Der Wolfsburger Autokonzern hält 55,9 Prozent der MAN-Stammaktien.
Volkswagen ist mit seinem Übernahmeangebot für den Münchner Lastwagen- und Maschinenbauer MAN erfolgreich: Der Wolfsburger Konzern hält bereits 55,9 Prozent der Stimmrechte und 53,7 Prozent des Grundkapitals an MAN. Das Ende Mai vorgelegte Übernahmeangebot sei bei den MAN-Aktionären auf "positive Resonanz" gestoßen. Mit dem nun erreichten hohen Anteil sei ein "wichtiger Meilenstein" auf dem Weg zum integrierten Nutzfahrzeugkonzern aus VW, MAN und dem schwedischen Lastwagenbauer Scania erreicht.
"Mehr als zufrieden"
Ziel der Wolfsburger war ein Anteil von 35 bis 40 Prozent der Stimmrechte, um in der Hauptversammlung eine Mehrheit zu erhalten. Mit der nun erreichten "stabilen Hauptversammlungsmehrheit" sei VW "mehr als zufrieden", erklärte Vorstandschef Martin Winterkorn.
Volkswagen hatte 95 Euro je MAN-Anteilsschein mit Stimmrecht und 59,90 Euro je Vorzugsaktie geboten, die über kein Stimmrecht verfügt. Noch am vergangenen Montag kritisierte MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen dies als zu niedrig. Das Angebot lief bis Mittwoch.
Noch steht die Zustimmung der Europäischen Kommission zu der Übernahme aus. Wegen Bedenken der Kommission hatte VW bei der Hauptversammlung von MAN am vergangenen Montag überraschend darauf verzichtet, drei VW-Manager für den MAN-Aufsichtsrat zu nominieren.
Mehrheit bei Scania
Beim Lastwagen- und Busbauer Scania hält VW bereits die Mehrheit der Stimmrechte und 45,7 Prozent des Kapitals. VW verspricht sich von einer engen Zusammenarbeit der drei Konzerne substanzielle Einsparmöglichkeiten in Millionenhöhe vor allem beim Einkauf, aber auch bei der Entwicklung und der Produktion. Die Wolfsburger wollen bis 2018 zum größten Autokonzern der Welt aufsteigen.
MAN ist eine weitere Tochter im VW-Imperium, das in den vergangenen Jahren deutlich gewachsen ist. In den Konzern integriert werden soll auch der Sportwagenbauer Porsche, dabei gibt es aber noch zahlreiche Hindernisse.
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Vor fünf Jahren wollte MAN den Konkurrenten Scania schlucken und zum größten europäischen Nutzfahrzeughersteller aufsteigen. Nun sind die Münchner vom Scania-Mutterkonzern Volkswagen selbst übernommen worden und verlieren nach 253 Jahren ihre Unabhängigkeit. VW hält nach Angaben vom Montag knapp 56 Prozent an MAN und will beide Lkw-Hersteller zusammenführen. Eine Übersicht über den Machtkampf der drei Fahrzeugkonzerne:
13. September 2006: MAN - als Unternehmen damals noch unabhängig von Volkswagen - bekundet Interesse an einer Übernahme des Konkurrenten Scania, an dem VW bereits beteiligt ist. Wenig später legen die Münchner ein 9,6 Mrd. Euro schweres Übernahmeangebot vor.
26. September 2006: Scania-Großaktionär Volkswagen, der 34 Prozent dem schwedischen Lkw-Bauer hält, spricht sich gegen die Übernahme aus. Stattdessen schlagen die Wolfsburger ein Dreierbündnis von MAN, Scania und der VW-Nutzfahrzeugsparte vor.
4. Oktober 2006: Volkswagen steigt mit gut 15 Prozent bei MAN ein. Der damalige VW-Chef Bernd Pischetsrieder betont jedoch, VW wolle MAN nicht übernehmen, der Einstieg solle nur eine freundliche Lösung des Konflikts um Scania fördern.
12. Oktober 2006: Trotz des VW-Widerstands stockt MAN sein Offert für Scania auf gut zehn Mrd. Euro auf und wird durch Aktienkäufe drittgrößter Anteilseigner der Schweden.
11. Jänner 2007: Der VW-Aufsichtsrat lehnt das MAN-Angebot für Scania endgültig ab und fordert eine einvernehmliche Lösung.
3. Jänner 2007: MAN zieht sein Offert zurück und kündigt Gespräche über eine Lastwagen-Allianz mit Scania und VW an.
27. Februar 2007: VW stockt seine Beteiligung an MAN auf 29,9 Prozent auf. Eine Woche später erhöhen die Wolfsburger ihren Stimmrechtsanteil an Scania auf 35,3 Prozent.
15. Dezember 2008: VW verkauft sein Geschäft mit schweren Lkw und Bussen in Brasilien für 1,2 Mrd. Euro an MAN.
3. März 2008: VW stockt seinen Anteil an Scania auf 68,8 Prozent der Stimmrechte auf. Die Wolfsburger übernehmen die Beteiligung der schwedischen Großaktionäre um die Industriellenfamilie Wallenberg für knapp 2,9 Mrd. Euro.
1. April 2010: VW-Patriarch Ferdinand Piech macht die Lkw-Allianz zur Chefsache. "Die Kooperation will VW, will auch MAN, will auch Scania. Ich bin überzeugt, wir bringen sie zustande", sagt er auf der MAN-Hauptversammlung.
29. April 2010: Nach langem Schweigen sprechen MAN und Scania wieder über mögliche Kooperationsfelder. Es werde "eine intensivere technische Zusammenarbeit auf Produktebene" geben, sagt MAN-Chef Georg Pachta-Reyhofen.
6. Juli 2010: Der VW-Aufsichtsrat schafft ein neues Vorstandsressort, das MAN und Scania enger verbinden soll, und treibt eine Dreier-Allianz damit weiter voran.
9. Mai 2011: VW stockt seinen Anteil an MAN auf über 30 Prozent auf und kündigt ein Übernahmeangebot für den Konzern an.
30. Mai 2011: VW legt das offizielle Übernahmeangebot vor und bietet 95 je MAN-Stammaktie und 59,90 Euro je Vorzugspapier.
27. Juni 2011: Die EU-Kommission stoppt den Durchmarsch von VW und ermahnt den Konzern, die fusionsrechtliche Genehmigung abzuwarten, bevor die VW-Führung in den MAN-Aufsichtsrat einzieht.
4. Juli 2011: VW kontrolliert nach dem Pflichtangebot 55,9 Prozent an MAN.