Außenminister Michael Spindelegger (V) hat am Dienstag (21. Juli) in Rom seinen italienischen Amtskollegen Franco Frattini getroffen. Mehrere bilaterale Themen standen auf dem Programm, darunter die Atompolitik der Regierung von Silvio Berlusconi. Frattini versicherte, dass die italienische Regierung Österreich regelmäßig über die Umsetzung ihrer Pläne im Atombereich informieren werde.
Eine bilaterale Expertenkommission soll eingesetzt werden, die ein Abkommen zwischen Italien und Österreich im Bereich nukleare Sicherheit ausarbeiten soll. "Österreich ist die nukleare Sicherheit besonders wichtig. Mit der Einsetzung der bilateralen Kommission legen wir den Grundstein für ein Abkommen mit Italien im Atombereich", sagte Spindelegger bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Frattini.
"Wir werden Österreich über die Sicherheitsregeln regelmäßig informieren, nach denen die italienischen Pläne im Bereich Atomenergie umgesetzt werden sollen", sagte Frattini. Der italienische Industrieminister Claudio Scajola werde demnächst dem Ministerrat in Rom über die Orte informieren, an denen die neuen Atomkraftwerke errichtet werden sollen.
AKW-Neubau vor 2013
Die Regierung Berlusconi will noch vor Ende der Legislaturperiode 2013 mit dem Bau der ersten Atomkraftwerke beginnen. Laut Berichten italienischer Medien könnte eines davon in der zu Österreich grenzenden Region Veneto, eines im südlichen Apulien und eines auf Sizilien errichtet werden.
"Österreich hat eine klare Haltung zur Nutzung der Atomenergie und das heißt Ablehnung der Kernkraftenergie, weil die Entsorgung des Atommülls auf die nächsten Generationen fällt. Das ist aber unsere Position, andere Länder haben eine andere. Wenn ein Nachbarland wie Italien andere Wege geht, können wir nichts dazu sagen. Wir verlangen aber, dass bestimmte Rahmenbedingungen und alle Sicherheitsstandards eingehalten werden", sagte Spindelegger im Gespräch mit österreichischen Journalisten nach dem Treffen mit Frattini.
"Wir fordern, dass über ein Abkommen sichergestellt wird, dass Österreich von Italien über jedes Problem, über jede Art von Zwischenfall im Atombereich informiert wird, damit wir auch rechtzeitig Maßnahmen ergreifen können. Als Modell für dieses Abkommen dienen die Vereinbarungen, die Österreich bereits mit anderen Ländern wie die Tschechische Republik und Slowenien ergriffen hat", erklärte Spindelegger.
Ausstieg erfolgte 1987
Der italienische Regierungschef Berlusconi hatte im Februar angekündigt, dass das Land in den nächsten Jahren vier Atomkraftwerke errichten wolle. Der Betriebsbeginn des ersten AKW sei vor 2020 geplant. Italien hatte allerdings zuvor der Atomkraft ganz abgeschworen. 1987, ein Jahr nach dem Super-GAU von Tschernobyl, stoppten die Italiener in einer Volksabstimmung die Nuklearenergie im eigenen Land.
Drei Atomkraftwerke mussten abgeschaltet werden, ein viertes ging nicht mehr ans Netz. Doch seit langem schon drängt die italienische Atomlobby auf den Bau neuer Atomkraftwerke. Laut dem italienischen Stromkonzern Enel gewinnt Italien heute 60 Prozent seiner Energie aus Erdgas, bei dem das Land auf Importe angewiesen ist. Große Stromausfälle wie im September 2003 haben wiederholt die Diskussion um eine Rückkehr zur Kernkraft angeheizt.