Die Ursache für den Listeriose-Befall von in der Steiermark produziertem Magerkäse dürfte gefunden sein. Wie das Unternehmen Prolactal mitteilte, geht man von einem Fehler im internen Warn- und Kontrollsystem aus. Als Überträger werden Dungkäfer angenommen. Der Tod von acht Menschen 2009 und 2010 in Österreich und Deutschland wird in Zusammenhang mit dem listerienverseuchten Quargel gebracht.
Als Überträger werden laut Prolactal Dungkäfer, die bei Untersuchungen nach vereinzelten Listeriennachweisen im Herbst 2009 in - vorgeschriebenen - UV-Insekten-Fallen bzw. auf darin enthaltenen Klebefolien entdeckt worden waren. Die Käfer waren offenbar trotz engmaschiger Fliegengitter durch ein geöffnetes Fenster ins Innere gelangt. Als Konsequenz erfolgte in Hartberg die Reinigung und Desinfektion der Produktionsstätte, das Fenster wurde abgedichtet. Danach waren keine Listerien mehr nachweisbar. Dennoch müsse man nunmehr davon ausgehen, dass diese trotz der Maßnahmen noch vorhanden waren, so der Hersteller.
"Durch ein Versehen" sollen die Schutzkulturen - gesetzlich erlaubte Konservierungsmittel - zweimal ausgetauscht worden sein, und zwar gegen Kulturen, die, wie sich herausstellte, keinen ausreichenden Schutz gegen Listerien boten. "Im Rahmen des internen Warn- und Kontrollsystems hätte über den Kulturwechsel informiert werden müssen, was nach derzeitigem Wissenstand nicht geschah", räumte das Unternehmen ein.
Von dem Kulturenwechsel habe die Geschäftsführung erst im Jänner 2010 erfahren: "Es ist bedauerlicherweise nicht auszuschließen, dass Quargel, die keinen wirksamen Listerienhemmer hatten, mit erhöhten Listerienwerten in den Handel gelangten." Dieser Umstand dürfte das Problem verschärft, nicht aber ausgelöst haben: "Laut jetzt vorliegenden Ergebnisse wird davon ausgegangen, dass die Schutzkulturen trotz des erst im Herbst 2009 entdeckten Dungkäfers wirksam waren und ihre Wirkung entfaltet haben".
Darauf, dass der Befall durch den besonders aggressiven Listerienstamm schon wesentlich früher erfolgt ist und trotz HACCP (Health Analysis Critical Control Point), das in der Lebensmittelerzeugung für zahlreiche "Sicherheitsschleifen" sorgt, nicht erkannt wurde, deutet die schon Ende Juni 2009 aufgetretene erste Erkrankung hin. BZÖ-Mandatar Gerald Grosz meldete deshalb in einer Stellungnahme auch Zweifel an der Ursachenergründung an. Das Unternehmen sei "weder verlässlich noch vertrauenswürdig", weshalb es "absolut fahrlässig und vorsätzlich" sei, dass Gesundheitsminister Alois Stöger (S) ihm das Krisenmanagement überlassen habe. Ingrid Korosec, Obmann-Stellvertreterin des ÖVP-Seniorenbundes, forderte von Stöger die restlose Aufklärung sowie rasche Konsequenzen aus dem "Listerien-Skandal".
Stöger verteidigt sich
Der Lebensmittelskandal hat auch den Auftakt der Regierungsklausur in Graz dominiert. Vizekanzler Josef Pröll (V) berichtete in der ersten Pressekonferenz, man habe sich von Stöger ausführlich erklären lassen, wie nun der Ablauf bei der Aufdeckung des Skandals bzw. bei der Information der Bevölkerung verlaufen sei - und die Ausführungen des Ressortchefs seien "glaubhaft" gewesen.
Stöger gab eine Stunde danach selbst eine kurzfristig anberaumte Pressekonferenz, in der er seinen Vortrag an die Regierung für die Medien wiederholte. Versäumnisse sah der Gesundheitsminister nicht. Dass es vom ersten Bericht, wonach sich Listerien-Fälle bei Patienten häuften, bis zur Entdeckung des dafür verantwortlichen Produktes drei Monate gedauert hat, sieht er als "kurze Zeit".
Der Minister argumentiert dies damit, dass es zunächst schwierig gewesen sei, jenes Lebensmittel zu eruieren, das für die gesundheitlichen Probleme verantwortlich gewesen ist. Am 27. Oktober 2009 habe die AGES von den Krankheitsfällen erfahren, am 23. November sei man dann vom ersten Todesfall informiert worden.
Versucht worden sei nun, durch Lebensmittel-Einkaufslisten der Erkrankten eine Spur zum kontaminierten Lebensmittel zu erhalten. Am 22. Dezember seien zwei Listen eingetroffen, dann hat es allerdings bis 13. Jänner 2010 gedauert, bis klar wurde, dass ein Käse der Verursacher sein dürfte. Am 15. Jänner sei man auf den Quargel gestoßen. Dass es hier durch die Weihnachtsferien zu einer Verzögerung bei der Aufdeckung gekommen sein könnte, wollte Stöger nicht bestätigen.
Jedenfalls sei im betroffenen steirischen Unternehmen Prolactal die Produktion und Auslieferung am 18./19. Jänner eingestellt worden. Am 20. Jänner habe man eine Probe gehabt, die den Listerien-Verdacht in dem Quargel der Firma bestätigt habe. Allerdings sei das kein rechtlich verbindlicher Beleg gewesen, weshalb es noch bis zum 22. Jänner gedauert habe, bis die Bevölkerung informiert worden sei. Am 23. Jänner sei das Produkt dann vom Markt genommen worden.
Dass dieses Prozedere am Schluss der Aufklärungskette zu lange gedauert hat, bestritt der Gesundheitsminister unter Verweis auf die rechtlichen Rahmenbedingungen. Hier nun für die Zukunft Verbesserungen zu überlegen, sei Auftrag der Regierung an ihn, erklärte Stöger.