Bankgeheimnis
Fekter: Allein gegen die EU
13.04.2013
Finanzministerin bleibt hart, Kanzler Faymann will einen Kompromiss.
„Wir werden keinen Druck auf Maria ausüben“, sagte CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble am Samstag, um 7.45 Uhr morgens, bei der Vorbesprechung der konservativen EU-Finanzminister im Hotel Westbury in Dublin. Ganz so sanftmütig ging es dann aber beim Finanzministertreffen im Dublin Castle doch nicht zu.
VP-Finanzministerin Maria Fekter kämpfte unerbittlich weiter für das heimische Bankgeheimnis: „Das bin ich den Österreichern schuldig“, erklärt sie ihre Position im ÖSTERREICH-Interview. Von der EU wurden schwere Geschütze aufgefahren:
- Der EU würden jedes Jahr 1.000 Milliarden Euro durch die Steuerflucht entgehen, tönten die Finanzminister.
- Nach dem Einlenken von Luxemburg sei Österreich die „einzige Insel des Widerstandes“, zeigte sich Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici pikiert.
- Fekter konterte, dass die Republik sich „an alle Auflagen der OECD“ halte und natürlich im Kampf „gegen Geldwäsche voll kooperativ“ sei. Ein automatischer Informationsaustausch sei hingegen „ein Datenfriedhof“.
Die Sitzung am Samstag folgte dem Drehbuch: 26 gegen eine. Mehr noch: Vor allem die fünf Großen – Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Spanien und Polen – agieren geeint. Diese fünf Länder präsentierten ihren Kollegen ihre Resolution, das Bankgeheimnis zu kippen. In der Sitzung schlossen sich Niederlande, Rumänien und Belgien diesem Pilotprojekt gegen Steuerflucht an.
Faymann widerspricht Fekter: Kompromiss am 22. Mai
Einen Erfolg konnte Fekter aber feiern: Sie hatte gefordert, dass es künftig ein „EU-weites Trust-Register“ geben müssen. Das wurde von Deutschland unterstützt.
Nach dem informellen Ecofin in Irland wird das Bankgeheimnis auch EU-„Chefsache“. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy hat Bankgeheimnis und Steuerflucht gestern auf die Tagesordnung für den EU-Regierungschefgipfel am 22. Mai in Brüssel genommen.
Faymann widerspricht im ÖSTERREICH-Interview (auf der nächsten Seite) Fekter: Er will das Bankgeheimnis für Ausländer aufheben und nur für Österreicher behalten. Beim Gipfel zeichnet sich daher ein Kompromiss ab: Österreich könnte die Quellensteuer und die Anonymität für Österreicher behalten, dafür aber den automatischen Informationsaustausch für ausländische Kontoinhaber in Österreich einführen.
Fekter: "Ich kämpfe für das Bankgeheimnis"
ÖSTERREICH: Es wurde eine Initiative im Kampf gegen Bankgeheimnis und Steuerflucht beschlossen. Bringt uns das unter Druck?
Maria Fekter: Nein. Ich kann sogar einen Erfolg vermelden. Wie Sie wissen, hatte ich ein Trust-Register (Anm.: Stiftungen nach britischem Recht mit anonymen Stiftern) für den gesamten EU-Raum gefordert. Deutschland hat das nun in das Initiativpapier der fünf Großen genommen.
ÖSTERREICH: Was ist mit dem Bankgeheimnis?
Fekter: Wir bleiben auf Linie. Ich kämpfe für unser Bankgeheimnis. Auch Luxemburg kämpft für die Quellenbesteuerung. Wir haben Doppelbesteuerungs-Abkommen mit der Schweiz und Liechtenstein. An diesen halte ich fest. Wichtig ist, Maßnahmen gegen echten Steuerbetrug zu machen. Manche EU-Staaten kümmern sich um die Steuerflucht, aber wenn es um Steuerbetrug geht, sind sie plötzlich sehr zurückhaltend.
ÖSTERREICH: Das heißt, Sie sehen ein doppeltes Spiel von manchen EU-Ländern?
Fekter: Steuerbetrügereien kosten die Staaten wirklich Milliarden. Da braucht man raschere Verfahren. Und ja, da sehe ich ein doppeltes Spiel und, dass mit zweierlei Maßen gemessen wird. Da wollen einige ihre eigenen Steuerparadiese beschützen.
ÖSTERREICH: Können Sie sich vorstellen, einem automatischen Informationsaustausch für Ausländer in Österreich zuzustimmen?
Fekter: Wir liefern Informationen zur Geldwäsche. Und halten uns im Unterschied zu manch anderem Staat an die OECD-Standards. Ich sehe keine Notwendigkeit, beim Informationsaustausch etwas zu ändern.
ÖSTERREICH: Beim EU-Gipfel im Mai wird das Bankgeheimnis nun Chefsache. Was erwarten Sie von Kanzler Faymann?
Fekter: Wir sind in EU-Angelegenheiten mit dem Kanzleramt abgestimmt. Ich erwarte, dass der Kanzler dort auch für ein Trust-Register eintritt.
ÖSTERREICH: Aber der Kanzler ist für einen Infoaustausch bezüglich Ausländern in Österreich …
Fekter: Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kanzler die Drittstaatenabkommen aufgeben will und einer Lösung zustimmen würde, die weniger einbringt als Quellensteuer und die Abkommen.
Interview: Isabelle Daniel
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Faymann: "Bankgeheimnis für Österreicher bleibt"
ÖSTERREICH: Der Streit um das Bank-Geheimnis führt zu immer mehr Missverständnissen und Kritik in der EU.
Werner Faymann: Das sehe ich nicht so. Wir haben sehr schnell eine klare Regierungsposition gefunden. Diese heißt: Die Daten von Kunden aus dem Ausland, die bei uns ein Konto haben und deren Daten für ihre Heimatländer und die EU notwendig sind, um Steuerbetrug zu bekämpfen – diese Daten sollen künftig rascher übermittelt werden. Für österreichische Bürger aber gilt das Bank-Geheimnis weiter so wie bisher.
ÖSTERREICH: Die erste Frage ist ja, wird sich Österreich dem automatischen Datenaustausch in der EU anschließen?
Faymann: Im Detail wird das jetzt verhandelt werden. Da gibt es verschiedene Modelle: Das kann eine Übermittlung im Anlassfall sein oder ein automatisierter Datenausgleich. Da sind wir für die sinnvollste Lösung offen. Wichtig ist: Dieser Datenausgleich wird keine Österreicher betreffen.
ÖSTERREICH: Finanzministerin Fekter beharrt öffentlich weiter auf der Quellenbesteuerung und sagt, ein „automatischer Datenaustausch mit der EU“ komme nicht infrage. Ist das auch Ihre Position?
Faymann: Es gibt eine zwischen mir und dem Vizekanzler definierte Regierungsposition. Das Bank-Geheimnis für Inländer bleibt, gleichzeitig wollen wir uns am Datenaustausch für Ausländer beteiligen. Wie das umgesetzt wird, wird Gegenstand von Verhandlungen sein.
ÖSTERREICH: Viele Experten sagen, der automatische Datenaustausch für Ausländer führt zum Ende des Bank-Geheimnisses für Österreicher – weil jeder Ausländer sofort die Gleichbehandlung seines Kontos einklagen wird.
Faymann: Natürlich kann man klagen. Aber sowohl der Verfassungsdienst, als auch viele namhafte Experten sagen eindeutig: Wir können jederzeit einen Unterschied machen zwischen Konten von Ausländern und Konten von Österreichern. Alle Ausländer, die bei uns ein Konto haben, müssen damit rechnen, dass sie gleich behandelt werden wie alle EU-Bürger – ihre Daten werden an ihre Heimatländer gemeldet. Und alle Österreicher können sich verlassen, dass sie ihr Bank-Geheimnis behalten. Also gibt es Entwarnung – das Bank-Geheimnis für Österreicher bleibt und wird nicht angetastet.
ÖSTERREICH: Wenn die EU darauf beharrt, dass bei uns ein automatischer Datenaustausch für alle Konten, also auch für die Österreicher, eingeführt wird, wie werden Sie dann am EU-Gipfel reagieren?
Faymann: Man muss festhalten, dass auch in der EU niemand unser Bank-Geheimnis abschaffen will. Der EU geht es nur um den Datenaustausch der Ausländer, die in Österreich Konten haben. Seitens der EU-Kommission wurde das gestern einmal mehr bekräftigt.
ÖSTERREICH: Der Ton in der EU ist in den letzten Tagen deutlich schärfer geworden, die Kritik an unserem Bank-Geheimnis wird lauter, Frankreich will uns sogar auf die schwarze Liste setzen.
Faymann: Alle Aufgeregten kann ich beruhigen: Die Daten der ausländischen Staatsbürger sollen in Zukunft gemeldet werden. Wir sind verhandlungsbereit. Aber es ist ein Märchen, dass die Ursache der weltweiten Steuerhinterziehung bei unserem Bank-Geheimnis liegt – die Ursache liegt in erster Linie bei Ländern, die Konstruktionen haben, die geradezu geschaffen sind für Steuerhinterziehung. Und da sollte sich der deutsche Minister Schäuble, aber auch der französische Budgetminister, Kollegen Cameron und Großbritannien vornehmen. Dort gibt es Steuerflucht-Inseln, dort gibt es Trusts, dort gibt es Schutz für Steuer-Oasen.
ÖSTERREICH: Um das Thema „Wohnen“ ist es rasch still geworden.
Faymann: Wir haben eine Arbeitsgruppe zum Thema „Wohnen“ eingesetzt. Sie wird bis Mai mit ihrer Arbeit fertig sein mit dem Ziel, dass es dann ein Wohnpaket gibt. Ich hoffe, es gibt rasch eine Einigung für die Zweckbindung der Wohnbaugelder, aber auch der Rückflüsse der Wohnbaudarlehen, sodass man rund 300 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich in den Wohnbau investieren kann. Ich bin auch dafür, dass die Pensionskassen ein Modell erarbeiten, wie ihr Anlegergeld dem Wohnbau zugutekommt.
ÖSTERREICH: Wird in dem Wohnpaket auch ein neues Mietrecht mit einer Deckelung des Mietpreises enthalten sein?
Faymann: Da bin ich deswegen skeptisch, weil es bei diesem Thema Differenzen mit der ÖVP gibt. Ich bin auf der Seite der Konsumentenschützer, die sagen, man muss die Zuschläge zum Quadratmeter-Richtpreis künftig limitieren. Ein Limit von 25 Prozent, wie es der Konsumentenschutz will, fände ich gut. Ich bin dafür, dass wir alle Zuschläge transparent machen und dass wir sie limitieren. Wunderbar – wenn die ÖVP mitmacht.
ÖSTERREICH: Werden wir beide ein neues Lehrerdienstrecht noch erleben?
Faymann: Da bin ich sehr optimistisch. Ich bin in Sachen Lehrerdienstrecht mit dem Vizekanzler auf einer Linie. Wir unterstützen unsere Minister, die das mit den Lehrern verhandeln und wollen beide, dass das noch vor dem Sommer fertig ist.
ÖSTERREICH: Und wenn die Lehrer weiter blockieren?
Faymann: Wenn da nicht in den nächsten Wochen Resultate am Tisch sind, werden wir beide uns einschalten, wenn nötig auch mit einem Gipfelgespräch, damit man zu einem Ergebnis kommt. Wir haben in diesem Land im Konsens ein Sparpaket geschafft – wir werden auch im Konsens ein Lehrerdienstrecht schaffen, in dem die Lehrer künftig mehr Zeit in der Schule verbringen.
Interview: Wolfgang Fellner