In der Griechenland-Krise könnte es bald zum Schwur kommen: Sind die Europäer bereit, dem Defizitsünder finanziell unter die Arme zu greifen, falls sich die Lage zuspitzt? Die Länder der Euro-Zone konnten sich bisher nur zu vagen Zusagen durchringen. Medienberichten zufolge haben sich Deutschland und Frankreich auf eine Beteiligung des IWF an möglichen Hilfen geeinigt.
Auch die Regierung in Athen hat den Gang zum IWF in Washington nicht ausgeschlossen. Was wären die Vor- und die Nachteile, wenn Hilfe von außen käme?
PRO: DER IWF VERFÜGT ÜBER GELD UND ERFAHRUNG
Mit dem IWF steht eine international erfahrene Krisenfeuerwehr bereit, an die sich das Mitgliedsland Griechenland im Notfall wenden kann. Der IWF hat bereits in Ungarn und Lettland gezeigt, dass er mit seiner Expertise überschuldeten EU-Staaten aus der Patsche helfen kann. Im Gegensatz zur Europäischen Union, in der das gegenseitige Eintreten der Mitgliedsstaaten für die Schulden der Partnerländer untersagt ist, hat der IWF eine Lizenz zum Helfen - wenn er denn gerufen wird. Der frühere Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank, Otmar Issing, sieht den Fonds daher als Idealbesetzung für die Rolle des Helfers in der Not.
Auch politische Gründe könnten aus seiner Sicht dafür sprechen, dem IWF das Feld in dieser heiklen Mission zu überlassen: Weder dem deutschen noch dem französischen Steuerzahler dürfte es zu vermitteln sein, dass er die Zeche für die Schuldenmisere der Griechen zahlen müsse, die jahrelang über ihre Verhältnisse gelebt hätten.
Letztlich kann die Regierung in Athen über den IWF wohl auch günstiger an Kredite kommen. Die britische Zeitung "Daily Telegraph" hat unter Berufung auf nicht näher genannte Quellen bereits eine spitze Zahl zu bieten: Die Finanzierung über IWF-Kredite wäre für die Griechen demnach mindestens einen Zins-Prozentpunkt günstiger als bilaterale Hilfen der Europäer. Pro einer Milliarde Euro Kredit würde dies dann immerhin einer Ersparnis von 10 Mio. Euro entsprechen.
CONTRA: IWF-EINGREIFEN WÜRDE EURO-ZONE SCHADEN
Die meisten Regierungen in der Euro-Zone wollten bisher das Griechenland-Problem in der Euro-Familie lösen und den IWF heraushalten. Dahinter steht vor allem die Sorge, dass das Ansehen der Währungsgemeinschaft an den Finanzmärkten dauerhaft Schaden nimmt, wenn sich herausstellt, dass die Euro-Länder ihre Probleme nicht ohne die Hilfe des IWF in den Griff bekommen.
Die Euro-Zone versteht sich darüber hinaus auch als ein Gegengewicht zum Dollarraum. Der IWF hat jedoch den Ruf, er sei US-lastig. Hinter den Kulissen der EU-Regierungen heißt es deshalb, über den IWF hätte man letztlich die USA mit im Boot, die dann indirekt über die Euro-Politik mitentscheiden könnten.
Welche Folgen das haben könnte, sehe man zum Beispiel an der IWF-Haltung zur Inflation, heißt es auch in der deutschen Regierung. IWF-Ökonomen hatten ins Gespräch gebracht, dass die Notenbanken höhere Preissteigerungsraten tolerieren sollten, um in Krisenzeiten größere Spielräume für Zinssenkungen zu haben. Bei den konsequent auf Preisstabilität orientierten EZB-Bankern schrillten sofort die Alarmsirenen: Bundesbankchef Axel Weber lehnte den Vorstoß als "gefährliches Spiel mit dem Feuer" ab.
EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi warnt ausdrücklich davor, den IWF einzuschalten: "Diejenigen, die an ökonomischer und monetärer Stabilität in Europa interessiert sind, sollten sich gegen den Gang zum IWF wehren." Bei einer Beteiligung des IWF würde nach Befürchtung eines EU-Diplomaten zudem die Gefahr bestehen, dass Griechenland letztlich zum Austritt aus der Währungsunion gedrängt würde. Die Abwertung der Währung ist neben der Fiskalpolitik der wichtigste Hebel in IWF-Programmen, um Volkswirtschaften zu sanieren. In der Währungsunion ist das nicht möglich. Es ist deshalb vorstellbar, dass der IWF früher oder später Griechenland das Ausscheiden aus der Euro-Zone empfehlen würde, um die Währung abwerten zu können. Dies wäre ein Horrorszenario für die EZB - und die gesamte Euro-Zone.