USA-Beben
IHS-Chef Bonin warnt vor Handelskrieg mit USA
06.11.2024Fiskalratspräsident Badelt befürchtet, dass Trumps Handelspolitik zu einem Zusammenbruch der WTO führen könnte - IV-Generalsekretär Neumayer: Schutzzölle würden Exporte sinken lassen
IHS-Direktor Holger Bonin geht davon aus, dass der Republikaner Donald Trump im Fall seines absehbaren Wahlsieges die von ihm angekündigten Steuersenkungen für Unternehmen umsetzen wird. "Es wird auch Deregulierungen geben, die den großen Konzernen und insbesondere auch den Digitalkonzernen helfen könnten", sagte Bonin am Mittwoch beim "Election Breakfast" der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft. Gleichzeitig warnte Bonin vor einem drohenden Handelskrieg mit den USA.
"Ich meine, er hat mit Elon Musk einen Player an der Seite, der da sicherlich großen Einfluss ausüben wird und der das auch mit Eigeninteresse natürlich tut", sagte Bonin. "Wir werden da einen sehr wirtschaftsfreundlichen Kurs sehen, der insbesondere eben den großen Kapitalgesellschaften zugute kommt." Ob das auch der amerikanischen Bevölkerung Vorteile bringen werde, sei unklar. Im Bereich der Sozialpolitik oder der Frage des leistbaren Wohnraums würden die Steuersenkungen nicht unmittelbar durchschlagen, so der Wirtschaftsforscher. Auch Veränderungen in der Handelspolitik könnten negativ auf die US-amerikanische Binnenwirtschaft durchschlagen.
Trumps simple Botschaften, die US-Industrie vor ausländischer Konkurrenz und vor illegaler Einwanderung zu schützen, hätten bei den Wählern offenbar verfangen, sagte Bonin. Aber eine Abschottung vor der Migration hätte für den amerikanischen Arbeitsmarkt negative Auswirkungen, glaubt der Ökonom. "Also man schießt sich letztlich selber ins Knie, und trotzdem haben die Bürgerinnen und Bürger dafür gestimmt."
"Chilling Effekt"
GPA-Vorsitzende Barbara Teiber zeigt sich skeptisch, ob Trumps Politik den Bürgern helfen wird. Ihr mache Angst, dass Trump "von gewerkschaftsfeindlichen und arbeitnehmerfeindlichen Multimillionären" wie Elon Musk, Peter Thiel und Jeff Bezos unterstützt worden sei.
Markus Beyrer, Generaldirektor von Business Europe, verwies auf Studien, wonach die von Trump angekündigten Zölle auf europäische und chinesische Produkte einen "chilling Effekt" auf die europäische, aber auch auf die amerikanische Wirtschaft hätten. Sie würden zu einer Reduktion des Wirtschaftswachstums und der Beschäftigung führen, so Beyrer. "Die amerikanische und die europäische Wirtschaft, also die transatlantische Wirtschaft, das ist die verflochtenste auf der ganzen Welt. Da sind 16 Millionen Jobs, die davon direkt abhängen. Da gibt es berechtigte Interessen auf beiden Seiten, dass das nicht zu sehr durcheinandergeschüttelt wird."
Das macht auch IHS-Chef Bonin Sorgen. Ein Handelskrieg mit den USA wäre schlecht für die Europäer, "aber noch schlechter ist, wenn die multilaterale Handelsordnung zusammenbricht, wenn die WTO zusammenbricht", warnte er.
Weniger Exporte
Der Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Christoph Neumayer, rechnet mit sinkenden Exportmengen in die USA, wenn dort tatsächlich wie angekündigt Importzölle für europäische Produkte eingeführt werden. "Wir sind im dritten Rezessionsjahr der Industrie. Die österreichische Industrie ist eine Exportindustrie, und das hätte naturgemäß negative Auswirkungen, das muss uns allen bewusst sein", sagte Neumayer. Insbesondere die Autozulieferindustrie stehe unter Druck, und die USA würden schon seit längerem das Ziel verfolgen, dass dort produziert werde. Einige europäische und deutsche Hersteller hätten darauf aber bereits reagiert und Werke in den USA errichtet, daher könnten die Auswirkungen nun weniger stark sein als befürchtet. Sorgen machen sollte man sich aber um die Umwelttechnologien, so Neumayer.
Der langjährige Wifo-Chef und jetzige Fiskalratspräsident Christoph Badelt hält die mittelfristige Entwicklung für überhaupt nicht prognostizierbar. "Denn Trump will ja jetzt nicht nur einfach Zölle einheben gegenüber den Europäern, sondern Trump will ja überhaupt das Land wirtschaftlich viel stärker autark machen und wird sicher auch einen viel stärkeren Handelskrieg gegen China führen." Darauf werde China reagieren und stärker nach Europa gehen. Auch Badelt befürchtet, dass Trumps Handelspolitik zu einem Zusammenbruch der WTO führen könnte, "dann herrscht irgendwann einmal der Wilde Westen".