Hypo-Pressestimmen: "Unnötige Rettung nicht systemrelevanter Bank"

Teilen

Das Debakel bei der Hypo Alpe Adria und die Notverstaatlichung der Tochterbank der BayernLB wird in deutschen und Schweizer Zeitungen am Dienstag ausführlich kommentiert.

Die "Neue Zürcher Zeitung" schreibt unter dem Titel "Unnötige Rettung einer nicht systemrelevanten Bank":

"Die Problematik ist bekannt: Gerät eine als systemrelevant eingestufte Großbank in ernste Schwierigkeiten, bleibt dem Staat aus Furcht vor den unwägbaren Auswirkungen eines Bankrotts kaum etwas anders übrig, als dem in Schieflage geratenen Institut mit Steuergeldern unter die Arme zu greifen ('too big to fail'). Im Verlauf der jüngsten Finanzkrise haben Staaten aus systemischen Überlegungen heraus wiederholt Banken gestützt oder gar vor dem Untergang bewahrt. In der Schweiz steht die Großbank UBS für eine solche staatliche Stützungsaktion.

Aber warum rettet der österreichische Staat die unter keinem Titel systemrelevante Hypo Group Alpe Adria, eine Bank, die in den letzten Jahren vornehmlich durch eine volumenorientierte Kreditpolitik in Ländern wie Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro, Mazedonien oder der Ukraine aufgefallen ist? Welches Gewicht dem kruden Wachstum beigemessen wurde, zeigt allein die rasante Expansion ihrer Bilanzsumme. Summierten sich die Aktiven 1992 auf knapp 2 Mrd. Euro, vervielfachten sie sich bis Mitte des laufenden Jahres auf 42 Mrd. Euro. Es ist nicht einzusehen, warum eine Bank mit einem derart ausgeprägten 'Risikohunger', einmal von der Realität eingeholt, nicht ihre Bilanz deponieren muss - das müssen andere gescheiterte Unternehmen auch.

Österreich ist offenbar anders. Wenn die Gesetze des Marktes ohne wirkliche Not außer Kraft gesetzt werden, ist das im Nachbarland selten ein Unglück. Derselbe Bundeskanzler Werner Faymann, der noch vor Wochenfrist verkündet hat, es gebe kein Staatsgeld ohne ein zukunftsträchtiges Sanierungskonzept, zeigt sich nun davon überzeugt, dass ein grosser Schaden von Österreich und den Österreichern habe abgewendet werden können. Nur: Soll die Hypo Group Alpe Adria von einem verlustträchtigen Kasino in eine rentable Bank umgewandelt werden, bedarf es in jeder Hinsicht eines grossen Ressourceneinsatzes. Davon ist umso eher auszugehen, als die Bank nicht erst an der Finanzkrise, sondern schon früher am eigenen Unvermögen gescheitert ist. ...."

Die "Financial Times Deutschland" kommentiert unter dem Titel "Anfang und Ende mit Schrecken":

"Wer einen Sinn für Zynismus hat, könnte das Engagement der BayernLB bei der Hypo Group Alpe Adria als runde Sache bezeichnen. Jedenfalls zeugt es von einer gewissen Konsequenz, wenn das Österreich-Abenteuer der Bayern so endet, wie es 2007 begonnen hat: im Desaster. Schon der Einstieg der Landesbank bei dem Kärntner Institut erfolgte unter dubiosen Umständen, für die sich auch die Staatsanwaltschaft interessiert. Beim Ausstieg jetzt hat sich Bayerns Regierung als Eigentümerin der Bank auf einen Deal eingelassen, der den Steuerzahler unnötig teuer zu stehen kommt - obwohl die Bayern gegenüber dem österreichischen Staat in der weitaus besseren Verhandlungsposition waren. Die Regierung in Wien hätte es kaum zulassen können, dass eine Insolvenz der sechstgrößten Bank das Land in schwere Turbulenzen bringt.

... Der Fall BayernLB ist der klarste Beleg, was dabei herauskommt, wenn eine Bank ohne tragfähiges Geschäftsmodell in ihrer Verzweiflung auf Expansion setzt und die Risiken nicht überschauen kann. Damit steht die Bank keineswegs allein da. Auch andere Landesbanken flüchteten in riskante Deals, weil sich ihre ursprünglichen Geschäftsmodelle überholt hatten, sich die Landespolitiker aber viel zu sehr in der Rolle von Großbankern gefielen, um loszulassen. Immerhin dies ist eine positive Folge des Rückzugs aus Osteuropa: Die BayernLB wird schrumpfen. Je kleiner sie wird, desto besser."

Das "Handelsblatt" kommentiert "Nichts als Verlierer im Alpen-Poker":

"Für die bayerische Staatsregierung ist es ein Fiasko. Das Osteuropa-Abenteuer mit der Übernahme der Hypo Group Alpe Adria hat die staatliche BayernLB insgesamt mindestens 3,7 Mrd. Euro gekostet. Im Verwaltungsrat der Bank aber saßen die Großkopferten der CSU beisammen.

Dies stellt der Regierungspartei CSU und ihrem finanz- und wirtschaftspolitischen Sachverstand ein schlechtes Zeugnis aus, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat es offen eingeräumt. Zwar sind manche von denen, welche die riskante Übernahme seinerzeit kritiklos abnickten, inzwischen nicht mehr im Amt. Andere aber, wie Landtagsfraktionschef Georg Schmid und Wirtschaftsexperte Erwin Huber, sind noch aktiv. Sie ließen sich von Übernahmeeuphorie und Größenwahn der BayernLB-Spitze mitreißen. Wieder einmal zeigt sich, dass der Staat nicht besser wirtschaftet. Auch BayernLB-Chef Michael Kemmer, den Seehofer nach der staatlichen Zehn-Milliarden-Euro-Spritze für die BayernLB im vergangenen Jahr im Amt beließ, trug die Übernahme als Finanzvorstand mit. Sein Rücktritt ist daher nur konsequent.

Es macht die Sache nicht viel besser, dass der BayernLB die Flucht durch die Hintertür gelang. Auf Druck Seehofers stiehlt sich der Eigentümer bei der HGAA aus der Verantwortung und bürdet dem Staat Österreich die Risiken auf. Möglich ist das nur, weil die HGAA für die Alpenrepublik systemrelevant ist. Eine Pleite der Bank hätte unabsehbare Folgen für die Finanzmärkte in Österreich und Osteuropa. Die Bayern agieren nach dem Sankt-Florians-Prinzip: "Verschon mein Haus, zünd andere an."

Die "taz" schreibt unter dem Titel "Stoibers Erbe":

"So erbärmlich wie die CSU sah schon lange keine Partei mehr aus. Nach der knappen Rettung der österreichischen Desasterbank Hypo Group Alpe Adria steht fest: Die Bayerische Landesbank hat mit ihrem Balkanabenteuer 3,75 Milliarden Euro verbrannt. Das geschah mit Genehmigung prominenter CSU-Politiker im BayernLB-Verwaltungsrat, wurde verschleiert von einem nur zögerlich aufklärenden CSU-Finanzminister und bezahlt von den bayerischen Steuerzahlern. Während sich Horst Seehofer als aktueller CSU-Chef und Ministerpräsident für das Debakel verantworten muss, schweigt der eigentliche Verantwortliche. ...

Ein wichtiger Teil von Stoibers Strategie war die Landesbank. Die war zwar eigentlich dafür da, Bayerns kleine mittelständische Firmen mit Krediten zu versorgen, doch unter Stoiber investierte sie in windigste Geschäfte rund um den Globus. Die halbstaatliche BayernLB sollte satte Gewinne abwerfen. Das überzogene Risiko nahmen Stoibers Vertreter im Verwaltungsrat der Bank lässig in Kauf.
Bayerns nach außen so vorbildliche Haushalts- und Wirtschaftspolitik war in Wirklichkeit nur wenig verantwortungsvoll. Sie beruhte auf dem eiligen Verramschen von Staatseigentum und dreister Zockerei. Heute sind die Reserven des Freistaats praktisch komplett aufgebraucht, verbrannt für die Rettung der Landesbank. Das aktuelle Balkandesaster zeigt: Schuld daran ist nicht die weltweite Finanzkrise. Sie ist das Erbe von Edmund Stoiber."

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten