Erstmals seit 2004

JPMorgan stürzt in die Verlustzone

11.10.2013

Q3-Verlust 380 Mio Dollar: Unregelmäßigkeiten im Handel holen US-Großbank ein.

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© Reuters
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Die US-Großbank JPMorgan schreibt zum ersten Mal seit knapp zehn Jahren in einem Quartal Verluste. Grund sind Kosten von 9,2 Milliarden Dollar (6,80 Mrd. Euro) für Rechtsstreitigkeiten. Umstrittene Wertpapier-Geschäfte holen das erfolgsverwöhnte Institut damit fünf Jahre nach dem Höhepunkt der Finanzkrise ein. "Ich wünschte, wir könnten die Unsicherheit für Investoren verringern, aber das können wir nicht", sagte Bankchef Jamie Dimon, der seit einem milliardenschweren Handelsskandal in London ohnehin unter Druck steht. Der Top-Banker sprach von schmerzhaften Sonderlasten, mit denen die größte US-Bank nun aber eine Fülle von Klagen und Vorwürfen aus der Welt schaffen könne.

JPMorgan wies am Freitag für das abgelaufene Vierteljahr einen Nettoverlust von 380 Millionen Dollar aus. Im Jahr zuvor hatte die Bank noch mit einem Gewinn von 5,71 Milliarden Dollar geglänzt. Ohnehin ist das Institut eines der finanzstärksten der Welt und konnte in der Vergangenheit Sonderlasten immer wieder mit satten Gewinnen im Kerngeschäft - etwa im Investmentbanking - mehr als ausgleichen. Es ist der erste Quartalsverlust seit dem Frühjahr 2004. Unter der Ägide von Dimon hat es die Bank in der gesamten Finanzkrise geschafft, ohne rote Zahlen durch den Sturm zu kommen.

JPMorgan führte zuletzt Vergleichsgespräche mit dem Justizministerium, dem Bauministerium, der US-Börsenaufsicht sowie der New Yorker Staatsanwaltschaft. Dabei war Insidern zufolge von elf Milliarden Dollar die Rede, um die Rechtsstreitigkeiten auf einen Schlag auszuräumen. Unter anderem im Zuge der Haushaltskrise, wegen der viele US-Behörden geschlossen sind oder nur im Notbetrieb arbeiten, komme es nun aber zu Verzögerungen, erklärte Dimon. Der Banker sprach von einem "sehr harten Kampf" mit der Regierung und den Aufsehern. Sein Geldhaus ist in mehr als ein Dutzend Ermittlungen verstrickt. Es habe keine Gespräche über personelle Konsequenzen im Management gegeben. Die Bank sei mittlerweile viel näher an einer Lösung der Probleme dran.

JPMorgan werden vor allem Gesetzesverstöße beim Verkauf von Wertpapieren und Immobilienkrediten im Zeitraum 2005 bis 2007 zur Last gelegt. Nach dem Platzen der Preisblase am US-Immobilienmarkt wurden die meisten mit Hypotheken besicherten Wertpapiere weitgehend wertlos und brockten ihren Besitzern hohe Verluste ein. Viele Investoren kamen in Schwierigkeiten und dringen jetzt auf Schadenersatz.

Wegen ähnlicher Fälle muss sich auch die Deutsche Bank immer wieder juristisch verantworten. Das führt zu Milliarden-Lasten. Co-Chef Anshu Jain hat bereits signalisiert, dass neben Einbußen im Handel auch Kosten für Rechtsstreitigkeiten das Ergebnis im dritten Quartal erneut belasten.

Bei JPMorgan sind die Dimensionen nur größer. 23 Milliarden Dollar hat das Institut insgesamt bereits für juristische Vergleiche, Strafen und Gerichtsprozesse zurückgelegt. Der jüngste Handelsskandal datiert von Mai 2012. Ein Händler der Bank hatte damals mit riesigen Derivate-Positionen, die ihm wegen der Größe den Spitznamen "Wal von London" einbrachten, rund 6,2 Milliarden Dollar verzockt. Auch der Vorwurf der Vetternwirtschaft steht in China im Raum.

An der Wall Street tendierten JPMorgan-Aktien zum Wochenschluss weitgehend leicht im Minus. Ohne Sonderlasten lag das Quartalsergebnis mit 5,8 Milliarden Dollar klar über den Analystenerwartungen. Allerdings lief es auch im operativen Geschäft nicht rund. Die Einnahmen der Bank summierten sich auf 23,9 Milliarden Dollar, nachdem es im Jahr zuvor noch zwei Milliarden mehr waren. Und die Bank betonte, dass die Kosten für juristische Streitigkeiten in den nächsten Quartalen weiter schwanken dürften.

Im Firmenkunden- und Investmentbankgeschäft fielen die Einnahmen ebenfalls. Dank deutlich niedriger Kosten blieb aber mehr Gewinn hängen. Im Handel sanken die Erlöse mit festverzinslichen Wertpapieren um acht Prozent. Das werten Experten als schlechte Nachrichten für die Deutsche Bank, die hier auch stark vertreten ist. Im Aktien-Bereich nahm JPMorgan dagegen 20 Prozent mehr ein.

Besser machte es unter dem Strich die größte Immobilienbank der USA, Wells Fargo. Sie steigerte ihren Quartalsgewinn um 13 Prozent auf 5,32 Milliarden Dollar. Das Institut profitierte von einer geringeren Risikovorsorge für faule Kredite und konnte die Analystenerwartungen leicht übertreffen. In der nächsten Woche kommen weitere Quartalszahlen der Citigroup, Bank of America und Goldman Sachs. Die Deutsche Bank folgt Ende Oktober.

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