Im Schnitt 8 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen.
Die Halbjahres-Insolvenzstatistik der Creditreform zeigt für Österreich ein differenziertes Bild. Trotz vieler bekannter Insolvenzfälle (wie Alpine, Niemetz und Niedermeyer) sind die Firmen-Insolvenzen in ganz Österreich zurückgegangen, und zwar um 4,1 Prozent auf 3.075 Verfahren. Entgegen dem bundesweiten Trend sind aber in Kärnten (+19,9 Prozent) und in Tirol (+8,8 Prozent) die Insolvenzen stark gestiegen. Die stärksten Rückgänge verzeichneten Vorarlberg (-35,2 Prozent) und Oberösterreich (-14,8 Prozent).
Die höchste "relative Insolvenzbetroffenheit" herrschte in Wien mit mehr als 11 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen. In Vorarlberg kam es hingegen nur zu vier Firmenpleiten pro 1.000 Unternehmen. Österreichweit wurden im Durchschnitt 8 Insolvenzen pro 1.000 Unternehmen gezählt, so der Gläubigerschutzverband am Mittwoch in einer Aussendung.
Die Rekordpleite der Alpine liegt im Ranking mit großem Abstand vor den anderen Insolvenzen. Die Alpine Bau GmbH mit 6.483 betroffenen Arbeitnehmern und 2,56 Mrd. Euro Verbindlichkeiten war im ersten Halbjahr unangefochten die Nummer 1 der Insolvenzstatistik.
Bei den Top-10 Firmeninsolvenzen zeigt sich eine negative Schlagseite bei einigen Bundesländern: Die beiden nach Verbindlichkeiten größten Pleitefirmen der ersten Jahreshälfte, Alpine Bau und Holding, haben ihren Sitz in Salzburg, die drittgrößte pleitegegangene Firma, die Elektrohandelskette Niedermeyer, ist in Wien ansässig. Gleich drei der Top-10-Pleitefirmen sitzen in Kärnten, nämlich GriffnerHaus, MAGE Gehring und Biomasse Energie.
Misst man die Firmenpleiten nach der Zahl der betroffenen Arbeitnehmer, so finden sich unter den Top-10 gleich vier Firmen aus Oberösterreich (LIMAN Reinigungs- und Umweltpflegegesellschaft, Der Bäcker Legat, pabneu skloib und skloib).
Am stärksten von Pleiten betroffen waren das Bauwesen und der Bereich "Verkehr- und Nachrichtenübermittlung“ (Transportwesen) mit 20 bzw. 19 Insolvenzen je 1.000 Branchenunternehmen. In der "Sachgütererzeugung" (Industrieproduktion) gingen die Insolvenzen um über 5 Prozent zurück.
Insgesamt hätten einerseits die Insolvenzen bekannter Unternehmen viel Aufmerksamkeit bekommen. Andererseits gehen die Insolvenzen so stark zurück wie zuletzt vor drei Jahren, betont die Creditreform. Die österreichischen Unternehmen seien im Kern gesund, aber bei gravierenden Fehlern im Management, durch den steigenden Wettbewerbsdruck und bei Vertrauensverlust durch die Banken und Lieferanten könnten selbst ehemalige Branchengrößen zusammenbrechen.
Jede Insolvenz sei daher individuell zu analysieren. Trotz der bereits eingetretenen Folgeinsolvenzen und einer pessimistischen Erwartung der Unternehmen hinsichtlich der Umsatz- und Ertragsentwicklungen rechnet die Creditreform für das laufende Jahr 2013 mit einem weiteren, wenn auch abgeschwächten Rückgang der Insolvenzen.
Neue Kredite sind schwerer zu bekommen: Privatpleiten gehen zurück
Nicht nur die Firmenpleiten sind im ersten Halbjahr 2013 zurückgegangen, sondern auch die Privatinsolvenzen. 5.300 Privatpersonen waren in dem Zeitraum zahlungsunfähig, das ist ein Minus von 3,5 Prozent, erhob Creditreform. Die Anzahl der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren sank um mehr als 5 Prozent auf 4.700. Allerdings stiegen die mangels Vermögen zurückgewiesenen Insolvenzanträge um 12,5 Prozent auf 604.
Für das Gesamtjahr 2013 rechnen die Kreditschützer mit einem Rückgang der Privatpleiten. Grund ist die restriktivere Kreditvergabe von Banken: "Neue Kredite sind schwerer zu erhalten - damit sinkt die Neuverschuldung - und für einen Zahlungsplan benötigt man ein regelmäßiges Einkommen," erläuterte Creditreform in einer Aussendung. Außerdem sei momentan nicht mit einer Entspannung der Lage am Arbeitsmarkt zu rechnen. Ein "großes Fragezeichen" blieben die tatsächlichen Auswirkungen der Großpleiten Alpine und dayli auf den Arbeitsmarkt und die Insolvenzgefährdung. Immerhin seien rund 8.000 Arbeitnehmer betroffen.
Im ersten Halbjahr 2013 betrug die Durchschnittsverschuldung 120.000 Euro, die Gesamtpassiva werden auf über eine halbe Milliarde Euro geschätzt. Hauptursache ist ein leichtfertiger Umgang mit Finanzen - dieser Meinung sind zumindest 88 Prozent der betroffenen Gläubiger. Jeder fünfte Gläubiger ortet eine missbräuchliche Anwendung des Schuldenregulierungsverfahrens zur Entschuldung. "Angesichts der weit über 100.000 überschuldeten Österreicher gelingt es nur einem geringen Teil sich mit Hilfe des Insolvenzrechts seiner finanziellen Vergangenheit zu stellen", so Creditreform-Geschäftsführer Rainer Kubicki.
Schuldenkaiser sind nach wie vor die Wiener, wo sich - trotz Rückgängen - 40 Prozent aller Insolvenzen ereigneten. In der Bundeshauptstadt wurden 16 von 10.000 Erwachsenen zahlungsunfähig, der Österreich-Schnitt lag bei 8 zu 10.000. Die stärksten Rückgänge bei den Privatinsolvenzen gab es in Kärnten (-12,4 Prozent), Oberösterreich (-7,2 Prozent) und Niederösterreich (-3,8 Prozent), die größten Zuwächse in Vorarlberg (+3,9 Prozent) und im Burgenland (+3,1 Prozent).