IV-Präsident Veit Sorger hat mit RHI-Chef Thomas Fahnemann und Semperit-Boss Rainer Zellner zur Pressekonferenz geladen und will klarstellen: "Die Gruppenbesteuerung ist ein entscheidender Standortvorteil für Österreich, sie ist massiv standortrelevant." Gerade ein kleines Land müsse in Steuerfragen "besser und intelligenter sein als andere." Jeder dritte Beschäftigte in Österreich arbeitet in einem Betrieb, der von der Gruppenbesteuerung profitiere, allein in Wien seien dies fast 700.000 Beschäftigte.
Für RHI-Chef Fahnemann ist die Gruppenbesteuerung "ein geeignetes steuerpolitisches Instrument ist, um den Standort Österreich weiter zu stärken. Das Konzept funktioniert!" Semperit-Chef Zellner sagte, "dass gerade in Zeiten globaler Krisen jene Staaten, die rasch und unmittelbar die Liquidität der lokalen Unternehmen fördern, einen Standortvorteil schaffen".
Sorger betonte, "die österreichische Gruppenbesteuerung stellt kein
Steuergeschenk dar, sondern lediglich einen Steuerkredit. Es ist aus
mehreren Gründen ein sachgerechtes Modell":
- Verluste
ausländischer Töchter werden zeitnah im Inland steuerwirksam.
-
Die Berechnung der Verluste erfolgt nach österreichischem Steuerrecht, man
ist daher nicht dem ausländischen Recht "ausgeliefert".
-
Die Berücksichtigung von Auslandsverlusten stellt keine endgültige
Entlastung im Inland und damit keinen endgültigen Steuerausfall dar, da es
bei der inländischen Mutter zu einer Nachversteuerung kommt, wenn in der
ausländischen Tochter Gewinne anfallen. Es handelt sich daher nur um einen
vorübergehenden Steuerkredit.
- Nur wenn der Verlust im
Ausland endgültig ist - etwa im eher seltenen Fall der Insolvenz einer
ausländischen Tochter - kommt es auch in Österreich zu einer endgültigen
Entlastung. Dies entspricht der Rechtssprechung des EuGH.
- Die
Steuerstundung hält sich nach der jüngsten Körperschaftsteuerstatistik, die
für 2005 erstmals die Gruppenbesteuerung mitberücksichtigt, in Grenzen.
Danach werden für 142 Fälle Auslandsverluste in Höhe von 242 Mio. Euro
ausgewiesen. Dies bedeutet bei einem Steuersatz von 25 % einen Steuerausfall
von 60 Mio. Euro weltweit.
"Selbst die gegenwärtige scharfe Krise unterstreicht die Bedeutung einer forcierten Diversifikation der österreichischen Exporte in schnell wachsende Länder, um von deren Wachstumsdynamik zu profitieren und unsere Abhängigkeit von klassischen Exportmärkten wie Deutschland, Italien und den USA zu verringern. Bei der Notwendigkeit, uns mit den schnell wachsenden Ländern handelsmäßig stärker zu verflechten, ist das Instrument der Gruppenbesteuerung von hoher Bedeutung - denn verstärkte Engagements in Entwicklungs- und Schwellenländern sind auch mit höheren wirtschaftlichen Risken verbunden. Da ist es nur fair, wenn dadurch anfallende Anfangsverluste auch steuerliche Berücksichtigung finden", so der IV-Präsident.
Zudem sei das Körperschaftsteueraufkommen nach Einführung der Gruppenbesteuerung in den Folgejahren bis zur Krise weiter angestiegen. Die Gruppenbesteuerung sei daher "ein standortpolitisch zentrales Thema, mit dem sensibel umzugehen ist" und das insbesondere derzeit im Kontext der schlimmste Rezession der 2. Republik sowie der von der Bundesregierung offensichtlich geplanten Belastungsmaßnahmen zu sehen sei.
"Es wird Industriebranchen geben, die nie mehr die Stärke vor der Krise erreichen werden, viele Branchen werden dafür noch Jahre brauchen." Daher sei es für Standort und Beschäftigung "falsch und inakzeptabel", die Industrie, die sich auch als große Verliererin der Krise verantwortungsbewusst gezeigt habe, noch weiter zu belasten.
Zu allfälligen Ideen über Unternehmenssteuern, vermögensbezogenen Steuern oder Verschlechterungen im Stiftungsteuersystem sagte Sorger in diesem Zusammenhang, "die allfälligen Einnahmen aus diesen Titeln stehen in keinem Verhältnis zu dem Schaden, der damit dem Standort Österreich und den Arbeitsplätzen zugefügt wird.
Auch die ständigen Rufe vor allem von ÖGB und AK nach neuen Steuern und der Wiedereinführung von mit gutem Grund abgeschafften oder reduzierten Belastungen sind eine Gefährdung für den Standort und damit Arbeitsplätze - es ist der klar falsche Weg. Ich darf darauf hinweisen: Allein das KöSt-Aufkommen hat sich bekanntlich zwischen 1988 und 2008 versiebenfacht."
Leitbetriebe und internationale Unternehmenszentralen Nukleus hochwertiger Beschäftigung und Forschung
Man könne sich trotz der Faktenlage leider des Eindrucks nicht erwehren, "dass von mancher Seite primär Gedanken geäußert werden, wie man der Qualität des Standorts den größten Schaden zufügt", sagte Sorger. Standortschädliche Maßnahmen wirkten besonders nachhaltig negativ bei Konzernzentralen und vor allem internationalen Leitbetrieben, die überdies von der Krise noch stärker als befürchtet betroffen seien.
"Diese Betriebe sind die Kernsubstanz der österreichischen Volkswirtschaft. Aus den vielen Studien, die IV und IWI in den vergangenen Jahren durchgeführt haben, wissen wir um die enorme Bedeutung dieser Schlüsselunternehmen am heimischen Standort. Wir dürfen sie nicht vertreiben, denn insgesamt 122.000 KMU-Zulieferfirmen leben und agieren in einer Schicksalsgemeinschaft mit 150 Leitbetrieben. Diese Unternehmen stehen damit für insgesamt knapp 540.000 Beschäftigungsverhältnisse in Österreich", unterstrich der IV-Präsident.
Durch Leitbetriebe werde in der heimischen Volkswirtschaft durchschnittlich 2- bis 3-mal mehr an Produktion, Wertschöpfung und Arbeitsplätzen geschaffen und gesichert, als direkt in den Leitbetrieben selbst entstünden. Gleichzeitig werde von Seiten der Firmen alles unternommen, um die Auswirkungen der Krise vor allem auf die Belegschaft so gering wie möglich zu halten.
Allein Diskussion um Gruppenbesteuerung schadet Standort Österreich
Der IV-Präsident betonte, "wir stehen zur Entrichtung von Steuern ebenso wie zu den Sozialleistungen des Staates. Wir verwehren uns aber nachdrücklich gegen die Propaganda jener, die sich jetzt verweigern, an der Budgetkonsolidierung mitzuarbeiten. Das bringt uns und den Industrie- und Arbeitsstandort Österreich nicht weiter."
Die Linie der Industrie sei klar: "Wir müssen Österreich durch Strukturreformen zukunftsfähig gestalten. Setzen wir aber stattdessen auf ein Sammelsurium populistischer Einzelmaßnahmen, dann ist der Wohlstandsverlust für dieses Land und seine Menschen vorprogrammiert", so Sorger.
AK: "Ungerechtfertigtes Steuerprivileg"Als Replik auf die IV-Aussagen hat die Arbeiterkammer erneut die Abschaffung der Gruppenbesteuerung gefordert. "Auch die Konzerne und Banken müssen ihren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten", so AK-Direktor Werner Muhm. Arbeitnehmer dürften nicht einseitig belastet werden. Die fiskalische Begünstigung, die pro Jahr einen Steuerausfall von 150 Mio. Euro erzeuge, sei ein "Steuergeschenk für einige wenige, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist". Beschäftigungspolitisch bringe das "ungerechtfertigte Steuerprivileg" nichts, "eine Auswirkung auf die Attraktivität als Wirtschaftsstandort ist weder nachweisbar noch gegeben." Auch negative Folgen auf Wachstum gebe es nicht, meint Muhm. |