Krise lässt Strom- und Gaskonsum massiv einbrechen
01.07.2009Das Absacken der Industrieproduktion hat nun mit voller Wucht auch den Verbrauch von Gas und Strom getroffen. Während die beiden Energieträger im ersten Quartal nur leichte Rückgänge zu verzeichnen hatten, ist im April der Absatz um 31 Prozent (Gas) bzw 7,2 Prozent (Strom) zurückgegangen, berichtet die E-Control. Die Daten (jüngere sind nicht verfügbar) sind schon temparaturbereinigt, blenden also eventuell verzerrende Witterungsfaktoren aus.
Über die ersten vier Monate sind in Österreich um 8,7 Prozent weniger Gas und um 3,9 Prozent weniger Strom verbraucht worden, sagt Regulator Walter Boltz. Allein die Industrie verbrauchte in den ersten vier Monaten 2009 um 13 Prozent weniger Elektrizität. Als Folge der Krise sind seit die Großhandelspreise bei Strom um 46 Prozent (Spot) und jene von Gas um 31 Prozent zurückgegangen; die Senkungen seien an die Industrie weitgehend weitergegeben worden, bei den Haushalten sei dies nur ungenügend der Fall gewesen.
"Beim Strom sehe ich ein Senkungspotenzial von rund 10 Prozent, bei Gas um 15,20, oder gar 25 Prozent", so Boltz. Die Anbieter hätten bisher uneinheitlich agiert. Westösterreichische Stromanbieter hätten demnach vergleichsweise günstige Tarife, Mitgliedsbetriebe der EnergieAllianz böten dagegen teuer an.
Boltz prophezeite für die kommenden Jahre einen Konsolidierungsschub unter den Stromfirmen: "Der Druck wird deutlich zunehmen, das wird zu stärkerer Kooperation und wahrscheinlich auch zu Kapitalverschränkungen führen." Vorangetrieben werde das durch die öffentlichen Haushalte, die sich verstärkt auf der Suche nach Mitteln begeben "und möglicherweise versuchen werden, Versorger zu Geld zu machen."
Nachfrageanstieg erst ab 2012/2013
Der Regulator sieht auch die Gefahr, dass Eigentümer den Versorgern Kapital entziehen - was diese wiederum in Akquisitionen treiben könnte. Boltz rechnet für die nächsten Jahre kaum mit einer echten wirtschaftlichen Erholung. In dem für ihn optimistischsten Szenario einer U-förmigen Krise wird die Nachfrage nach Elektrizität erst ab 2012/2013 wieder deutlicher steigen.
Der zurückgehende Energieverbrauch wird auch zur Folge haben, dass Österreich heuer und nächstes Jahr die bisher größten Schritte in Richtung seines Klimaziels machen wird. Nach Berechnungen von Wifo-Forscherin Angela Köppl wird der CO2-Ausstoß heuer um 3,9 Mio. und 2010 um fünf Mio. t geringer ausfallen als dies ohne die Krise der Fall gewesen wäre.
Voraussichtlich wird der Rückgang der Treibhausgase aber noch deutlicher ausfallen. Die Wissenschafterin nimmt als Basis ihrer Berechnungen nämlich die noch relativ optimistische März-Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts (minus 2,2 Prozent, +0,5 Prozent BIP 2009 und 2010). Mittlerweile - die Wifo-Juni-Prognose lautet auf heuer -3,4 Prozent und +0,5 Prozent kommendes Jahr) haben sich die Erwartungen aber weiter deutlich eingetrübt, was eine zusätzliche Reduzierung zur Folge haben dürfte.
Zufriedenheit löst diese Entwicklung bei Köppl dennoch nicht aus: "Ich sehe das nicht positiv, weil der Rückgang keine strukturellen Veränderungen bei den Emissionen gebracht hat. Das ist nichts weiter als eine Parallelverschiebung nach unten." Wenn nicht bei der Verbrauchsstruktur gegengesteuert werde, werde Österreich das Klimaziel trotzdem nicht erreichen, prophezeite sie. Österreich hat sich in Kyoto verpflichtet, seine Emissionen bis 2012 auf jährlich 68,9 Mio. t zu senken. Nach den letzten verfügbaren Zahlen hat Österreich 2007 88 Mio. t Treibhausgase emittiert.