Prozess
Immofinanz: Aktiendeals vor allen versteckt
24.01.2013
Richterin prangert Scheinrechnungen und Millionengewinne an.
Am heutigen dritten Tag im Immofinanz-Strafprozess wurden die Angeklagten Karl Petrikovics und Helmut Schwager bei der Befragung durch Richterin Claudia Moravec-Loidolt zu den lukrativen Aktiendeals in die Zange genommen und kamen dabei ordentlich ins Schwimmen. So versuchte Ex-Bankchef Petrikovics die absolute Geheimhaltung der lukrativen Aktienoptionsgeschäfte mit "Neid" im Unternehmen zu begründen, Ex-Aufsichtratsvize Schwager verteidigte die Scheinrechnungen als übliche Praxis in großen Unternehmen. Staatsanwalt Volkert Sackmann pochte darauf, dass die beiden durch die geheimen Deals Millionengewinne ohne irgendeinen eigenen Kapitaleinsatz lukrierten. Die Richterin zeigte sich über viele Antworten der Angeklagten sichtlich erschüttert.
Bei einer stundenlangen Befragung versuchte Petrikovics seine für ihn äußerst einträglichen geheimen Aktienoptionsgeschäfte als völlig normal darzustellen. Die Richterin reagierte fassungslos: "Haben Sie gar kein Unrechtsbewusstsein?" Petrikovics bezeichnete die Scheinrechnungen, über die insgesamt 756.000 Euro an ihn, Schwager und den mitangeklagten Ex-Vorstand Norbert Gertner, als völlig legitim, denn "der Anspruch war ja gegeben", behauptete er. Er hätte das Recht auf den Kauf von Immoeast-Aktien eingeräumt bekommen, die Aktien aber nicht tatsächlich gekauft sondern nur gezeichnet. Dadurch habe er eine Option erworben, dann wäre er bei Kapitalerhöhungen immer wieder "mitgezogen" und habe so Anspruch auf Gewinne gehabt, meinte Petrikovics.
Durch diese vor Aufsichtsrat und Mitarbeitern geheimgehaltenen Geschäfte haben Petrikovics, Schwager und Gertner bei Immoeast- und Immofinanz-Aktien mehrmals hohe Gewinne lukriert - ohne irgendwie eigenes Kapital einzusetzen. Die Anklage wirft ihnen Untreue gegenüber diverser Unternehmen mit einem Gesamtschaden von 32 Mio. Euro sowie die "Bildung einer kriminellen Vereinigung" vor. Während Petrikovics sein Vorgehen als "Entgegenkommen" gegenüber der CPB rechtfertigt und die Optionen und Finanzierungen der Deals als legitime Geschäfte darstellte, brachte der Staatsanwalt seine Vorwürfe auf den Punkt: "Sie haben damit in elf Monaten 21 Mio. Euro verdient - ohne Kapitaleinsatz, ohne Risiko".
Nachdem Petrikovics gestern noch souverän gewirkt hatte, kam er heute bei vielen Fragen ins Schwimmen. So wurde er von der Richterin mit Aussagen von Zeugen im Ermittlungsverfahren konfrontiert. Ein CPB-Aufsichtsrat, der auf Geschäfte des Treuhänders Ernst Hable aufmerksam wurde, habe Petrikovics direkt danach gefragt. Statt zuzugeben, dass Hable diese Geschäfte als Treuhänder in Wahrheit für ihn selber machte, habe er gesagt, Hable sei ein guter Kunde. Petrikovics meinte, er sei davon ausgegangen dass die Eigentümerfamilie ohnehin von Schwager informiert worden sei. Außerdem sei ja eigentlich kein Schaden für das Unternehmen entstanden.
"Wenn man an einem steigenden Aktienkurs teilnimmt, nimmt man niemandem etwas weg", versuchte sich Schwager zu rechtfertigen. Er habe es für völlig gerechtfertigt gehalten, dass er Millionen erhielt, ohne einen einzigen Euro eigenes Kapital einzusetzen. Schließlich habe er "das Risiko" getragen. Laut Anklage profitierte Schwager von den Geschäften mit insgesamt 7,6 Mio. Euro.
Eine Scheinrechnung, über die er 250.000 Euro erhielt, beschreibe das Geld als Provision für eine nie erbrachte Leistung, denn in Wahrheit wurde so ein Teil des Kursgewinns überwiesen, räumte er offen ein. Das sei aber in großen Unternehmen so üblich, dass Rechnungen nichts mit dem wahren Inhalt der Ansprüche zu tun hätten. Richterin Moravec-Loidolt war erschüttert über das von Petrikovics und Schwager dargestellte "Geschäftsmodell" innerhalb des Immofinanz-Konzerns: "Ich zeichne eine Aktie, zahl keinen Groschen dafür, und streife dann den Gewinn ein? Wenn das alle Aktionäre so gemacht hätten, würden hier nicht so viele Opfer sitzen", meinte sie mit Blick auf geschädigte Aktionäre.
"In allen Unternehmen in Österreich werden Verrechnungen so gemacht, das hat meist steuerliche Gründe, dass man Rechnungen anders formuliert und schreibt", meinte Schwager. "Wenn man nur mit dem Aktiengesetz und Bankwesengesetz herumgeht, dann werden Sie keine Gewinne machen, die Praxis und das Leben sind anders als sich das Rechtsprofessoren vorstellen". Die Geheimhaltung seiner Geschäfte - über seine Frau und zwei Mitarbeiter, schließlich übernahm der mitangeklagte Treuhänder Ernst Hable - verteidigte Schwager mit "Neid" im Unternehmen und in der Öffentlichkeit.
Als Grund für seinen Erfolg in der Turnauer-Gruppe nannte Schwager, dass er immer so "verschwiegen" gewesen sei. "Ich war gewohnt, dass man bei Turnauer in der Constantia-Gruppe vieles nicht nach außen trägt", meinte er. "Es geht ja niemanden etwas an, wenn man Aktien kauft". Schließlich habe er ja Aktien der Immofinanz/Immoeast gekauft, und nicht von der Constantia Privatbank, wo er selber im Aufsichtsrat saß. Die CPB hatte allerdings einen Managementvertrag für die Immofinanz und die Immoeast, Vorstandschef war in allen drei Unternehmen Petrikovics. Dass Schwager letztlich nach Aufkommen des "geheimen Geschäftsmodells" einen Teil seiner Gewinne, rund 2,5 Mio. Euro an die CPB zurückzahlte, sieht er nicht als Schuldeingeständnis.
Der Prozess geht morgen Freitag am Wiener Straflandesgericht um 9 Uhr mit der Befragung der Beschuldigten Schwager und Christian Thornton weiter.