Es soll keine Kürzungen bei Gehältern und Pensionen geben.
Die griechische Regierung hat ihre mit Spannung erwartete Reformliste fertiggestellt. Wie der Sprecher der Parlamentsfraktion der regierenden Linkspartei Syriza, Nikos Filis, der Deutschen Presse-Agentur sagte, wollen drei enge Mitarbeiter von Finanzminister Gianis Varoufakis am Freitag nach Brüssel reisen, um die Liste den Experten der Geldgeber zu präsentieren.
Nun müssen die Kontrolleure die Vorhaben prüfen.
Geld geht aus
Athen steht vor einem Liquiditätsproblem. Die Kassen könnten schon Mitte April leer sein. Die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras ließ am Freitag an die Presse durchsickern, sollten ausstehende Hilfen nicht bald an Athen ausgezahlt werden, werde Griechenland seine Verpflichtungen nicht erfüllen können.
"Ja, die Liste ist fertig", sagte Filis. Auf ihr stünden 18 Maßnahmen, die Athen etwa 3,5 Mrd. Euro brächten. Andere Regierungsquellen sprachen von drei Milliarden Euro. Kürzungen von Gehältern und Pensionen stünden nicht auf der Reformliste, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Kreisen, die Ministerpräsident Alexis Tsipras nahe stehen. Griechenland will dieses Jahr demnach einen sogenannten primären Überschuss (ohne Zinszahlungen) in Höhe von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und ein Wachstum von 1,4 Prozent erreichen.
Nur Teile bekannt
Bisher sind nur Teile der Reformliste bekannt. Filis sagte, Athen plane Maßnahmen in Bereichen, die von vorigen Regierungen unangetastet blieben, darunter die Vergabe der TV- und Radio-Frequenzen. Die Rechte waren 1989 vorläufig zugeteilt worden. Ihre Besitzer brauchten keine Nutzungsgebühren zu bezahlen, weil eine endgültige Regelung vorgesehen war. Dazu ist es jedoch seither nicht gekommen. Jährlich seien dem Staat dadurch Einnahmen in Höhe von rund 100 Millionen Euro entgangen, sagte Filis. Die Sender gehören den größten Bauunternehmen des Landes. Auch bereits steuerbegünstigte Reeder mischen bei ihnen mit. Künftig sollen alle Gebühren bezahlen.
Eine weitere Maßnahme ist die elektronische Verbindung der Registrierkassen aller Geschäfte, Restaurants und Bars mit dem Finanzamt. Damit soll eine Hinterziehung der Mehrwertsteuer bekämpft werden, wie Filis sagte. Auch Privatisierungen soll es geben.
Das Büro von Tsipras teilte mit, in Brüssel werde es am Samstag ein Treffen der sogenannten "Brussels Group" geben. Diese besteht aus den Experten der Geldgeber. Entscheidungen werden bei deren Treffen nicht getroffen.
Prüfen
Die Kontrolleure der Europäischen Union, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) sollen prüfen, ob die Reformen Griechenland genug Geld einbringen werden. Die Athener Maßnahmen sollen von den Geldgebern geforderte Lohnkürzungen und Entlassungen im öffentlichen Dienst ersetzen. Nur wenn die Kontrolleure die Maßnahmen als ausreichend bewerten, könnte die Arbeitsgruppe der Eurogruppe zusammenkommen, um die Reformschritte ebenfalls zu bewerten. In Athen hoffte man auf eine alles entscheidende Sitzung der Eurogruppe Mitte kommender Woche.
Sollte es zu keiner Einigung kommen, sieht der deutsche Bundesbank-Präsident Jens Weidmann erhebliche Probleme. "Wenn ein Mitgliedsland der Währungsunion beschließt, dass es Verpflichtungen nicht erfüllt, und die Zahlungen an Anleihegläubiger einstellt, so ist eine ungeordnete Insolvenz in der Tat nicht zu vermeiden", sagte er dem Magazin "Focus". "Die wirtschaftlichen und sozialen Folgen wären für Griechenland gravierend und alles andere als empfehlenswert."
Vom Kapitalmarkt abgeschnitten
Griechenland ist vom Kapitalmarkt abgeschnitten, die Steuereinnahmen brachen zuletzt ein. Banken leiden darunter, dass Kunden ihre Konten leeren. Sie sind auf Notkredite angewiesen, die die EZB regelmäßig neu bewilligen muss.
Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung kam zu dem Schluss, dass die Ausgabenkürzungen der vergangenen Jahre die griechische Wirtschaft haben einbrechen lassen. Ohne diese Einschnitte oder mit einer langgestreckten Konsolidierung ginge es dem Land heute besser, hieß es in einer Untersuchung des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK).