Griechenland ist jetzt im Jammertal
07.05.2010
Ernüchterung in Griechenland am Tag danach: Die Schock-Sparmaßnahmen in Höhe von 30 Mrd. Euro sind jetzt per Gesetz festgezurrt. "Da gibt es kein Entrinnen. Jetzt geht das große Den-Gürtel-Enger-Schnallen los", meint die 64 Jahre alte Rentnerin Eva Papadopoulou zu den drastischen Sparmaßnahmen, die die Regierung in Athen am Donnerstag im Eiltempo durchs Parlament gepaukt hat.
"Für uns Rentner ist das ein Albtraum", sagt die Griechin. Mit ihrem 70 Jahre alten herzkranken Mann lebt sie in einem Arbeiterviertel im Westen der Hauptstadt. Beide zusammen haben eine Rente von monatlich 620 Euro. Die soll jetzt noch schmaler werden.
Renten und Gehälter im Staatsdienst gehen runter, die Steuern rauf. "Die (Parlamentarier) haben es gut", findet eine 25-jährige arbeitslose Frau. Sie hat am Donnerstag mit rund 3.000 anderen Demonstranten vor dem Parlament in Athen gegen die Kürzungen protestiert, die das Land vor der Pleite retten soll. "Sie haben das Land bis an den Abgrund gebracht, kriegen aber ihre Diäten weiter, und wir müssen jetzt das Ganze ausbaden", sagt die junge Frau, die von ihrem Freund mit "durchgeschleppt" wird.
Bei dem Protest kam es am Donnerstagabend zu dreistündigen Krawallen. Steine und Knallkörper flogen auf Polizisten, die Beamten setzten Tränengas und Schlagstöcke ein.
Drinnen fiel zum Abschluss einer zum Teil hitzigen siebenstündigen Debatte die Entscheidung: 172 Abgeordnete stimmten schließlich für das Sparprogramm, 121 dagegen, drei enthielten sich. Außer den regierenden Sozialisten votierten auch die 15 Abgeordneten des ultranationalistischen Orthodoxen Gesamtbewegung (LAOS) dafür.
Die ehemalige griechische Außenministerin und Olympia-2004 Bürgermeisterin von Athen, Dora Bakoyannis, wurde aus der konservativen Partei Nea Dimokratia (ND) ausgeschlossen, nachdem auch sie für das Sparprogramm votiert hatte. Bakogianni erklärte, es gebe Momente im Leben, da müsse man seinem Gewissen folgen. Sie sehe keine andere Wahl, als für das Sparpaket zu stimmen. Dies sei die einzige Alternative zum Bankrott.
Die griechische Presse sah darin erste Anzeichen dafür, dass die Finanzkrise auch zur Änderung der politischen Landschaft in Griechenland führen könnte. "Billigung mit Seiteneffekten", meinte das Boulevardblatt "Ethnos". "Countdown für die Sparmaßnahmen und das politische System", prophezeite die militante linke Zeitung "Avgi".
Auch die Sozialisten ließen Federn. Ministerpräsident Giorgios Papandreou schloss drei Abgeordnete aus der Parlamentsfraktion seiner Panhellenischen Sozialistischen Bewegung (PASOK) aus, weil sie sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten hatten.
"Der Sturm des IWF hat Athen erreicht", meinte die regierungsnahe Zeitung "To Vima" am Freitag mit Blick auf die bittere Medizin, die der Internationale Währungsfonds Griechenland verordnet hat.
Am Freitagnachmittag sollten die drei Opfer der vor zwei Tagen von Randalierern in Brand gesetzten Athener Bank beerdigt werden, darunter eine junge Frau, die im vierten Monate schwanger war. Ihre Familien ließen ausrichteten, sie wollten von den Medien in ihrer Trauer nicht behelligt werden.