Wenn die BayernLB mithilfe ihrer Wirtschaftsprüfer reinen Tisch in der Hypo Kärnten macht und alle Leichen aus dem Keller befördert, könnte das den Bedarf an frischem Kapital bei der in Südosteuropa von riesigen Abwertungslasten getroffenen Hypo Group Alpe Adria sogar "in Richtung 2 Mrd. Euro" explodieren lassen, hatten Finanzkreise vor zwei Wochen gemutmaßt.
Es soll jetzt tatsächlich mehr nötig werden als die zuletzt immer genannten eineinhalb Milliarden. Wie die Zeitung "Der Standard" schreibt, dürften die Verluste der Kärntner Hypo Group Alpe Adria eine weit umfangreichere Rettung erforderlich machen als bisher angenommen wurde. Mehrheitseigentümer Bayerische Landesbank (BayernLB) rechne mit einem Kapitalbedarf von 1,8 Mrd. Euro, schreibt das Blatt unter Berufung auf Münchner Kreise.
900 Mio. von der Republik Österreich
Davon - so hieß es weiter - werde die BayernLB die Hälfte aufbringen. Weitere 900 Millionen müsse wohl die Republik Österreich beisteuern. Beim Bund in Wien war am 25. November vorerst unverändert davon die Rede, dass man "Moral Hazard" nicht Vorschub leisten wolle. Gefordert seien jetzt die Bankeigentümer. Hinter den Kulissen werden Optionen zur Ausgestaltung weiterer Staatshilfe geprüft.
In Bayern sorgt die Causa Hypo für große Empörung. Wie der "Standard" unter Bezug auf Politkreise berichtet, soll die Schieflage der Bank der jetzigen Regierung schon länger bekannt sein, der Verwaltungsrat der BayernLB hätte schon längst aktiv hätte werden müssen. Denn bereits zu Jahresanfang habe ein externer Berater der Bank eine Prüfung vorgenommen: Er habe eruiert, welche Entscheidungsgrundlagen die BayernLB für den Hypo-Kauf genommen haben, wie sie die Risiken eingeschätzt und bewertet hätten.
Dringlichkeitsantrag der SPÖ Kärnten
In Kärnten wird die SPÖ bei der am 26. November stattfindenden Landtagssitzung einen Dringlichkeitsantrag einbringen. Tenor: Die Regierung möge ihre Landesholding auffordern, Schadenersatz von den Ex-Hypo-Managern Wolfgang Kulterer, Günter Striedinger und Thomas Morgl zu fordern.
Ebenfalls für 26. November hat die Landesholding einen Sonder-Aufsichtsrat anberaumt. Tagesordnung: der Geschäftsfall Hypo. Die Berichte der Bankenaufseher und ihre Folgenlosigkeit will dem Standard zufolge auch die Kärntner Landesregierung für Klagen nützen. Sie soll Amtshaftungsklagen überlegen - mit der Begründung, dass der Staat und seine Behörden ihre Aufsichtspflichten verletzt hätten.
Würden anders urteilen als 2008
Im Finanzausschuss (Thema: Verlängerung des staatlichen österreichischen Bankenhilfspakets bis 2010) nahm am 25. November die bedrohliche Lage der Hypo Group Alpe Adria breiten Raum der Abgeordneten-Debatten ein. SP-Finanzstaatssekretär Andreas Schieder machte deutlich, dass voriges Jahr am Höhepunkt der Finanzkrise andere Voraussetzungen galten: Was die Unterstützung der Hypo Alpe-Adria Bank angehe, so müsse man bedenken, dass vor einem Jahr ganz andere Rahmenbedingungen herrschten und "man befürchten musste, dass davon ein Dominoeffekt ausgehen hätte können."
"Heute würde man die Situation vermutlich anderes beurteilen", räumte Schieder im Ausschuss laut Parlamentskorrespondenz ein. Eine Destabilisierung der Bank, die als erstes Institut um Staatshilfe angesucht hat, wäre aber ein sehr schlechtes Signal gewesen.
Eigentümer müssen entscheiden
Wie es bei der Kärntner Hypo in Zukunft nun weitergehen solle, müsse ausschließlich von den Eigentümern entschieden werden, unterstrich Schieder. Er denke, dass für eine Lösung der Probleme genügend ökonomische Kraft vorhanden sei. Im Finanzministerium sei jedenfalls noch kein Ersuchen um eine finanzielle Unterstützung eingebracht worden.
Zur Bewertung der Hypo Alpe-Adria durch die Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) wies VP-Staatssekretär Reinhold Lopatka darauf hin, dass sehr wohl Mängel im Risk-Management gesehen worden seien und die Bank beauftragt worden sei, Verbesserungen vorzunehmen. Zum Prüfungszeitpunkt "konnten aber wahrscheinlich die Probleme mit den Kreditgeschäften noch nicht so eingeschätzt werden, wie dies aus heutiger Sicht möglich ist", so der VP-Staatssekretär.
Der österreichische Staat hat der Hypo Group Alpe Adria Ende 2008 Partizipationskapital über 900 Mio. Euro eingeschossen. Nach einem abschreibungsbedingten neuen Milliardenloch in der Bilanz braucht die Bank zur Bilanzierung 2009 neuerlich eine weit mehr als 1 Mrd. Euro schwere Kapitalspritze. Der Bund sieht weiter die Bankeigentümer am Zug. Ohne neuerliche Staatshilfe wird es aber nicht gehen, sagen Finanzkeise. Für sinnvoll hielt Staatssekretär Lopatka das Engagement des Bundes bei der Constantia Privatbank, da sie über ein sehr hohes Depotvolumen verfüge, das nicht so leicht übertragbar sei, wie er im Ausschuss erklärte.
Keine "kollegialen" Prüfungen durch OeNB
OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny hat im Finanzausschuss auch Vorwürfe zurückgewiesen, die Hypo Group Alpe Adria hätte die vorjährige Staatshilfe auf Grundlage einer wohlwollenden und nur oberflächlichen Prüfung durch die OeNB erhalten. Im Ausschuss hat die Opposition die Causa hinterfragt. Zum Thema Hypo Alpe Adria, das von den Abgeordneten Lutz Weinzinger, Werner Königshofer (beide F), Werner Kogler (G), Jakob Auer (V) und Johannes Jarolim (S) angesprochen wurde, stellte Nowotny klar, sämtliche Banken, die einen Antrag auf Gewährung von Partizipationskapital (PS-Kapital) gestellt hatten, seien von der Nationalbank einer Prüfung unterzogen worden.
Von einer "kollegialen", lockeren Prüfung, wie dies vor allem FP-Vertreter behauptet hatten, könne im Fall der Hypo Alpe Adria keine Rede sein, sagte Nowotny. Es habe sich vielmehr um eine Prüfung "lege artis" gehandelt, die "zeitpunktbezogen" gewesen sei und allen internationalen Standards entsprochen hat, betonte Nowotny laut Aussendung der Parlamentskorrespondenz.
Nowotny: Bankenpaket hat gewirkt
Was die Situation der Banken betrifft, teilte Nowotny die Bedenken des Abgeordneten Robert Lugar (B) zur Eigenkapitalausstattung, was die Übernahme von Risiken betrifft. Dieses Problem müsse im Rahmen von "Basel II" behandelt werden. Nowotny unterstrich, dass das Bankenpaket gewirkt habe. So sei es gelungen, gegen die vor allem im Frühjahr international vorherrschende negative Meinung in Bezug auf Österreichs Banken erfolgreich anzukämpfen. Ohne Bankenpaket und Konjunkturpakete hätte es "massive Probleme für Österreichs Wirtschaft und Arbeitsmarkt gegeben". Das Bankenpaket wird heute im Ausschuss bis Ende 2010 verlängert.
Die Aktivitäten österreichischer Banken in Mittel- und Südosteuropa (CESEE) qualifizierte Nowotny in seinem turnusmäßigen Bericht ans Parlament trotz steigender Risikokosten als profitabel. Die diesbezüglichen Auslandsforderungen seien in den ersten beiden Quartalen 2009 bei knapp 190 Mrd. Euro geblieben. Berücksichtige man auch die Banken im Auslandsbesitz, komme man auf ein "österreichisches" CESEE-Exposure per Mitte 2009 von rund 300 Mrd. Euro. Die Banken könnten die höheren Risikokosten aus eigener Kraft tragen.