Nachbar in Krise

4 traurige Fakten zur deutschen Wirtschaft - darum droht Krise

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Österreichs wichtigster Exportpartner leidet. Vier Punkte belasten die deutsche Wirtschaft besonders. oe24 bringt die Übersicht.

Die deutsche Wirtschaft bleibt im Krisenmodus: 2024 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 Prozent und damit das zweite Jahr in Folge. Für 2025 halten viele Experten bestenfalls ein leichtes Wachstum für möglich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft heuer so langsam wachsen wird wie keine andere Industrienation. Das sind die Gründe für die schwachen Konjunkturaussichten:

1) Zoll-Hammer

Export-Europameister Deutschland ist wie kaum ein anderes Land auf einen freien Welthandel angewiesen. Doch ausgerechnet beim wichtigsten Kunden USA drohen neue Hemmnisse: Der künftige US-Präsident Donald Trump hat im Wahlkampf hohe Zölle auf Waren aus der Europäischen Union signalisiert. Kommen sie, würden Waren "Made in Germany" in den USA teurer und wären damit weniger wettbewerbsfähig. "Die nächsten Monate mit erwartbaren zusätzlichen Zöllen können für die deutsche Exportwirtschaft noch sehr unangenehm werden", warnt deshalb der Chefanalyst der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier. Dazu kommt, dass die deutschen Warenexporte nach China gefallen sind - auch weil aus der Volksrepublik immer mehr Konkurrenz für die deutschen Hersteller kommt, etwa für die Autobauer.

"Während sich die Volkswirtschaften weltweit allmählich erholen und die Nachfrage anzieht, profitiert die exportorientierte deutsche Industrie davon nur wenig", sagt der Konjunkturchef des Ifo-Instituts, Timo Wollmershäuser. "Vielmehr entkoppelt sich der deutsche Warenexport zunehmend von der weltwirtschaftlichen Entwicklung." Ein Grund dafür sei ein "spürbarer Verlust an Wettbewerbsfähigkeit" - vor allem auf den außereuropäischen Märkten.

2) Baukrise

Höhere Zinsen und gestiegene Materialkosten setzen der Baubranche seit Jahren zu. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet für 2025 mit dem fünften Rückgang des Bauvolumens in Folge, auch wenn das Minus inflationsbereinigt nur noch 1,0 Prozent betragen soll - nach fast 4 Prozent im vergangenen Jahr. Die Auftrags- und Genehmigungszahlen sind stark eingebrochen. "Viele Haushalte schreckten aufgrund der hohen Kosten vor Bauvorhaben zurück oder konnten sich diese schlichtweg nicht mehr leisten", sagt DIW-Expertin Laura Pagenhardt.

Die schwache Konjunktur bremst zudem den Bau von Fabrik- und Bürogebäuden aus. Infrastrukturmaßnahmen im Tiefbau stützten dagegen bis zuletzt. Der Bau steuert etwa zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt, fällt als Konjunkturmotor aber vorerst weiter aus, sind sich Experten einig.

3) Konsumflaute

Die Stimmung der Verbraucherinnen und Verbraucher ist nach wie vor schlecht. Die Reallöhne wuchsen dem Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) zufolge zwar 2024 um 3,2 Prozent. Damit konnten die Kaufkraftverluste der drei Vorjahre aber nur "etwa zur Hälfte kompensiert werden", wie der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulte, vorrechnet. Für viele Deutsche hat das Jahr zudem mit höheren Krankenkassenbeiträgen und teureren Kfz-Versicherungen sowie der Preiserhöhung für das Deutschland-Ticket um 18 Prozent auf 58 Euro im Monat begonnen.

Einen wichtigen Beitrag zum Kaufkraftzuwachs leisteten die Inflationsausgleichsprämien. Doch liefen diese steuer- und abgabenfreien Einmalzahlungen von bis zu 3.000 Euro Ende Dezember aus. Das alles hat dazu beigetragen, dass sich nach dem Jahreswechsel die Verbraucherstimmung in Deutschland spürbar eingetrübt hat. Das Konsumbarometer sank im Jänner mit 95,0 Punkten auf den schlechtesten Wert seit fast einem Jahr, wie der Handelsverband Deutschland (HDE) zu der von ihm in Auftrag gegebenen Umfrage betonte. Die Verbraucher planen, mehr zu sparen und ein Finanzpolster aufzubauen", so der HDE. "Mit Blick auf den privaten Konsum ist daher kein größeres Wachstum in Sicht." Und das auch, weil die Angst vor Arbeitslosigkeit zunimmt.

4) Investitionen

Die Unternehmen dürften sich ein weiteres Jahr mit Investitionen in Maschinen, Anlagen und andere Ausrüstungen zurückhalten. "Insgesamt lastet eine erhebliche Unsicherheit über die Ausrichtung der hiesigen zukünftigen Wirtschaftspolitik auf der deutschen Wirtschaft, die insbesondere die Investitionsbereitschaft hemmt", warnt das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW). Am 23. Februar wird ein neuer Bundestag gewählt, die anschließende Regierungsbildung kann sich hinziehen. Solange nicht klar ist, welche Entscheidungen die neue Bundesregierung etwa zu Unternehmenssteuern und Subventionen trifft, dürften viele Manager mit Investitionen zögern.

Dazu kommt, dass viele Firmen dem Standort Deutschland adieu sagen. "Industrieunternehmen verlagern ihre Produktion und damit auch ihre Investitionen ins Ausland", betont das Münchner Ifo-Institut. So locken etwa in den USA deutlich geringere Steuersätze, während drohende Zölle einen weiteren Anreiz bieten, in der weltgrößten Volkswirtschaft zu produzieren.

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