Wo sich ehemalige österreichische Regierungschefs wirtschaftlich engagieren.
Es gibt ein Leben nach der Politik – und das erweist sich für einige österreichische Ex-Kanzler als wesentlich lukrativer als die Regierungsgeschäfte. Alfred Gusenbauer, Sebastian Kurz, Christian Kern, Werner Faymann – in ihren neuen Tätigkeiten mischen sie im heimischen und internationalen Business kräftig mit.
Alfred Gusenbauer: Handschuhe & Lachse
Weit verzweigt. Alfred Gusenbauer ist nach seiner Zeit als aktiver SPÖ-Politiker (Kanzler war er von 2007 bis 2008) nachgerade zum Kapitalisten mutiert. Sein Umstieg in die Wirtschaft hat ihm Millionen gebracht – die er fleißig investiert. Jüngster Streich: Soeben stieg der 62-Jährige mit seiner "Gusenbauer Projektentwicklung &Beteiligung GmbH" beim Wiener Handschuh-Start-up ElephantSkin ein. Die von Ex-Fußballer Raphael Reifeltshammer gegründete Firma bietet eine nachhaltige Alternative zu Einweg-Plastikhandschuhen. Feinschmecker Gusenbauer investiert aber auch in Lachse: Er hält etwas über 7,5 % an der Burgenlachs GmbH, die in Ostösterreich eine Lachszucht aufziehen will; die ersten Fische sollen 2025 verkauft werden.
Größere Fische sind Gusenbauers Immobilien-Investments. Und bei René Benkos Signa sitzt er nicht nur in Aufsichtsräten mehrerer Gesellschaften, er hält auch eine kleine Beteiligung. Neben weiteren Funktionen ist Gusenbauer Aufsichtsratschef der Strabag. Und das Netz seiner Berater-Tätigkeiten spannt sich von Kasachstan bis Chile.
Sebastian Kurz: Tech-Start-ups & Silicon Valley
Schnell. Die einstige türkise Lichtgestalt hat nach dem Polit-Aus einen Schnellstart im Tech-Business hingelegt. Sebastian Kurz trat im Oktober 2021 als ÖVP-Kanzler ab, wenig später war er schon wieder voll im Geschäft. Er heuerte im Silicon Valley in den USA bei Tech-Milliardär und Trump-Unterstützer Peter Thiel als "Global Strategist" an. Der 36-jährige Jungvater gründete zudem eine eigene Firma, die SK Management GmbH, darüber hinaus gemeinsam mit dem österreichischen Investor Alexander Schütz die AS2 K Beteiligungs GmbH für Start-up-Investments. Kurz' erste Beteiligungen waren die Gesundheits-Start-ups SkinScreener (medaia GmbH) und HeldYn, eine Art Suchmaschine für Pflegekräfte. Mit dem Israeli Shalev Hulio (Entwickler der Spionage-Software Pegasus) gründete Kurz vor Kurzem das Cybersicherheits-Unternehmen Dream Security.
Christian Kern: Neuer Job bei Eisenbahn-Firma
Back to the roots. In die Politik war SPÖ-Kurzzeitkanzler (Mai 2016 bis Dezember 2017) Christian Kern ein Quereinsteiger - er kam aus dem Chef-Cockpit der ÖBB. Nun kehrte er, nach einem Zwischenspiel als Tech-Unternehmer - vor Kurzem ins Eisenbahn-Business zurück: als Chef der European Locomotive Group (ELL) mit Sitz in Wien und München. Das Unternehmen vermietet Lokomotiven für länderübergreifende Routen im Personen-und Güterverkehr in Europa. Der Bestand umfasst 170 Siemens-Vectron-Lokomotiven, für diese hat ELL Zulassungen in 16 Ländern. Mit Antritt der neuen Tätigkeit schied Kern als Gesellschafter von Blue Minds aus. In dieses Unternehmen seiner inzwischen Ex-Frau Eveline Steinberger war Kern Ende 2018 mit 50 %eingestiegen und hatte das Beteiligungs-Portfolio im Technologie-und Energiesektor stetig ausgebaut.
Werner Faymann: Dick im Immobilien-Geschäft
Unternehmer. Der Langzeit-SPÖ-Kanzler (2008 bis 2016) startete nach der Politik eine Karriere als Berater und Unternehmer. Mit seinem Ex-Pressesprecher Matthias Euler-Rolle gründete Werner Faymann 2016 die "4Pro Projektmanagement-und KommunikationsgmbH", deren Schwerpunkt auf der Entwicklung von Immo-Projekten liegt. Heuer im August gründete der 62-Jährige noch eine Firma: die FMW Beratungsund Beteiligungs GmbH.