Ministerpräsident Shinzo Abe erwägt nun vorgezogene Neuwahlen.
Die Weltwirtschaft hat neben der schlappen Eurozone und den schwächelnden Schwellenländern eine weitere Baustelle: Japan rutschte im dritten Quartal völlig überraschend in eine Rezession. Ministerpräsident Shinzo Abe erwägt nun vorgezogene Neuwahlen, den Verzicht auf eine nochmalige Anhebung der Mehrwertsteuer und neue Konjunkturhilfen.
BIP gesunken
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der nach den USA und China drittgrößten Volkswirtschaft der Welt sank von Juli bis September um 0,4 Prozent zum Vorquartal, teilte die Regierung in Tokio am Montag mit. "Das sind keine ermutigenden Zahlen", sagte Abe. Grund dafür sind schwächelnde Exporte und ein nur langsam wachsender Konsum. Ökonomen hatten ein Wachstum von 0,5 Prozent vorausgesagt. Bereits im Frühjahr war die Wirtschaft um 1,9 Prozent geschrumpft, da sich die Verbraucher nach der ersten Mehrwertsteuer-Erhöhung mit Käufen zurückhielten. Bei zwei Minus-Quartalen in Folge wird von Rezession gesprochen.
Neuwahlen?
Regierungschef Abe dürfte nun Neuwahlen ausrufen, um mehr Rückhalt für seine Politik zu bekommen. Eine Entscheidung soll noch diese Woche fallen. Angesichts einer zerstrittenen und schwachen Opposition gilt die Mehrheit für die regierende Partei LDP als sicher. Wirtschaftsminister Akira Amari kündigte an, die Konjunktur mit neuen Maßnahmen stützen zu wollen. Die Wahrscheinlichkeit dafür sei "sehr hoch". Eine Möglichkeit sei, Geringverdienern zu helfen. Ein riesiges Paket werde die Regierung aber nicht schnüren, da sie Ausgabendisziplin walten lassen wolle.
Yen im Sinkflug
Der japanische Yen fiel wegen der enttäuschenden Daten auf ein Sieben-Jahres-Tief zum Dollar. Die schlechten Nachrichten drückten auch die asiatischen Börsen ins Minus, zumal die Eurozone nicht wie erwartet in Schwung kommt und große Schwellenländer wie Brasilien und Russland ihre Boomphase vorerst beendet haben. Vor allem die Anleger in Tokio reagierten enttäuscht: Der Nikkei-Index verbuchte den stärksten Rückgang an einem Handelstag seit August. Auch die deutschen Aktienanleger reagierten verunsichert: Der DAX verlor zur Eröffnung ein Prozent auf 9.170 Punkte.
Steuererhöhung auf Eis
Angesichts der Konjunkturflaute dürfte die Regierung auf die geplante Steuererhöhung verzichten. Abe kündigte an, die Lage in Ruhe zu analysieren. "Das ist absolut nicht die Situation, in der wir über eine Anhebung der Mehrwertsteuer debattieren sollten", sagte Experte Etsuro Honda von der Universität von Shizuoka. Auch in Abes Partei LDP wird laut über eine Verschiebung nachgedacht. "Ich denke, der Ministerpräsident wird die für kommenden Oktober geplante Erhöhung abblasen", sagte ein LDP-Abgeordneter. Der Steuersatz sollte dann auf zehn Prozent steigen, nachdem ihn die Regierung bereits im April von fünf auf acht Prozent heraufsetzte.
Abe hatte die Regierung im Dezember 2012 übernommen mit dem Versprechen, durch die nach ihm benannte Politik (Abenomics) die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen - und zwar mit einem Mix aus einer extrem lockeren Geldpolitik, Reformen und Mehrausgaben. Damit sollte die seit Jahren anhaltende Deflation - ein für die Wirtschaft schädlicher Preisverfall auf breiter Front - beendet werden.
Die privaten Konsumausgaben - die für etwa 60 Prozent der Wirtschaft stehen - legten im dritten Quartal mit 0,4 Prozent nur halb so stark zu wie erwartet. Ein Grund dafür ist, dass die Preise schneller steigen als die Löhne und damit die Kaufkraft der Japaner verringert wird. Einige Experten sagen aber für das laufende vierte Quartal eine Verbesserung voraus.