Euro-Zone
Trichet: Schuldenkrise keine Gefahr
30.11.2010
Die Existenz der Euro-Zone sei von der Schuldenkrise nicht bedroht.
EZB-Präsident Jean-Claude Trichet sieht die Existenz der Euro-Zone trotz der akuten Schuldenkrise nicht bedroht. "Manche Kritiker neigen offenbar dazu, die Entschlossenheit der Regierungen zu unterschätzen", sagte Trichet am Dienstag vor dem Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments. Dies gelte auch für die Beurteilung der Tatkraft der Eurogruppe und des Rats der Europäischen Union.
Stabilität der Euro-Zone ungefährdet
"Nach meinen Erkenntnissen kann man die Stabilität der Euro-Zone nicht ernsthaft in Frage stellen", betonte Trichet. Allerdings gebe es derzeit ein Problem, räumte der oberste Hüter des Euro vor den Parlamentariern ein. "Wir gehen durch sehr, sehr schwere Zeiten."
Griechenland und Irland weiter zahlungsfähig
Die beiden von Europa und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) geretteten Staaten Griechenland und Irland seien trotz Schwierigkeiten beim wirtschaftlichen Anpassungsprozess weiter zahlungsfähig. Mit Blick auf den spanischen Bankensektor gebe es keinen Grund, allzu düstere Szenarien zu zeichnen. "Ich glaube nicht, dass die Arbeitshypothese angemessen ist, dass große spanische Banken Pleite gehen könnten." Auf das unter einer hohen Schuldenlast ächzende Belgien angesprochen, sagte Trichet: "Wir beobachten, was sich in allen Ländern tut."
Portugal und Spanien im Visier der Märkte
Zuletzt waren in der Schuldenkrise an den Märkten verstärkt Portugal und Spanien ins Visier genommen worden. Immer häufiger wird zudem mit Belgien ein weiterer Wackelkandidat genannt. Das Land hat in den vergangenen Jahren einen Schuldenberg angehäuft, der fast so groß ist wie seine jährliche Wirtschaftsleistung.
Noch ist offen, ob es der Regierung in Madrid mit ihrem Sparkurs gelingt, die Märkte zu überzeugen, dass es die Schuldenkrise aus eigener Kraft meistern kann. Als Achillesferse könnte sich wie in Irland das angeschlagene Bankensystem erweisen.
Spanien darf nicht kippen
Für europäische Spitzenpolitiker und Top-Banker steht fest: Spanien darf im aktuellen Eurozonen-Domino auf keinen Fall umkippen. Die Volkswirtschaft der Iberer ist größer als die der anderen Krisenländer Griechenland, Irland und Portugal zusammen. Die Verflechtung Spaniens mit anderen Staaten ist ungleich stärker, weshalb bei Zahlungsnöten weitere Länder Probleme bekommen könnten. Zudem würde eine Rettung den Euro-Rettungsschirm wohl an die Grenze der Belastbarkeit bringen.
Die spanischen Geldhäuser kämpfen mit Milliardenlasten fauler Kredite, der anhaltenden Krise am Immobilienmarkt und Refinanzierungsnöten. Die größten Sorgenkinder sind dabei die unzähligen schwach kapitalisierten privaten Sparkassen (Cajas) und mittelgroße Institute wie die hierzulande kaum bekannten Banco Sabadell und Banco Pastor. Den oft eher regional tätigen Häusern fehlt die breite Aufstellung und die Größe, um Verluste abzufedern.
Kein Kommentar zur Zinsentscheidung
Wenige Tage vor der am Donnerstag anstehenden Zinssitzung der EZB ließ sich Trichet bei seinem Auftritt vor den Parlamentariern jedoch nicht in die geldpolitischen Karten blicken. "Ich darf gemäß den Regeln den anstehenden Entscheidungen des EZB-Rats nicht vorgreifen", betonte der EZB-Chef. Allerdings seien unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen in Zeiten gerechtfertigt, in denen das ordentliche Funktionieren der Märkte beeinträchtigt sei. Das umstrittene Ankaufprogramm für Staatsanleihen von Euro-Ländern laufe weiter, betonte Trichet.
Kritik der Deutschen Bundesbank
Insbesondere Bundesbankpräsident Axel Weber hatte das mittlerweile auf 67 Milliarden Euro angewachsene Programm kritisiert und vor erheblichen stabilitätspolitischen Risiken gewarnt. Die EZB war auf dem Höhepunkt der Irlandkrise in der vergangenen Woche jedoch wieder verstärkt am europäischen Markt für Staatsanleihen aktiv geworden. Sie hat in der Vorwoche Staatspapiere im Gegenwert von 1,348 Milliarden Euro gekauft - gut doppelt so viel wie in der vorangegangenen Woche (713 Millionen Euro). Die EZB gibt keine Auskunft darüber, aus welchem Land die Anleihen, die sie erwirbt, stammen. Trichet betonte vor den Parlamentariern, es sei derzeit nicht klug, weitere Informationen zu den Ankäufen zu geben.