VÖZ: ORF-Gesetz relativiert Vorgaben der EU
11.12.2009Zahlreiche Schlupflöcher und eine Relativierung der EU-Vorgaben sieht der Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) in der aktuellen ORF-Gesetzesnovelle, die derzeit in Begutachtung ist. Durch die Einigung zwischen Republik und der EU in Sachen ORF "konnte einiges an Boden gewonnen werden, allerdings wurden die Schritte mit dem ORF-Gesetz alle wieder rückgängig gemacht".
Das sagte VÖZ-Generalsekretär Gerald Grünberger. Der Gesetzgeber ermögliche es dem ORF nicht nur, dass er es dank der Gebührenrefundierung in den kommenden Jahren leichter am Markt haben werde und dadurch seinen Mitbewerbern Konkurrenz macht, er erlegt dem ORF auch so gut wie keine Beschränkungen auf, so das Fazit von Paul Pichler, Leiter der Stabstelle Recht beim VÖZ. Bei den Verlegern stoßen vor allem die ihrer Meinung nach fehlenden Beschränkungen im Online-Bereich auf Empörung.
So seien etwa neue Online-Angebote beinahe ohne Einschränkung und vor allem ohne Vorabprüfung möglich, da alles erlaubt ist, was "weder neu noch wesentlich geändert" im Vergleich zu herkömmlichen Angeboten ist. Das setze voraus, dass ein neues Service entweder eine nie dagewesene Technik anwendet oder ein nie dagewesenes Thema behandelt, um einer Vorabprüfung unterzogen zu werden.
Auch die sogenannte Negativliste, in der Angebote aufgelistet sind, die der ORF nicht bereitstellen darf, wird nach Ansicht des VÖZ in zahlreichen Punkten aufgeweicht und bleibt hinter den Vorgaben der EU und hinter dem deutschen Vorbild zurück.
Ärger über Nettokostenprinzip
Kritik gab es auch am sogenannten Nettokostenprinzip, da eine "echte Rückzahlung von Gebührengeldern bei Überkompensierung" nicht vorgesehen ist. Das ORF-Gesetz sieht weiters keine konsequente strukturelle Trennung zwischen kommerziellen und öffentlich-rechtlichen Tätigkeiten vor, bemängelt der VÖZ. Positiv bewerten die Verleger das Verbot von Werbedumping, das sie allerdings bei der Online-Werbeeinnahmengrenze von 2 % für ausbaufähig halten.
Skeptisch ist Grünberger auch hinsichtlich der neuen geplanten Medienbehörde. Es sei zwar begrüßenswert, dass die Behörde als solche unabhängig sei, der Geschäftsapparat müsse aber auch weisungsfrei gestellt werden, forderte er.
Dass die Behörde mit fünf Juristen beschickt werden soll, hält Grünberger für einseitig, weil so "der Fachverstand von außen fehlt", außerdem müsse es für die Mitglieder eine Unabhängigkeitsklausel geben, die sich nicht nur auf die Politik sondern auch auf Medienunternehmen bezieht. So darf etwa eine in der Politik tätige Person erst vier Jahre nach Beendigung dieser Tätigkeit in der Behörde arbeiten - "das sollte auch für ORF-Mitarbeiter gelten", findet der VÖZ-Generalsekretär.