Pleite unaufhaltsam?
Horrorzahlen: Athen braucht 230 Mrd. Euro
25.04.2010
Auch eine Milliardenhilfe der Euro-Länder könnte die Schuldenkrise Griechenlands möglicherweise nur vorübergehend lösen. Der Finanzbedarf sei mit mehreren hundert Milliarden Euro weit höher als bisher diskutiert, berichtete die "Welt am Sonntag". Allein bis Ende 2015 müsse das Land nach Angaben der griechischen Schuldenagentur 140 Mrd. Euro für 33 fällig werdende Staatsanleihen auftreiben.
Trotz der dramatischen Finanzlage Griechenlands fällt eine Entscheidung über internationale Hilfen wohl erst Mitte Mai. Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel erneuerte am Montag in Berlin ihre Bedingungen für eine Zusage Deutschlands: Nachhaltige, solide und strenge Maßnahmen müsse das Land der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) zusagen. Finanzminister Wolfgang Schäuble erklärte, erst am 19. Mai wolle Griechenland eine neue Staatsanleihe begeben. Zugleich stiegen die Zinsen für das Land fast stündlich weiter.
Die Risikoprämie für zehnjährige griechische Staatsanleihen stieg am Montag auf einen neuen Höchststand. Die Differenz zu den Zinsen auf zehnjährige Bundesanleihen erreichte 6,32 Prozentpunkte. Damit muss Griechenland beinahe 10 Prozent Zinsen anbieten, um noch Geld geliehen zu bekommen, das Dreifache dessen, was Deutschland für seine Staatsanleihen aufwenden muss.
"Deutschland wird helfen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt sind", erklärte Merkel und bat um Geduld: Die Bundesregierung werde eine Entscheidung erst fällen, wenn die Verhandlungen zwischen der Europäischen Kommission, dem Internationalen Währungsfonds und der griechischen Regierung abgeschlossen seien. Das aber werde "noch ein paar Tage dauern".
"Wir brauchen eine positive Entwicklung in Griechenland, verbunden mit weiteren Sparmaßnahmen", sagte die CDU-Vorsitzende nach einem Telefonat mit IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn. Gleichzeitig wies sie eine Debatte über ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone kategorisch zurück. Es gehe jetzt darum, eine schnelle Reaktion zugunsten der Euro-Stabilität als Ganzes herbeizuführen.
Der Wiener Finanzstaatssekretär Andreas Schieder hat nach der Regierungserklärung Berlin ersucht, sich rasch und eindeutig zu den Griechenland-Hilfen zu äußern: "Es ist währungspolitisch dringend notwendig ein klares Signal zu geben", sagte der SP-Staatssekretär, für den das Statement Merkels "interpretationsbedürftige Aussagen" enthält.
Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte nach einem Gespräch mit den Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen, eine Entscheidung müsse spätestens bis zum 19. Mai fallen, weil Griechenland dann eine weitere Anleihe platzieren wolle. Gleichzeitig betonte der CDU-Politiker den Ernst der Lage: "Worüber wir reden, ist das Schicksal Europas als Ganzes."
EU-Finanzkommissar Olli Rehn hatte dagegen angedeutet, das Hilfspaket von Eurogruppe und IWF im Volumen von bis zu 45 Mrd. Euro könne schon bis zum kommenden Freitag auf den Weg gebracht werden. Dagegen sprach sich Außenminister Guido Westerwelle aus. "Die konkreten Pakete mit dem IWF müssen erst mal vereinbart sein, erst dann kann es eine weitergehende Diskussion geben." Es könne nicht sein, dass "der europäische Steuerzahler selbstverständlich für das Fehlverhalten von einzelnen Ländern geradesteht".
Die deutsche Wirtschaft machte sich für die Einsetzung eines EU-Sparkommissars für Griechenland stark, der von der EU eingesetzt werde und die Kontrolle übernehme, wie er "Bild.de" sagte.
Stichwort: Hilfen sind keine Garantie gegen StaatspleitenDas gegen eine Staatspleite kämpfende Griechenland kann auf Hilfen des IWF und der Euro-Länder setzen. Hilfe von Außen ist aber keine Garantie gegen eine Staatspleite. Und nicht alle Länder halten sich an die Auflagen des IWF. Gläubigern drohen enorme Verluste. Es folgen fünf Fragen und Antworten zum Thema: SIND HILFEN DES IWF EINE GARANTIE GEGEN STAATSPLEITEN? Nein, wie das Beispiel Russland zeigt. IWF und Weltbank sagten dem vor dem finanziellen Kollaps stehenden Land 1998 Hilfen von 22,6 Mrd. Dollar zu. Dennoch bediente der Staat ab August 1998 seine Schulden nicht mehr. HALTEN SICH HILFSEMPFÄNGER AN IWF-AUFLAGEN? Nicht immer. Der IWF schnürte 2000/2001 mehrere Hilfspakete für das klamme Argentinien. So erhöhte der IWF die Kreditlinien, organisierte Kreditzusagen der Weltbank, der Entwicklungsbank IADB und der spanischen Regierung, heißt es rückblickend in einer Commerzbank-Studie. Die Regierung aber sparte nicht wie vereinbart, sondern fuhr ihre Ausgaben im Kampf gegen die Wirtschaftskrise sogar hoch. Argentinien verfehlte damit die mit dem IWF vereinbarten Haushaltsziele. Der Fonds setzte deshalb im Dezember 2001 die Zahlungen aus. Am 3. Jänner 2002 konnte Argentinien seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen. WIE HOCH WAREN DIE VERLUSTE DER GLÄUBIGER BEI STAATSPLEITEN? Die Ratingagentur Moody's hat 13 staatliche Zahlungsausfälle zwischen 1998 und 2008 untersucht. Danach mussten die Gläubiger 30 Tage nach dem Zahlungsverzug einen durchschnittlichen Abschlag von rund 50 % hinnehmen. Der Zahlungsausfall schwankte in den einzelnen Ländern allerdings sehr stark. Gläubiger der Dominikanischen Republik kamen mit einem Minus von 5 % sehr glimpflich davon. Für Zeichner russischer Anleihen lag der Verlust mit 82 % um ein Vielfaches höher. WURDEN AUSLÄNDISCHE GLÄUBIGER BENACHTEILIGT? Grundsätzlich werden ausländische Investoren nicht schlechter behandelt als einheimische Gläubiger. Zu diesem Schluss kommt eine IWF-Studie. Allerdings gibt es Ausnahmen: Sowohl die Ukraine als auch Russland räumten den einheimischen Investoren "deutlich bessere Deals" ein. WIE SCHNELL ERHOLEN SICH DIE LÄNDER VON DER STAATSPLEITE? "Sowohl die russische als auch die argentinische Wirtschaft konnten die Krise relativ schnell überwinden, profitierten dabei aber von außergewöhnlich günstigen Rahmenbedingungen", heißt es in der Commerzbank-Studie. In Russland brach die Wirtschaftsleistung im Krisenjahr 1998 um rund 5,5 % ein, ehe sie in den Folgejahren wegen des Rohstoffbooms um durchschnittlich etwa 7 % wuchs. Auch Argentinien erholte sich dank des Rohstoffbooms rasch. "Anleger sollten diese Erfolge daher nicht bedenkenlos auf andere Länder übertragen", warnen die Experten der Commerzbank. |
EU-Kommission sieht keine Gefahr für Euro-Länder[26.4.] Die EU-Kommission hat sich zurückhaltend über die bevorstehende Hilfe für das schwer verschuldete Griechenland gezeigt. Eine Gefahr der Ausbreitung auf andere EU-Länder sehe er nicht, sagte der Sprecher von Wirtschafts- und Währungskommissar Olli Rehn, Amadeu Altafaj Tardio. Eher unwirsch reagierte er auf Fragen des weiteren Vorgehens und der zögerlichen Haltung von EU-Ländern wie Deutschland. Er trete "gegen Spekulationen" ein und werde deshalb dazu "keine Antwort" geben, so Altafaj Tardio. Was den formellen - sprich technischen - Weg für die Aktivierung der Griechenland-Hilfe betrifft, sagte der Sprecher, es gebe dafür keine Frist. Die Hilfe sollte koordiniert und und schnell erfolgen. |
D: Fraktionsspitzen beraten über Griechenland-Hilfe[26.4.] Die Fraktionschefs der im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien wollen heute, Montag, mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) über das weitere Vorgehen in der griechischen Finanzkrise beraten. Dabei geht es um die technischen Voraussetzungen, um kurzfristig den Weg für immer wahrscheinlicher werdende deutsche Finanzhilfen frei zu machen. Die Opposition fordert dafür ein eigenes Gesetz, das von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden muss. Von den rund 30 Mrd. Euro, die die EU-Länder Athen für dieses Jahr zur Abwendung einer Staatspleite in Aussicht gestellt haben, soll Deutschland bis zu 8,4 Mrd. Euro übernehmen. Die deutsche Regierung beabsichtigt, dass die Staatsbank KfW die Gelder dem hoch verschuldeten Land als Kredite zur Verfügung stellt. Dafür will der Bund eine gesetzlich abgesicherte Ausfallbürgerschaft übernehmen. Ob und wann die Zahlungen tatsächlich erfolgen, steht derzeit noch nicht endgültig fest. Mit einer Entscheidung wird frühestens Anfang Mai gerechnet. |
Bundesbank hat Vorbehalte gegen IWF-HilfeDer Deutsche-Bundesbank-Präsident Axel Weber hat Vorbehalte gegen die IWF-Hilfen für Griechenland geäußert. Das Mandat des Internationalen Währungsfonds sei nicht, die internen Haushaltsprobleme eines Staates zu lösen, sagte das EZB-Ratsmitglied der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". "Es ist problematisch, wenn der IWF außerhalb der Finanzierung von Leistungsbilanzdefiziten in Fremdwährungen aktiv wird." Kredite zur Finanzierung staatlicher Schulden in der eigenen Währung wie im Fall Griechenland seien "zumindest eine sehr weite Auslegung der Regeln des Währungsfonds". Deswegen gebe es durchaus berechtigte ökonomische Kritik an den verschiedenen Maßnahmen, die hier auf den Weg gebracht würden. Weber plädierte dafür, die Kernaufgaben des IWF wieder sehr deutlich in den Mittelpunkt zu stellen. "Das sind die Zahlungsbilanzfinanzierung sowie die makroökonomische Überwachung", betonte Weber. Er sprach sich ausdrücklich dagegen aus, dem Fonds eine "allgemeine Versicherungsrolle" aufzuhalsen. Vorschläge wie IWF-Garantien für die Emission öffentlicher Wertpapiere schaffen nach seiner Einschätzung die falschen Anreize und laden zu überhöhten Risiken ein. "Der IWF sollte sich besser darauf konzentrieren, wofür er steht." Auch Finanzminister Wolfgang Schäuble hat am Wochenende in einer Stellungnahme für den Lenkungsausschuss des IWF davor gewarnt, die Aufgaben der Institution zu stark zu erweitern. Der Fonds solle sich aus der Regulierung der Finanzindustrie heraushalten und seine Kontrollmacht nicht bis auf die nationale oder betriebswirtschaftliche Ebene ausdehnen, schrieb Schäuble. Er wandte sich auch dagegen, den Fonds allzu freigiebig mit zusätzlichem Geld für neue Kreditinstrumente auszustatten. |