Auch die Bank Austria gerät im Visier der Staatsanwaltschaft.
Die am Freitag in den USA vom Masseverwalter des Betrügers Bernard Madoff, Irving Picard, eingebrachte 19,6 Milliarden Dollar (14,8 Mrd. Euro) schwere Schadenersatzklage gegen die Wiener Bankerin Sonja Kohn, deren Bank Medici sowie die Bank Austria könnte nicht nur geschädigten Anlegern neue Munition geben, sondern auch den Justizbehörden, die in mehreren Ländern mit der Causa befasst sind.
Verdacht auf Betrug
Die Wiener Staatsanwaltschaft ermittelt seit nunmehr fast zwei Jahren gegen Kohn, ehemalige Medici-Vorstände und die Bank Austria, unter anderem wegen Verdachts auf schweren gewerbsmäßigen Betrug. Die Akten stapeln sich, die Ermittler warten noch auf weitere Unterlagen aus dem Ausland. Hunderte Strafanzeigen wurden bereits eingebracht. Alle Genannten bestreiten sämtliche Vorwürfe, sehen sich selbst als Opfer der Madoff'schen Betrugshandlungen.
Zwei Verfahren
Bei der Wiener Anklagebehörde sind in der Causa Madoff zwei Verfahren anhängig. Bei einem geht es um den "Primeo"-Fonds der Bank Austria, dessen Gelder letztendlich bei Madoff landeten, beim zweiten um den "Herald"-Fonds der Bank Medici, ebenfalls ein "Feeder-Fonds", der also andere Fonds befüllt, sagte Sprecher Thomas Vecsey am Montag.
Im "Herald"-Verfahren werden neben Sonja Kohn auch ehemalige Organe der Bank Medici als Beschuldigte geführt, und zwar Helmuth Frey, Peter Scheithauer, Werner Tripolt, Andreas Pirkner und Andreas Schindler, bestätigte Vecsey. Die Staatsanwaltschaft wirft allen außer Pirkner schweren gewerbsmäßigen Betrug sowie Verstöße gegen das Wertpapieraufsichtsgesetz (WAG) und das Investmentfondsgesetz vor, außerdem wird wegen des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG, "Unternehmensstrafrecht") ermittelt. Pirkner wird nur schwerer Betrug vorgeworfen.
Anklage noch unklar
Ob oder wann es zu einer Anklage kommt, ist noch unklar. "Die Ermittlungen dauern an. Kistenweise bei Hausdurchsuchungen sichergestellte Akten müssen noch gesichtet werden", sagte Vecsey.
Zudem ist die Wiener Staatsanwaltschaft auf ausländische Behörden angewiesen. "Unterlagen aus dem Ausland infolge von Rechtshilfeersuchen sind noch nicht eingelangt." Offen seien Anfragen in die USA und nach Luxemburg.
Kohn im Visier
Auch die Schweizer und die Liechtensteiner Justiz haben Kohn im Visier. Schon im Herbst 2009 hatte der in Wien zuständige Staatsanwalt bei seinen Kollegen Rechtshilfe wie etwa die Öffnung von Bankkonten beantragt. Tatsächlich musste Kohn dann ihre Credit-Suisse-Konten offenlegen, außerdem durchsuchte die Polizei ihre Villa in Zürich. Auch das Landgericht Liechtenstein nahm fragwürdige Finanztransaktionen rund um Kohn unter die Lupe und hegte Geldwäscheverdacht: Vor rund sieben Monaten hat schließlich die Liechtensteiner Finanzpolizei (FIU) die Konten von drei Kohn zuzurechnenden Gesellschaften (Privatlife AG, Starvest Anstalt, Lifetrust AG) geöffnet.
Bei der Wiener Staatsanwaltschaft sind jedenfalls schon knapp 70 Strafanzeigen gegen Kohn und Co. eingelangt, gegen die Bank Austria fast 200.
Hinzu kommen zahlreiche Anlegerverfahren auf der Zivilrechtsebene. Allein beim Handelsgericht (HG) Wien sind gegen die UniCredit/Bank Austria 191 Klagen anhängig, gegen die Bank Medici 4, sagte HG-Sprecher Alexander Schmidt heute auf APA-Anfrage.