die Lage der realen Wirtschaft nur langsam.
Diese Entwicklung kann für die Geldpolitik zu einem großen Problem werden, sagt Bini Smaghi. Sie kann "ungenügend sein, wenn es darum geht, die Wirtschaft zu stimulieren, und zu viel des Guten, was die Gefahr neuer Vermögenspreisblasen im Finanzsektor betrifft". Ähnlich wie bereits der deutsche Bundesbank-Chef Axel Weber weist er darauf hin, dass es deshalb gefährlich sein könnte, wenn die EZB den richtigen Zeitpunkt für ihren Ausstieg dem Krisenmodus verpasst. Der Exit muss eher früher als später erfolgen.
Über Jahre billiges Geld der Notenbanken gilt als einer der Auslöser des Immobilienbooms in den USA, der zur schwersten Finanz-und Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten führte, von der sich die Weltwirtschaft derzeit erholt. Die im Kampf gegen die jüngste Krise eingesetzten Milliardenhilfen von Zentralbanken und Regierungen könnten nun, wenn sie nicht rechtzeitig wieder abgeschöpft werden, zu neuen Verwerfungen an den Finanzmärkten führen und in den kommenden Jahren die Teuerung anheizen. Der wirtschaftliche und gesellschaftliche Schaden wäre in beiden Fällen enorm. |