Dramatische Folgen
Leitl: "Öxit würde 150.000 Jobs kosten"
15.11.2016
WKÖ-Präsident warnt vor dramatischen Folgen eines EU-Austritts.
Ökonom Christian Keuschnigg verwies heute auf Basis seiner WPZ-Analyse, die einen Öxit als ökonomisch höchst gefährlich einstuft, auf den Abbau von Handelsbarrieren, den die EU-Mitgliedschaft gebracht habe. Bei einem Öxit sei mit Zöllen und Bürokratiekosten zu rechnen, die österreichische Unternehmen jetzt nicht hätten. WKÖ-Präsident Christoph Leitl warnte gleichzeitig vor dem Verlust von 150.000 Jobs bei einem Öxit.
Seit dem EU-Beitritt haben die österreichischen Gesamtexporte real um 153,8 Prozent zugenommen, jene in die EU um 124 Prozent, sagte Keuschnigg am Dienstag vor Journalisten in Wien, als er seine von der Wirtschaftskammer (WKÖ) beauftragte Analyse präsentierte. "Österreich könnte bei einem EU-Austritt bis zu 150.000 Arbeitsplätze verlieren. Ein Öxit wäre ein schwerer Rückschlag für den Standort, er würde zu geringeren Lohnsteigerungen führen", warnte Leitl.
Wirtschaft würde einbrechen
Ein Öxit hingegen würde die positiven bisherigen Wachstumseffekte für Österreich wieder umkehren und langfristig zu einem BIP-Verlust von mehr als 7 Prozent führen - also in etwa jener Summe, die Keuschnigg als bisher positiven Effekt der Mitgliedschaft in Höhe von plus 7,2 Prozent errechnet hat. Dem Verlust stehe ein Maximum an möglichen Einsparungen in Höhe der Nettobeiträge Wiens an Brüssel von weniger als 0,4 Prozent des BIP gegenüber.
Die Direktinvestitionen ausländischer Konzerne in Österreich und österreichischer Firmen in der EU haben der Analyse zufolge stark zugenommen. Mit 566.000 Beschäftigten stellen ausländische Unternehmen in Österreich - Leitl hob etwa Siemens und Infineon hervor - ein Fünftel der Beschäftigten, ein Drittel der Umsatzerlöse und rund ein Viertel der Wertschöpfung. Dazu komme die Hälfte der industriellen F&E-Tätigkeiten von Töchtern internationaler Konzerne in Österreich.
Vor allem auch die dynamischen Effekte hob Keuschnigg hervor. Die EU-Integration lasse nämlich die heimischen Exportunternehmen - von denen es in Österreich ob des kleinen Binnenmarkts besonders viele gebe - expandieren. Die Spezialprodukte vieler Hidden Champions ließen sich hierzulande oft gar nicht anbringen. Auch steigere die EU-Integration die Standortattraktivität Österreichs für Direktinvestitionen.
Statistische Effekte aus dem Zugang zum Binnenmarkt bezifferte Keuschnigg mit rund zwei Prozent des BIP - das Fünffache der Nettobeiträge an die EU. Dies dank regulatorischerHarmonisierungen, die Kosteneinsparungen im Handel ermöglichten und die Exporte und die einhergehende Wertschöpfung steigerten. Umgekehrt führten Einsparungen bei Importen zu Preissenkungen und würden die Realeinkommen stärken. Das bringe wieder zusätzliche Nachfrage. Da der beiderseitige Marktzugang dank der Mitgliedschaft leichter sei, verschärfe sich der Wettbewerb, was die genannten Effekte wieder verstärke.
Österreich braucht die EU
Die EU-Personenfreizügigkeit sorge wiederum für qualifizierte Zuwanderung sowohl aus den alten als auch aus den neuen EU-Staaten im Osten, so Keuschnigg. Die Quoten an Zuwanderern mit Sekundar- und Tertiärabschluss liege über dem Durchschnitt der österreichischen Bevölkerung.
Leitl gab Öxit-Befürwortern auch zu bedenken, dass ein Austritt Österreichs aus der EU keine Antwort auf die weltweiten Entwicklungen sein könne. Dabei verwies er auf die regionalen Hegemonialmacht-Bestrebungen der Türkei aber auch auf die USA ("America First") und Russland, das Präsident Wladimir Putin stark machen wolle. Daher brauche Österreich die EU, um sich in der Globalisierung behaupten zu können - und die EU gehöre gestärkt. Sonst würde man sich selbst schwächen.