Stefan Pierer, Unternehmer und Präsident der Industriellenvereinigung in Oberösterreich, hat sich offen für eine längere Lebensarbeitszeit ausgesprochen.
In einem Interview mit dem ORF verlautbarte KTM-Chef Stefan Pierer, dass er für eine längere Lebensarbeitszeit ist. Angesprochen auf den derzeit größten Stellenabbau seit dem ersten Corona-Lockdown, meinte der Unternehmer und Präsident der Industriellenvereinigung in Oberösterreich: Momentan liege die Industrienachfrage zwischen 10 und 20 Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau. "Dementsprechend müssen sich in Europa die Industrieunternehmen auf diese neue Situation anpassen."
Das bedeute 10 bis 20 Prozent weniger Umsatz, wobei die Kosten drastisch steigen würden, allen voran in den Bereichen Personal und Energie. Es gebe kaum ein Unternehmen, dass im Moment nicht unter massivem Kostendruck stehe und Anpassungen vornehme. "Fast jedes, jeder Dritte ist geschönt. Denn wir haben in Österreich in den letzten zwei Jahren 20 Prozent Personalkostensteigerung. Und auf der anderen Seite gehen die Umsätze, geht die Nachfrage in Europa zurück."
Betroffen seien dadurch Tausende von Arbeitsplätzen. Jede Firma habe sich anzupassen, was den erschwerten Rahmenbedingungen in Europa geschuldet sei, genauer dem geringeren Umsatz bei gleichzeitig höheren Kosten. Pierers Einschätzung nach müssten wohl 10 bis 15 Prozent der Mitarbeiteranzahl "redimensioniert" werden, andernfalls würden sie sonst untergehen.
Kurzarbeit: Deutsches Modell
"Das zweite Halbjahr wird sehr schwierig werden, das wird eine Anpassung. So wie es ausschaut, werden wir im 25er-Jahr auch eine Stagnation in Europa haben, dementsprechend sind Sie gezwungen, sich in dieser schwierigen Situation als Unternehmen anzupassen", so Pierer.
Zum Thema Kurzarbeit verwies der KTM-Chef auf Deutschland, wo schon seit Jahrzehnten ein gutes Kurzarbeitsmodell bestehe. Diese sollte auch hierzulande als Maßstab dienen, denn das mit Corona eingeführte österreichische Modell hätte hingegen übers Ziel hinausgeschossen. Pierer halte es schlicht für "nicht brauchbar".
Pierer fordert ein Reformpaket, da Österreich massive Fehler in der Standortpolitik gemacht habe: "Wir haben also durch die hohen Personal- und kollektivvertraglichen Erhöhungen unseren Industriestandort nicht nur beschädigt, sondern massiv beschädigt [...], da haben wir mittlerweile die höchsten Lohnstückkosten in Europa. Wir haben sogar die Deutschen überholt, und das heißt was."
Pierer für Reformpaket
Der KTM-Chef möchte steuerfreie Überstunden für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Vor allem in Oberösterreich sehe er etliche Arbeitskräfte, die versuchen würden, sich am Wochenende etwas dazu zu verdienen. "Das kann man ja legalisieren, legale Schwarzarbeit, in dem die Überstunden steuerfrei sind", so Pierer, der gleichzeitig auch nach einer Pensionsreform ruft. "Es gibt 4,5 Prozent Pensionserhöhung wieder automatisch. Wir haben ein Loch, das bald in die 30 Milliarden Euro geht. Wir müssen die Leute motivieren, länger zu arbeiten."
Den erhofften Aufschwung im Herbst sehe Pierer derzeit nicht - ebenso wenig, wo dieser herrühren soll in Bezug auf Demografie, Energiepreise und Einwanderung. Es gelte nun, "hochreagibel" zu bleiben. Die geopolitische Lage sei nämlich derart gestaltet, dass es keinen Fünfjahresplan geben könne - man wisse nicht einmal, was im nächstes Jahr kommen würde. Sicher sei, dass durch die Wahl in den USA wieder Zolldiskussionen aufkommen." Das sind so die Dinge, die permanent kommen. Hält sich allerdings frisch, macht aber den Ausblick schwierig. Aber man wird routiniert, und wer in diesem Umfeld sich am besten aufstellt, ist wieder vorne dabei."
Zum Thema Lebensarbeitszeit: Ähnlich über die Anhebung des Pensionsalters denkt übrigens auch NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger. Ein würdevolles und finanziell abgesichertes Altern sei laut ihr nur möglich, wenn Herr und Frau Österreicher später in Pension gehen.