Finanzierung

Kreditaufnahme: Ohne Eigenmittel kaum Chancen

17.06.2010

40 % der befragten Unternehmen sind der Meinung, dass heute eine Kreditaufnahme langwieriger ist als vor 18 Monaten. Für 41 % ist sie auch restriktiver geworden, ebenso viele klagen über verschlechterte Konditionen.

Zur Vollversion des Artikels
© sxc
Zur Vollversion des Artikels

Um Investitionen oder notwendige Betriebsmittel zu finanzieren, greifen die Unternehmen auf Eigenmittel zurück oder nutzen den Kreditrahmen aus (Kontokorrentkredit). Nur jeder 4. nutzt bei Investitionen heute langfristige Kredite. Damit sind Österreichs Unternehmen bei Finanzierungen vorrangig auf sich alleine gestellt.

Die schwierige Wirtschaftslage hat sich überdies auf die persönliche Einstellung geschlagen: Heute macht es den Befragten deutlich weniger Spaß, Unternehmer zu sein (60 %) als noch vor 18 Monaten (79 %).

Aktuell empfinden 58 % der Befragten eine Kreditaufnahme als langwierig, vor 18 Monaten waren es nur 18 %. Für 59 % ist sie heute zudem restriktiv, dieser Ansicht waren vor 1,5 Jahren ebenfalls nur 18 %.

„Die Unternehmen spüren, dass genauer geprüft wird. Hintergrund ist, dass die Banken krisenbedingt die Basel II-Bestimmungen nun strikter umsetzen“, so Johannes Nejedlik, Vorstand der KSV1870 Holding AG. Zudem bemerken 41 % der befragten Unternehmen eine Verschlechterung der Kreditkonditionen.

Besonders betroffen zeigt sich die stark von großvolumigen Krediten abhängige Industrie und Kleinstunternehmen, die traditionell über weniger Sicherheiten verfügen und daher schon vor der Krise schwer an Kredite kamen. Für immerhin 36 % ist die Lage unverändert oder hat sich gar verbessert. 23 % haben dazu keine Erfahrungen gemacht. „Die Befragungsergebnisse belegen, wie wichtig Eigenmittel in Unternehmen sind, sei es um Finanzierungen rasch durchzuführen, aber auch um handlungsfähig zu bleiben und Chancen nutzen zu können“, so Nejedlik.

Investitionen aufschieben oder selber zahlen

Wenig überraschend tätigen 32 % der Befragten momentan keine Investitionen. Besonders zurückhaltend agieren Gewerbebetriebe und Kleinstunternehmen. Wird aktuell investiert, dann werden primär Eigenmittel (64 %) angezapft - insbesondere im Handel und bei Dienstleistern. Nur jeder Vierte finanziert aktuell durch langfristige Kredite (26 %) - am häufigsten im Gewerbe- und Industriebereich. Vor 18 Monaten war die Bereitschaft für Investitionen grundsätzlich höher (+ 8 %).

Jene, die investierten, taten dies stärker mithilfe von langfristigen Krediten (+ 4 %), Eigenmittel (- 4 %) wurden etwas seltener eingesetzt. „Grundsätzlich wird vorsichtig agiert, was angesichts der aktuellen Wirtschaftslage positiv ist. Aber es gibt auch Investitionen, die den Erfolg von morgen sichern. Die Herausforderung ist nun, tatsächlich notwendige von aufschiebbaren Investitionen zu unterscheiden“, so Roland Führer, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH.

Betriebsmittel: Der Rahmen macht´s möglich

Mehr als die Hälfte der Unternehmen (52 %) finanzieren heute Betriebsmittel primär durch Eigenmittel. 42 % nutzen den Kontokorrentkredit, also den Kontorahmen aus. Heute wie vor 18 Monaten sind unterjährige Betriebsmittelkredite (2 %) nur bedingt ein Thema. Vor der Krise wurde der Kontokorrentkredit etwas häufiger genutzt (+ 5 %) und Eigenmittel seltener (- 5 %). Allgemein zeigt sich: Umso kleiner Unternehmen, desto öfter reizen sie den Kreditrahmen zur Finanzierung aus.

„Der starke Fokus von kleinen Unternehmen auf Kontokorrentkredite ist nicht optimal, da die Verzinsung meist höher ist als bei klassischen Krediten. Hier gilt es, die Konditionen und die Dauer im Blick zu behalten“, so Führer. „Problematisch ist auch, dass kleine und Kleinstunternehmen seltener einen Liquiditätsplan aufstellen als mittlere und große Unternehmen und somit der Überblick über die tatsächlichen Finanzierungskosten fehlt“, hebt Roland Führer hervor.

Prognose: Liquidität konstant?

Hinsichtlich der eigenen Liquidität sind die Unternehmen verhalten zuversichtlich: 52 % gehen davon aus, dass die Situation in ihrem Unternehmen im kommenden Jahr unverändert bleiben wird. 31 % erwarten eine Verbesserung - besonders der Handel. 12 % kalkulieren mit einer Verschlechterung der Situation. 5 % sind unschlüssig.

„Angesichts der Tatsache, dass auch 41 % der Befragten im Unternehmen keinen Liquiditätsplan erstellen und damit auch keinen Überblick über die tatsächlichen Finanzierungskosten haben, bleibt die Frage, ob diese Zuversicht fundiert ist“, so Führer. Gleich geblieben ist überraschenderweise der Umgang mit den Lieferanten: 80 % der befragten Unternehmen haben in den vergangenen 18 Monaten ihr Zahlungsverhalten gegenüber Lieferanten nicht verändert.

Zur Vollversion des Artikels