Zahlungsunfähig
Trachten-Unternehmen Gössl droht Pleite: "Werden in Insolvenz gezwungen!"
18.11.2024Bank stellte Kredite vorzeitig fällig - Verhandlungen über Verlängerung von Laufzeiten gefordert - Sanierungsexperte ortet Interessenkonflikte bei Banken
Das Salzburger Trachtenunternehmen Gössl kämpft mit der Zahlungsunfähigkeit. Am Montag wurden die Gläubiger informiert, dass aus heutiger Sicht Anfang Dezember ein Insolvenzantrag gestellt werden muss. Wie die Gössl-Geschäftsführung am Montag erklärte, seien dafür nicht unternehmerische Fehler verantwortlich, sondern die Folgen der Corona-Krise und das Vorgehen der Hausbank. Diese habe etwa vorzeitig Kredite fällig gestellt um - so der Vorwurf - die Insolvenz zu erzwingen.
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Corona war "Anfang vom Ende"
Während der Jahresabschluss 2019 noch ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (EGT) von knapp einer halben Mio. Euro und eine Eigenkapitalquote von 44 Prozent ausgewiesen habe, hätten COVID-19 und die Folgen der Lockdowns "den Anfang vom Ende der Liquidität" gebracht. Zwar seien in den Jahren 2020 bis 2022 rund 5,9 Mio. Euro an Hilfsgeldern an die Gössl GmbH geflossen. "Im selben Zeitraum sind aber Lockdown-bedingte Verluste in der Höhe von 9,9 Mio. Euro entstanden", teilte das Unternehmen mit. Man sei auf 40 Prozent der Verluste sitzengeblieben.
COFAG-Zahlungen eineinhalb Jahre verspätet
Auf Anraten der Hausbank habe man zwei Corona-Überbrückungskredite in der Höhe von 2 und 0,5 Mio. Euro aufgenommen, die mit 90 bzw. 100 Prozent Garantien durch die Förderbank des Bundes, das Austria Wirtschaftsservice (aws), abgesichert waren. Als Tilgungsfrist für die Kredite wurde Ende 2024 vereinbart - in der Annahme, dass dem ersten Lockdown keine weiteren folgen. So aber habe man die Raten nicht fristgerecht tätigen können - auch weil die COFAG-Zahlungen erst 2023 mit 1,5 Jahren Verspätung eingelangt seien.
Verhandlungen mit der Bank gescheitert
"Verhandlungen mit der Bank über eine Laufzeitverlängerung oder eine Umschuldung sind gescheitert", sagte heute der Sanierungsexperte Gerald Zmuegg, den sich Gössl zur Unterstützung geholt hat. "Anfang September stellte die Bank dann den Überbrückungskredit und einen weiteren Betriebsmittelkredit in der Höhe von 360.000 Euro ohne Not vorzeitig fällig. Dadurch wurde wichtige Liquidität entzogen." Zugleich habe die Bank liquide Mittel aus dem operativen Geschäft in der Höhe von 400.000 Euro gesperrt. Die Folge: Am 15. November fällige Finanzamtszahlungen hätten nicht getätigt werden können.
Vorwurf: "Insolvenz soll erzwungen werden"
Zmuegg warf den Banken im Zusammenhang mit den Überbrückungskrediten einen Interessenkonflikt vor: "Die Banken können auf die Sicherheit des Staates nur zurückgreifen, wenn das Unternehmen Insolvenz anmeldet." Deutlicher formuliert es die Gössl-Geschäftsführung: "Die vorzeitige Fälligstellung der Kredite und das Sperren unserer liquiden Mittel kann ich nur so interpretieren, dass eine Insolvenz erzwungen werden soll." Dabei hätte die Bank bis Ende Juni 2025 Zeit, die Garantie zu ziehen.
Zmuegg forderte von der Bank heute eine partnerschaftliche Lösung - etwa eine Verlängerung der Kreditlaufzeit - und entsprechenden Druck von der Politik. "Auch eine Verlängerung der Rückzahlungsfrist durch den Gesetzgeber würde helfen." Zugleich wolle er rechtliche Schritte gegen die Bank prüfen.
113 Mitarbeiter zittern jetzt um ihre Jobs
Gössl wurde 1947 gegründet und agiert im qualitativ und preislich oberen Bereich. Gössl beschäftigt aktuell 113 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wird laut Unternehmensführung heuer voraussichtlich 15 Mio. Euro Umsatz machen. "Die Budgetziffern für 2025 bis 2027 zeigen zudem positive Deckungsbeiträge". Die Gössl-Geschäfte bleiben trotz der aktuellen Turbulenzen geöffnet, das Unternehmen soll auch im Falle einer Insolvenz weitergeführt werden.