Trotz Widerstand aus dem EU-Parlament ist das umstrittene Bankdatenabkommen zwischen der EU und den USA vorläufig in Kraft getreten. Damit haben die USA die Möglichkeit, Überweisungsdaten von Europäern auf Anfrage abzufragen. Das Abkommen dürfte aber - wenn überhaupt - nur kurzfristig anwendbar sein. Aus dem meisten Fraktionen des Europaparlaments hieß es, die Abgeordneten würden das Abkommen bei der Abstimmung am 10.2. höchstwahrscheinlich zu Fall bringen.
Der deutsche Grün-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht erklärte, das belgische Unternehmen SWIFT habe angekündigt, bis zur endgültigen Entscheidung im Europaparlament keine europäischen Bankdaten an die US-Regierung übermitteln zu wollen. Der EU-Abgeordnete begrüßte dies.
"Dass die europäischen Regierungen das Abkommen ohne Zustimmung des EU-Parlaments ab heute anwenden wollen, ist ein neuer Affront in der Geschichte dieser unsäglichen Auseinandersetzung", empörte sich Albrecht. Alle demokratischen Kräfte im Europaparlament seien dazu aufgefordert, "den Rat durch eine Ablehnung klar in die Schranken zu weisen".
Auch der Deutschlandfunk meldete unter Berufung auf SWIFT-Unternehmenssprecher Euan Sellar, der Finanzdienstleister wolle trotz des am Montag in Kraft getretenen Bankdatenabkommens vorerst keine Überweisungsdaten aus der EU an die US-Behörden übermitteln.
Man wolle die Entscheidung des Europäischen Parlaments abwarten. Verwirft das EU-Parlament das Interimsabkommen, so kann es nicht weiter angewendet werden. Stimmt das EU-Parlament dem Übergangsabkommen doch zu, würde es bis Ende Oktober gelten. Für die Zeit danach soll unter Mitwirkung des Europaparlaments ein dauerhaftes Abkommen der Europäer mit den USA geschlossen werden.
Das Abkommen erlaubt den USA den Zugriff auf Überweisungsdaten europäischer Privatbürger und Unternehmen, die das belgische Unternehmen SWIFT verwaltet. SWIFT wickelt täglich rund 15 Mio. Transaktionen zwischen mehr als 8.300 Banken weltweit ab.
Die USA nutzen die Daten bereits seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Bis Ende vergangenen Jahres hatten die USA Zugriff auf einen SWIFT-Server in den Vereinigten Staaten. Nach dem nunmehr vorläufig in Kraft getretenen Interimsabkommen müssen sie an Belgien formell eine Anfrage auf Datenabfrage stellen. SWIFT hat in der Zwischenzeit seine Server in die Niederlande und in die Schweiz verlegt.
EVP-Fraktion wird mehrheitlich nicht zustimmen
Am Donnerstag hatten der deutsche CDU-Abgeordnete Werner Langen und der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber erklärt, das EU-Parlament und auch ihre eigene EVP-Fraktion würden dem Abkommen mehrheitlich nicht zustimmen. Kritik an dem Abkommen kam bisher auch aus den Reihen der Sozialdemokraten, der Liberalen, der Grünen sowie von mehreren Fraktionslosen. Am Donnerstag sucht der federführende Innenausschuss des EU-Parlaments eine gemeinsame Linie in dieser Causa.
Kritik an der vorläufigen Anwendbarkeit des Abkommens übte unterdessen auch der EU-Abgeordnete Martin Ehrenhauser von der Liste Hans-Peter Martin. "Mit einem SWIFT sind nun alle Finanzdaten bis 2015 weg", spielte er auf die Möglichkeit an, Daten bis zu 5 Jahre nach deren Eingang zu speichern.
Nach Ansicht von Ehrenhauser könne auch ein mögliches 'Nein' des EU-Parlaments den Datenfluss nicht sofort beenden, da das Abkommen eine dreißigtägige Kündigungsfrist enthält. EU-Diplomaten hielten dem entgegen, die Kündigungsfrist beziehe sich nicht auf die vorläufige Anwendbarkeit, daher könne das Parlament den Datentransfer sofort stoppen.
Aus Österreich meldete sich die Arbeiterkammer (AK) zu Wort. Sie begrüßte die ablehnende Haltung des EU Parlaments und verlangte für die Abstimmung im Februar eine Verhinderung des Swift-Abkommens. "Im jetzigen Übergangsabkommen sind die Datenschutzgarantien zu schwach", erklärte AK-Konsumentenschützerin Daniela Zimmer.