Die Prognose für 2016 und 2017 wurde auf 3,2 bzw. 3,5 Prozent gesenkt.
Der Ausblick des Internationalen Währungsfonds (IWF) für die Weltwirtschaft fällt diesmal weniger rosig aus als zuletzt. Zugleich warnt er vor einem Scheitern der Wirtschaftserholung. Für 2016 und 2017 nimmt der IWF die globale Wachstumsprognose auf 3,2 bzw. 3,5 Prozent zurück, das sind um 0,2 bzw. 0,1 Prozentpunkte weniger als im Jänner. Österreichs Wirtschaft sollte 1,2 bzw. 1,4 Prozent wachsen.
Enttäuschende Wachstum
Für bereits zu lange Zeit falle das globale Wirtschaftswachstum zu schwach aus, so Maurice Obstfeld vom IWF am Dienstag laut Redetext bei der Präsentation des neuen "World Economic Outlook". Das globale Wachstum werde sich zwar fortsetzen, aber immer mehr enttäuschen. Das mache die Weltwirtschaft anfälliger für negative Einflüsse und erfordere sofortige, proaktive Antworten. "Es gibt nicht mehr viel Raum für Fehler", warnt Obstfeld und fordert die politischen Entscheidungsträger auf, gemeinsam zu handeln, um Vertrauen zu stärken, Wachstum zu unterstützen und ein Scheitern der Erholung abzuwehren.
Dazu seien sowohl geld-, fiskal- als auch strukturpolitische Maßnahmen notwendig, etwa Reformen auf den Arbeits- und Produktmärkten, Verringerung der Steuern auf Arbeit, mehr öffentliche Forschungsausgaben sowie eine aktivere Arbeitsmarktpolitik.
Notfallpläne erforderlich
Obstfeld hält aber auch Notfallpläne für erforderlich, für den Fall, dass die Abwärtsrisiken wirksam werden. So bestünde etwa nach den jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten weiterhin das Risiko, dass sich Unsicherheiten auf die breite Wirtschaft durchschlagen. Eine weitere Gefahr gehe von den anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen in Syrien und der daraus entstehenden Flüchtlingsbewegung aus, die in Europa zu einem zunehmenden Nationalismus führe. Dieser könnte auch zum real möglichen Austritt Großbritanniens aus der EU führen, was wiederum eine Vielzahl an Handels- und Investitionsbeziehungen schädigen würde. Zugleich lockere sich der Zusammenhalt innerhalb der EU.
In entwickelten Volkswirtschaften einschließlich den USA drohe zudem ein Anhalten oder sogar die Umkehr des Nachkriegstrends eines zunehmenden grenzüberschreitenden Handels. Und es gebe weitere Probleme, betont Obstfeld: Einige große Schwellenländer würden sich wegen interner politischer Probleme oder geopolitischen Drucks großen Schrumpfungsprozessen ausgesetzt sehen, und einige einkommensschwache Volkswirtschaften würden El-Nino-bedingt unter Dürre oder Überflutungen leiden.
Verlangsamung der Wirtschaftsentwicklung
Je schwächer das Wachstum, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass diese Risiken das Wachstum der Weltwirtschaft abwürgen, so Obstfeld. In vielen Ländern hätten auch der fehlende Einkommenszuwachs und die zunehmende Ungleichheit zum weitverbreiteten Gefühl geführt, dass das Wirtschaftswachstum Eliten und Vermögende überproportional begünstigt habe. Geringeres Wachstum verstärke auch nationalistische Tendenzen.
Seine zurückgenommenen Prognosen für die Weltwirtschaft begründet der IWF allgemein mit einer Verlangsamung der Wirtschaftsentwicklung auf breiter Basis und über alle Ländergruppen hinweg. So werden die Wachstumsprognosen für die entwickelten Volkswirtschaften für das laufende und kommende Jahr auf 1,9 bzw. 2,0 Prozent gesenkt, für die Schwellen- und Entwicklungsländer auf 4,1 bzw. 4,6 Prozent.
Auf der Ebene einzelner Volkswirtschaften wird die Wirtschaftsprognose für die USA auf 2,4 bzw. 2,5 Prozent verringert, für die Eurozone und Deutschland auf jeweils 1,5 bzw. 1,6 Prozent, für Japan auf 0,5 bzw. -0,1 Prozent. Nur für China erwartet der IWF ein höheres Wirtschaftswachstum als zuletzt, nämlich von 6,5 bzw. 6,2 Prozent. Auch Indiens Wirtschaft sollte kräftig anziehen, nämlich um jeweils 7,5 Prozent. Für Lateinamerika und die Karibik wird für 2016 ein wirtschaftlicher Einbruch von 0,5 Prozent prognostiziert. Brasiliens Wirtschaftsleistung dürfte um 3,8 Prozent schrumpfen.
Prognosen für 2021
Im aktuellen "World Economic Outlook" hat der IWF auch Prognosen für das Jahr 2021 berechnet. Demnach sollte sich das Wachstum der Weltwirtschaft in fünf Jahren auf 3,9 Prozent beschleunigen, in den entwickelten Ländern aber auf 1,8 Prozent verlangsamen. Angetrieben sollte das Weltwirtschaftswachstum von den Schwellen- und Entwicklungsländern werden. Deren Wachstumsrate sollte auf 5,1 Prozent steigen. Die gesamte Weltwirtschaftsleistung sollte von 73,2 Billionen US-Dollar bzw. 64,3 Billionen Euro (2015) auf 96,4 Billionen US-Dollar (2021) steigen.