Fernsehmarkt an kritischer Stelle angekommen
07.10.2009
Der ORF kann 2010 auch ohne Refundierung der Gebührenbefreiungen ein ausgeglichenes Finanzergebnis schaffen.
Dies erklärte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz bei den Österreichischen Medientagen. Trotzdem hofft der ORF-Chef auf die Abgeltung der Gebührenbefreiungen durch die Regierung. "Der ORF-Stiftungsrat hat der ORF-Führung die Auflage erteilt, ohne zusätzliche Mittel die Nulllinie zu erreichen. Das ist schaffbar", so Wrabetz. Allerdings könne der ORF in Zeiten knapper Budgets die Last der Gebührenbefreiung für sozial Schwache "nicht auf Dauer alleine tragen".
Wenn vom ORF öffentlich-rechtliche Aufgaben wie Ö1, das Radio Symphonie Orchester und immer mehr österreichische Produktionen gefordert werden, "müssen wir unsere Hausaufgaben machen und sparen, aber auch auf eine Refundierung drängen". Wrabetz zeigte sich "optimistisch", dass dies im Zuge der Verhandlungen über ein neues ORF-Gesetz gelingen wird.
Der ORF-Chef deponierte weiters den "Anspruch", dass sich die geplanten Sparmaßnahmen des ORF "nicht auf die Qualität auswirken". Der ORF müsse sich den neuen Gegebenheiten stellen. Die Verringerung des Mitarbeiterstands um zehn bis 15 % und die Anpassung alter Entlohnungssysteme "macht es nicht leichter, das Qualitätsniveau aufrecht zu erhalten, es ist aber möglich".
Norbert Schneider, Leiter der Landesanstalt für Medien von Nordrhein-Westfalen, sieht den Fernsehmarkt insgesamt an einer kritischen Stelle angekommen. "Und die kritische Stelle ist immer die Ökonomie." Derzeit koste öffentlich-rechtliches und privates Fernsehen am deutschen Markt in Summe etwa 12-14 Mrd. Euro, etwa acht Milliarden davon entfielen auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten.
Dieses Volumen werde die nächsten Jahre um vier bis 6 Mrd. Euro abnehmen. Für Schneider stellt sich spätestens dann die Frage, wie sich das auf die Qualität auswirkt. "Wir sind an einem Punkt, wo die Sachen kippen kann", so Schneider.
600 Mio. Euro Werbegelder in Deutschland verloren
Kai Blasberg von Tele 5 ergänzte, dass am deutschen Medienmarkt allein 600 Mio. Euro an Werbegeldern verloren gegangen seien. "Das Geld ist weg, weil die Unternehmen sparen." Thomas Ebeling, Vorstandschef der ProSiebenSat.1-Gruppe, erklärte, dass die TV-Sender auf die rückläufigen Werbemärkte kreativ reagieren müssten. "Wir müssen mit weniger Geld zumindest gleich guten Content entwickeln. Geld allein garantiert nicht Qualität und Zuschauermarktanteile", sagte Ebeling. Darüber hinaus brauche es neue Erlösmodelle.
Sky-Vorstandsmitglied Carsten Schmidt geht davon aus, dass seine Pay-TV-Gruppe in den nächsten Jahren mit reiner Bezahlfinanzierung wirtschaftlich bestehen kann. Vor allem Sportangebote und qualitätsvolles Unterhaltungsprogramm würde immer stärker nachgefragt. An der Übertragung der österreichischen Fußball-Bundesliga will Sky in den nächsten Jahren festhalten. "Überhaupt keine Frage", dass man sich wieder um die Fußball-Rechte bewerben werde.
Die Medienberaterin Stefanie Lemcke hält die Diskussion um "Free" oder "Pay" unterdessen für überholt. Gewinner der aktuellen Medienkrise seien jene Medien, die auf Abonnentenerlöse sowie "hybride Strategien" setzen. Es gebe für erfolgreiche Medienunternehmen nur ein Ziel: "Eine ausbalancierte Strategie für die jeweilige Zielgruppe zu finden." Und man müsse sich dabei auf immer mehr Medienkanäle einstellen, so Lemcke.