Milliarden-Strafe für strittige Hypotheken-Geschäfte vor der Finanzkrise.
Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise muss die größte US-Bank JPMorgan offenbar mit einer Rekordstrafe von 13 Mrd. Dollar (9,50 Mrd. Euro) für dubiose Hypotheken-Geschäfte büßen. Das Geldhaus habe sich mit dem Justizministerium und anderen US-Behörden auf die Zahlung dieser Summe geeinigt, sagte ein Insider am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters.
Die Entscheidung für diese vorläufige Pauschallösung sei bei einem Telefonat zwischen JPMorgan-Chef Jamie Dimon und Justizminister Eric Holder am Abend zuvor gefallen. Es wäre der bisher höchste Vergleich eines US-Unternehmens mit der Regierung. Wird die Einigung verbindlich, müsste JPMorgan tiefer in die Tasche greifen als erwartet: Bisher war von elf Mrd. Dollar die Rede. JPMorgan und das Justizministerium wollten sich zunächst nicht dazu äußern.
Die Einigung umfasst der "New York Times" zufolge neun Mrd. Dollar an Strafzahlungen. Vier Mrd. Dollar sollen zusätzlich als Hilfen für klamme Hausbesitzer fließen. Dazu gehört auch ein Deal mit der Immobilienbehörde FHFA wegen des Verkaufs minderwertiger Hypotheken-Papiere, wie eine mit den Gesprächen vertraute Person sagte. Eine vollständige Befreiung der Bank von einer strafrechtlichen Verantwortung sei damit allerdings nicht verbunden. Auch die Deutsche Bank muss sich wegen vergleichbarer Fälle juristisch verantworten.
Bei den Streitigkeiten geht es um riskante Geschäfte mit schlecht abgesicherten Hypotheken, die als Auslöser der Finanzkrise gelten. JPMorgan werden Gesetzesverstöße beim Verkauf von Wertpapieren und Immobilienkrediten vorgeworfen, die von 2005 bis 2007 und damit aus Zeiten vor der Krise herrühren. Nach dem Platzen der Preisblase am US-Immobilienmarkt wurden viele mit Hypotheken besicherten Wertpapiere aber weitgehend wertlos. Die Besitzer machten hohe Verluste und die Krise nahm ihren Lauf. Viele Institute gerieten in finanzielle Schwierigkeiten und mussten staatlich gestützt werden. In dem Fall von JP Morgan stammen die meisten Hypotheken-Papiere aus dem Bestand der Institute Bear Stearns und Washington Mutual, die in der Krise in Schieflage gerieten und die dann beide von dem Branchenprimus auf Betreiben der US-Regierung übernommen wurden.
Im September wurde bekannt, dass JPMorgan für eine Beilegung der Ermittlungen an einer umfassenden Lösung mit den Behörden des Bundes und einzelner Staaten verhandelt. Eingebunden waren den Informationen zufolge das Justizministerium, das Bauministerium, die Börsenaufsicht sowie die New Yorker Staatsanwaltschaft. Damals war in den Verhandlungskreisen von einer Zahlung von elf Mrd. Dollar die Rede gewesen, mit der JP Morgan einen Schlussstrich unter die Hypothekenprobleme ziehen wolle.
JPMorgan wehrte sich einem zweiten Insider zufolge lange dagegen, weiter die strafrechtliche Verantwortung zu übernehmen. Allerdings sei die Regierung in diesem Punkt hart geblieben. Die Bank habe schließlich keine Alternative gesehen, als nachzugeben. "Sie tun alles, um die Sache hinter sich zu bringen", sagte Branchenexperte Walter Todd von Greenwood Capital Associates zu den Verhandlungen.
JPMorgan hatte zuletzt immer wieder Ärger mit Behörden und der Justiz, so etwa wegen des Handelsskandals um den sogenannten "Wal von London" - einen Händler, der mit riesigen Derivate-Positionen 6,2 Mrd. Dollar verzockte. Die umstrittenen Hypotheken-Geschäfte wurden in den Jahren vor der Finanzkrise getätigt und holen die Bank nun ein. Wegen Kosten von mehr als neun Milliarden Dollar für Rechtsstreitigkeiten rutschte das Institut im dritten Quartal erstmals seit 2004 in die Verlustzone. Zwar haben sich die Investoren öffentlich hinter Dimon gestellt. Hinter den Kulissen zeigen sie sich jedoch verärgert über seine wiederholten Konflikte mit den Behörden. Das Direktorium drängte ihn dazu, seine Beziehungen zu den Aufsehern zu verbessern.
Auch die Deutsche Bank zählte vor der Finanzkrise zu den größeren Akteuren auf dem US-Häusermarkt und vertrieb verbriefte Hypothekenpapiere. Einige Anleger und US-Behörden werfen dem Institut ebenfalls unlautere Geschäfte vor. Die Aufarbeitung der Vergangenheit kostet viel Geld: Insgesamt hatte die Deutsche Bank zuletzt rund drei Milliarden Euro für Rechtsstreitigkeiten zurückgelegt.
Im Vergleich zum deutschen Branchenprimus macht JPMorgan aber höhere Gewinne und kann Sonderlasten besser ausgleichen. 13 Mrd. Dollar wären nach Einschätzung von Analysten zwar schmerzhaft, aber zu verkraften. Bis auf das vergangene Vierteljahr liegt der JPMorgan-Gewinn pro Quartal bei etwa fünf bis sechs Mrd. Dollar. Die Bank hat 23 Mrd. Dollar für Rechtsstreitigkeiten auf der hohen Kante.