Trichet mahnt Notenbanken zur Wachsamkeit
24.08.2009
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet hat seine Notenbank-Kollegen vor mangelnder Wachsamkeit in der einsetzenden Konjunkturerholung gewarnt. Sie müssten alles tun, um eine Wiederholung der verheerenden Finanzkrise zu verhindern, sagte Trichet zum Abschluss der jährlichen Fed-Konferenz.
"Unser größter Fehler wäre, die Bedeutung und die Dringlichkeit dieser Aufgabe zu vergessen", betonte Trichet. Im Mittelpunkt des Treffens von Top-Vertretern der 35 führenden Notenbanken sowie Wirtschaftsexperten stand neben Prognosen für die rezessionsgebeutelte Weltwirtschaft die Frage nach dem Ausstieg aus der Krisenpolitik des billigen Geldes.
Trichet sagte weiter, zwar verdichteten sich die Anzeichen, dass die Realwirtschaft zumindest die Phase des freien Falls hinter sich gelassen habe, doch noch immer könne ein steiniger Weg vor ihr liegen. Auch Fed-Chef Ben Bernanke hatte zum Auftakt der zweitägigen Konferenz vom Ende der weltweiten Rezession gesprochen. Er warnte aber seinerseits, dass die Erholung zunächst nur schleppend in Gang kommen werde.
"Double Dip"-Rezession unwahrscheinlich
EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny rechnet aber nicht mit einem erneuten Abgleiten Europas in die Rezession innerhalb kurzer Zeit. Eine solche von Experten als "Double Dip" bezeichnete Entwicklung erwarte er nicht, sagte der österreichische Notenbankchef am Rande der Fed-Konferenz. Die Wirtschaftslage in Europa werde sich in der zweiten Jahreshälfte verbessern. Dies sei jedoch weitgehend auf den Erfolg finanz- und geldpolitischer Maßnahmen zurückzuführen.
Eine nachhaltige Erholung werde voraussichtlich nicht vor Anfang 2010 greifen. Der OeNB-Gouverneur warnte deshalb vor einer verfrühten Rücknahme der Konjunkturmaßnahmen. Es sei aber unwahrscheinlich, dass die Zentralbanken vorzeitig aus der Politik des billigen Geldes ausstiegen.
Warnung vor übereiltem Konjunkturoptimismus
Einige prominente europäische Notenbanker haben jedoch davor gewarnt, nach der schwersten Rezession seit Jahrzehnten vorschnell zur Tagesordnung zurückzukehren. Der deutsche Bundesbank-Präsident Axel Weber sagte dem Fernsehsender CNBC am Rande der Fed-Konferenz, er sehe zwar Zeichen einer Stabilisierung der Konjunktur und leichtes Wachstum im Deutschland. Auch sei der freie Fall der deutschen Wirtschaft gestoppt.
"Es wäre aber falsch, jetzt zu optimistisch zu werden (...). Es ist zu früh die Schlussfolgerung zu ziehen, dass alles hinter uns liegt", fügte er hinzu. Die derzeit zu beobachtende Stabilisierung der Wirtschaft sei hauptsächlich auf die Maßnahmen der Regierungen und Notenbanken im Verlauf der Krise zurückzuführen. Bis zu einer nachhaltigen Erholung werde es noch einige Zeit dauern.
Unorthodoxe Maßnahmen gegen die Krise
Gegen die schwerste Finanz- und Wirtschaftskrise seit 80 Jahren kämpfen die Notenbanken weltweit mit milliardenschweren Liquiditätsspritzen, massiven Leitzinssenkungen und zahlreichen weiteren, teils unorthodoxen Maßnahmen - zum Beispiel dem Ankauf von Staatsanleihen. De facto werfen sie damit die Notenpresse an. Die Fed hat ihrerseits den Leitzins auf fast Null gesenkt und massiv Geld in die Märkte gepumpt. Kritiker befürchten, dass so die Inflation angeheizt werden könnte.
In diesen Chor stimmte in Jackson Hole nun auch der Wirtschaftswissenschaftler Carl Walsh von der University of California in Santa Cruz Walsh ein. "Mit den weiterhin niedrigen Zinsen soll die Konjunktur heute angekurbelt werden", erklärte er. "Aber der Preis dafür ist ein Ansteigen der Inflation in der Zukunft." Fed-Vize Donald Kohn wies diese Kritik umgehend zurück. Die niedrigen Zinsen steigerten nicht die Inflationserwartung, sagte Kohn.